Disco-Chef schaute in Pistolenlauf
PRESSBAUM/WIEN/ST. PÖLTEN (ip). Trotz schwerwiegender Beweislast bestritt der 24-jährige Bosnier Mario M. in seinem Prozess am Landesgericht St. Pölten jener Täter zu sein, der am 20. Februar 2012 den Geschäftsführer einer Wiener Diskothek auf der A1 bei Pressbaum überfallen und gezwungen zu haben, nach Wien zurückzufahren und ihm Geld aus dem Tresor der Disco auszuhändigen.
Der 26-jährige Chef der Diskothek „Empire“ war auch Monate nach dem Vorfall nicht in der Lage, dem, von ihm eindeutig identifizierten Angeklagten vor Gericht zu begegnen. In Abwesenheit des Bosniers berichtete Alexander J. im Zeugenstand von den schlimmsten Stunden seines Lebens. Nicht nur ihm, auch seiner Freundin war beim Verlassen der Garage in Wien ein Mann aufgefallen. Auf seiner Fahrt von Wien nach Linz blinkte ihn schließlich der Lenker eines goldenen BMWs mit der Lichthupe an. Mit dem schlechten Gewissen, zu schnell unterwegs gewesen zu sein, dachte er an eine Zivilstreife und hielt an. Aus dem BMW stieg der Mann aus der Garage, hielt ihm eine Glock-Pistole zuerst an den Kopf, dann an den Unterleib und drohte, ihm die „Eier wegzuschießen“, sollte er seinen Anweisungen nicht folgen. Geschockt, vor allem eingeschüchtert davon, was der Räuber über ihn und seine Freundin wusste, sowie die Behauptung, dass er Schutzgeldzahlungen in Höhe von 160.000 Euro einzutreiben habe, ließen den Disco-Chef im Konvoi mit dem BMW zum „Empire“ zurückfahren und dem unmaskierten Mann rund 5.000 Euro aus dem Tresor aushändigen. Als er zwei Wochen später den Bosnier durch Zufall in Wien auf der Straße sah, der auch noch in einen goldenen BMW einstieg, klickten für den 24-Jährigen, der bereits 2008 wegen versuchten schweren Raubes zu vier Jahren Haft verurteilt, jedoch bedingt entlassen worden war, abermals die Handschellen.
Nicht nur Richter Markus Pree, auch der Verteidiger des Bosniers Andreas Chocholka legte dem Beschuldigten mehrfach nahe, ein Geständnis, das sich wesentlich strafmildernd auswirken würde, abzulegen. Außer der klaren Identifikation durch das Opfer und dessen Freundin gibt es nämlich noch weitere Fakten, mit denen Staatsanwalt Karl Wurzer den Angeklagten konfrontierte. Vier DNA-Treffer im Auto des Opfers, eine Pistole, die bei der Hausdurchsuchung entdeckt worden war, sowie ein Handy mit der Telefonnummer des Disco-Chefs, das in der Unterhose des Bosniers im Gefängnis sichergestellt wurde und von dem kurz zuvor Drohungen gegen Alexander J. abgegangen waren, reichten dem Angeklagten nicht. So behauptete er etwa, dass ein Freund namens „Sergej“ – der eigentliche Täter – durch Schweiß beim Handgeben seine DNA-Spuren in das Auto des Opfers übertragen habe.
Um alle Eventualitäten, mit denen der Beschuldigte aufwartete, auszuräumen, vertagte der Schöffensenat den Prozess.
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