Scherba: Wer kennt Herta aus Klosterneuburg oder Zeiselmauer?
Olexander Scherba ist in Klosterneuburg und Zeiselmauer auf der Suche nach seiner möglichen Verwandten.
KLOSTERNEUBURG/ ZEISELMAUER/ ST. PÖLTEN (pa). Am Dienstag, den 24. April 2018 um 18.00 sind im Zeitzeugen-Forum „Erzählte Geschichte“ im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich sowjetische Besatzungskinder aus Niederösterreich zu Gast. Im Gespräch mit Barbara Stelzl-Marx , Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung, erzählen Eleonore Dupuis, Tatjana Herbst und Gerhard Verosta ihre Geschichten. Olexander Scherba, Botschafter der Ukraine in Wien, ist auf der Suche nach seinem Großonkel bzw. dessen Freundin und möglichen Angehörigen und bittet um Mithilfe.
Chauffeur des Generals
Vasyl Kukhar war 1945 Zwangsarbeiter in Niederösterreich. Als sich die Rote Armee der damaligenTschechoslowakei näherte, floh Kukhar und schloss sich der Roten Armee an. Als „Chauffeur des Generals“, vermutlich von Generalmayor Galitzky, Oberbefehlshaber der technischen Truppe der Roten Armee in Wien, kam er 1946 wieder nach Österreich. Immer wieder erreichten Briefe, Karten und Fotos die Familie in der Ukraine. Einige dieser Fotos zeigen eine Frau Namens Herta. Eines enthält die Widmung „Denke oft und gerne an mich zurück. Herta“ mit dem Stempel eines Fotografen aus Klosterneuburg. Eine Postkarte legt eine Spur nach Zeiselmauer.
„Wir wissen, dass Vasyl Kukhar 1946 ein letztes Mal seine Familie in der Ukraine besuchte“, erklärt Barbara Stelzl-Marx, die schon seit Jahren zu Besatzungskindern in Österreich forscht. „Dabei sagte er zu seiner Schwester, Olexander Scherbas Großmutter, er komme nie wieder. In seinem letzten Brief vom 10. April 1946 lag noch ein Foto bei mit der Aufschrift: ‚Ich, meine Freunde und meine Herta‘. Wenig später erreichte die Familie die Nachricht, Vasyl Kukhar sei seinen Wunden erlegen und in Österreich begraben“, so Stelzl-Marx.
Wer kennt Herta
Der Tod vom Vasyl Kukhar wirft einige Fragen auf. Warum wusste Kukhar, dass er nicht zurückkehren würde? Wollte er in Österreich eine Familie gründen? Wurde er aufgrund der Beziehung wegen „antisowjetischer Spionage“ hingerichtet? Gibt es ein Kind aus der Beziehung? Anfragen an die ehemals sowjetischen Behörden blieben bis dato unbeantwortet. So bilden die einzigen Spuren die Fotos und die Koordinaten „Niederösterreich, Zeiselmauer, Herta“. „Jeder Krieg ist eine Ungerechtigkeit. Aber bereits nach dem Krieg schlicht spurlos zu verschwinden ist doppelt ungerecht“, erklärt Olexander Scherba. „Für meine Familie hat es ein schmerzliches Loch, eine unglaubliche Leere hinterlassen. Und es ist meine Hoffnung, dass sich jemand an Herta erinnert und an meinen Großonkel sich endlich diese Leere schließt. Es wäre uns wichtig einfach zu wissen, wie Vasyls und Hertas Geschichte ausging und wo, zu welchem Grab in Österreich wir die Blumen legen können“, so der Botschafter.
Beim Zeitzeugen-Forum „Erzählte Geschichte“ am 24. April 2018 um 18.00 gibt Christian Mader,Begründer des Vereins „Österreich findet Euch“ , Einblicke in die schwierige Suche nach Angehörigen. Originalobjekte aus der Besatzungszeit und ihre Geschichten werden parallel zum Zeitzeugen-Forum „Erzählte Geschichte“ im temporären Sonderformat „Museum des Augenblicks“ vom Forschungsnetzwerk für Interdisziplinäre Regionalstudien (first) präsentiert.
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