3D Seismik-Projekt
Der Blick in die Tiefe – OMV vibriert sich durch Korneuburg

Projektleiter und Geophysiker Bernhard Novotny und OMV Austria-Geschäftsführer Reinhard Oswald erklären, was bei den Seismik-Messungen genau passiert.
16Bilder
  • Projektleiter und Geophysiker Bernhard Novotny und OMV Austria-Geschäftsführer Reinhard Oswald erklären, was bei den Seismik-Messungen genau passiert.
  • hochgeladen von Sandra Schütz

Im Dezember sollen sie in Korneuburg anrollen, die sogenannten Vibro-Trucks, die im Auftrag der OMV mittels Seismik-Messung den Untergrund "abtasten" werden.

BEZIRK | STADT KORNEUBURG. Schon jetzt ist die Aufregung groß, Ängste sind geschürt. Von Rissen in Gebäuden bis hin zu verunreinigtem Trinkwasser reichen mittlerweile die servierten Speisen aus der regionalen Gerüchteküche. Doch was ist wirklich dran? Was stimmt, was stimmt nicht? Und wonach wird eigentlich gesucht? Um eine genaue Vorstellung vom Seismik-Projekt zu bekommen, haben wir mit Reinhard Oswald, Geschäftsführer der OMV Austria Exploration & Production GmbH, und Bernhard Novotny, Projektleiter und Geophysiker, gesprochen.

Den versunkenen Kalkalpen auf der Spur

Natürlich ist man auf der Suche nach Rohstoffen oder besser gesagt, auf der Suche nach möglichen Lagerstätten. Dass es aber in diesem ersten Schritt eigentlich gar nicht darum geht, erklären die beiden OMV-Experten. "Wir schicken Signale in den Boden, um die Kalkalpen, die vor Millionen von Jahren versunken sind, aufzuspüren", erklärt Reinhard Oswald. Mit der Seismik-Messung, bei der – ähnlich einer Ultraschalluntersuchung – Schwingungen in die Tiefe gesandt werden, deren Reflexionen dann von Mikrophonen, den sogenannten "Geophonen", aufgefangen werden und so Informationen über den Untergrund geben, soll ein 3D-Modell der versunkenen Kalkalpen entstehen.

In einem weiteren Schritt werden sämtliche Daten, die durch die Messungen, die bereits seit Jänner 2018 in Niederösterreich und Wien durchgeführt werden, zusammengeführt. Danach folgt die Phase der "Interpretation": Geologen vergleichen die versunkenen Kalkalpen mit den "echten", um so Rückschlüsse auf mögliche Lagerstätten ziehen zu können. "Kalk ist ein poröses Gestein. Wir wissen, in den Hohlräumen kann sich Wasser oder auch Gas ablagern", erklärt Bernhard Novotny.

Erst wenn sämtliche Daten zusammengeführt, die Ergebnisse verglichen und interpretiert wurden, wird entschieden, wo sich eine Förderung des im unterirdischen Kalkgestein eingeschlossenen Ergases lohnt. Dass jedoch auch dann noch lange kein "Bohrturm" aufgestellt wird, erläutert Oswald: "Erst dann, und wir sprechen hier von einem Zeitraum von bis zu vier Jahren, wird ein konkretes Projekt erarbeitet. Dieses muss natürlich sämtliche Genehmigungsinstanzen durchlaufen, auch die unmittelbaren Anrainer haben hier Parteistellung." Und Novotny fügt hinzu: "Korneuburg selbst liegt nur am Rande unseres Messgebietes, das in Summe rund 1.000 km2 groß ist. Unser Hauptaugenmerk liegt klar auf den Gegenden Aspern, Aderklaa und Gänserndorf."

Die Sicherheitsvorkehrungen

Seit 1984 wird von der OMV die 3D-Seismik angewendet. Verschiedenste Sicherheitsvorkehrungen sollen für einen reibungs- und für das Umfeld schadlosen Ablauf sorgen. "Im Vorfeld werden sämtliche Einbauten, wie Wasserleitungen oder Kanal, in Zusammenarbeit mit den Gemeinden erhoben. Erst dann kann ein genauer Plan erstellt werden, erst dann wird festgelegt, wo genau die Vibrationsfahrzeuge fahren werden. So ist sichergestellt, dass zu sämtlichen Einbauten ein entsprechender Sicherheitsabstand eingehalten wird", erklärt der Projektleiter.

Auch die Gebäude, die in unmittelbarer Nähe zur befahrenen Messstrecke stehen, werden während des "Rüttelns" laufend überwacht. "Die Ö-Norm gibt hier verschiedene Grenzwerte vor. Wir halten uns dabei an die höchste Sicherheitsklasse, sorgen also dafür, dass die Schwingungen nie jene Grenze, die auch für denkmalgeschützte Gebäude gilt, überschreiten. Nähert man sich während den Messungen diesem Grenzwert an, wird sofort reagiert", sagt Novotny und fügt hinzu: "Natürlich kann man Schäden nie komplett ausschließen, man kann sie aber auf das absolute Minimum reduzieren."

Keine Gefahr für die Wasserleitungen

"Unsere eigenen Wasserleitungen haben wir schon zehnmal übermessen. Überhaupt könnten wir eine solche Technologie nicht über so viele Jahre hinweg anwenden, wenn dadurch Schäden verursacht würden", stellen Oswald und Novotny auf die Frage, ob die Vibrationen die Wasserleitungen in Korneuburg beschädigen könnten, fest. "Zum Einen schicken wir die Schwingungen mit unterschiedlichen Frequenzen in den Untergrund. So stellen wir sicher, dass wir nicht die Schwingungsfrequenz eines Gebäudes oder Gegenstandes treffen. Man muss sich das so vorstellen, wie wenn Soldaten über eine Brücke gehen. Machen sie das im Gleichschritt, könnte die Brücke zu schwingen beginnen. Tun sie das nicht, besteht keine Gefahr", erläutert der Projektleiter. Und weil die Wasserleitungen zudem eingegraben, also von Erde umgeben sind, und auch ein entsprechender Sicherheitsabstand eingehalten werde, sei eine Beschädigung der Leitungen so gut wie gar nicht möglich. "Bei Wasserleitungen und Einbauten ist noch nie etwas passiert, sie sind noch nicht einmal in Mitleidenschaft gezogen worden", versichert Geschäftsführer Oswald.

Um die Stadtgemeinde Korneuburg und ihre Einwohner jedoch zu hundert Prozent beruhigen zu können, versichert Novotny: "Wir haben uns dazu entschlossen, das Brunnenschutzgebiet Korneuburg auszulassen. Obwohl es durch die Vibrationen weder zu einer Verkeimung, noch zu einer Versandung kommen kann, werden wir dort nicht fahren."

Ein Bohrturm neben dem Kinderspielplatz?

Was passiert, wenn man in Korneuburg wirklich eine Gas-Lagerstätte vermutet? Kann es dann sein, dass der Bohrturm neben dem Kinderspielplatz steht, wie so mancher befürchtet? "Natürlich nicht", sind Oswald und Novotny fast schon entsetzt: "Wir werden natürlich nie einen Bohrturm in der Au oder auf einem Spielplatz aufstellen. Das müssen wir auch gar nicht." Die Errichtung eines Bohrturmes plane man, so die Experten, dort, wo eine Genehmigung dafür am wahrscheinlichsten sei. Und die Technik macht es möglich: "Wir könnten theoretisch in der Seestadt Aspern einen Turm aufstellen und damit in eine Blase unter dem Stephansdom reinbohren", macht es Novotny anschaulich.

Was haben wir also zu erwarten?

Nach dem Gespräch mit Geschäftsführer Oswald und Projektleiter Novotny geht es direkt zum Ort des Geschehens. Die Vibro-Trucks arbeiten sich den Asperner Heldenplatz entlang. Es ist laut, als die Vibrationsfahrzeuge direkt neben geparkten Autos und nur wenige Meter neben einer alten Schule vorwärts rütteln – immer eine Minute lang, dann geht es 20 Meter weiter und wieder von vorne los. Und natürlich spürt man die Schwingungen, erstaunlicherweise jedoch viel weniger, als zu Beginn erwartet. Wer einmal daneben stand, wenn Spundwände in die Erde getrieben werden, ein Presslufthammer in den Beton wummert oder gar ein Haus auf einer Baustelle abgerissen wird, fühlt sich von den Vibro-Trucks weit weniger durchgerüttelt.

Und ja, wenn die Fahrzeugen durch Korneuburg fahren, kann es schon passieren, dass die Gläser im Schrank klirren. "Das könnten sie aber auch, wenn man mit voller Lautstärke und Bass AC/DC aufdreht", schmunzelt Novotny.

"Natürlich haften wir!"

Demnächst kommen sie also auch nach Korneuburg, die Vibro-Trucks. Es wird laut, es rüttelt, passieren sollte nichts. "Und natürlich haften wir, wenn wir wirklich etwas kaputt machen. Wir sind bis jetzt durch dicht besiedelte Städte, wie München und Wien gefahren, passiert ist dort nichts. Ich gehe davon aus, dass dies auch in Korneuburg so sein wird", sagt Novotny abschließend.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

4:34

Fische sind Glückskinder des Monats
Horoskop – das sagen die Sterne im Mai

Wir sind angekommen, im Wonnemonat Mai. Ob es für die zwölf Sternzeichen wirklich romantisch wird, das wissen Astrologe Wilfried Weilandt und Astroshow-Moderatorin Sandra Schütz. Und diesmal mit dabei: Violinistin Barbara Helfgott. ÖSTERREICH. Auf den Mai freuen dürfen sich alle Fische, die zählen nämlich – mit 100 Prozent in sämtlichen Bereichen – zu den Glückskinder des Monats. Ein wenig mehr Geduld müssen hingegen die Krebse haben. Die sind zwar die Pechvogerl des Monats Mai, haben es im...

Hier findest du die billigsten Tankstellen in Niederösterreich.
4

Benzin- und Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen in Niederösterreich

Hier erfährst du täglich, wo die billigsten Tankstellen in Niederösterreich sind, wie man günstig tankt und auch, wie man am Besten Sprit sparen kann. NÖ. In ganz Österreich ist es am günstigsten Vormittags zu tanken, da die Tankstellen nur einmal täglich, um 12 Uhr, die Spritpreise erhöhen dürfen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit und in unbegrenztem Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen in Niederösterreich täglich mit den aktuell gültigen Preisen. Die...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Niederösterreich auf MeinBezirk.at/Niederösterreich

Neuigkeiten aus Niederösterreich als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Niederösterreich

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Niederösterreich und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.