Kultur in Langenloiser Höfen und Gärten:
„Süß und bitter“: Ethel Merhaut besingt eine Ära
LANGENLOIS (mk) „Süß und bitter“ heißt das überaus hörenswerte Programm von Ethel Merhaut, das sie am Freitag, 4. Juni 2021, auf der Schlossbühne im Park Haindorf geradezu zelebrierte - kein Wunder nach mindestens 14-monatiger Corona-bedingter Abwesenheit von Bühnen und Publikum.
Süß und bitter - das charakterisiert nicht nur den Inhalt der Lieder aus den 20-er und 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts, sondern auch diese Zeit selbst, die süß war etwa aufgrund der intellektuellen und technischen Entwicklung oder der Veränderung des Frauenbildes, aber auch zugleich bitter durch den sich immer mehr durchsetzenden Nationalismus und Faschismus, der schließlich zu Krieg und Völkermord führte.
Und so war die Darstellung von Ethel Merhaut (Gesang), Belush Korenyi (Klavier), Chris Kronreif (Klarinette und Saxophon), Benyi Foy-Rosen (Kontrabass) und Maria Petrova (Schlagzeug) auch zugleich die Hintergrundmusik dieser Ära, die so unendlich viele Gassenhauer und Evergreens hervorgebracht hat: Lieder über Kleptomaninnen und Verliebte, über Verhältnisse und Modetorheiten, über schöne Männer und attraktive Boys, über Hoffnungen und Träume sowie natürlich immer wieder: über die Liebe und ihre Schattierungen. Da ging es etwa um „Waldemar“, „Benjamin“, „Alois“ und „Egon“, um „eine Nacht in Monte Carlo“, um den Bruder, der „beim Tonfilm die Geräusche“ macht, da war „die ganze Welt himmelblau“, und da klammerten sich so viele an die Hoffnung, dass „einmal ein Wunder geschehen“ werde. Als neuen Chanson im Stil der 20-er Schlager präsentierte Ethel Merhaut die bemerkenswerte Komposition ihres Pianisten Belush Korenyi zum Text „Ich liebe die Liebe in Gedanken“ und zeigte so, dass Melodien und Metaphern dieser Zeit auch noch hundert Jahre später beim Publikum bestens ankommen.
Alles in allem ein Abend mit einer fantastischen Sängerin und einer Band mit glänzenden Solisten am Klavier, am Kontrabass, am Schlagzeug oder an Klarinette und Saxophon - die gemeinsam zeigten, dass die hundert Jahre alten Hits kein bisschen verstaubt sein müssen. Das Publikum - darunter Bürgermeister Harald Leopold, Vizebürgermeister Leopold Groiß, Kultur-Langenlois-Geschäftsführer Robert Stadler, Ursin-Haus-Geschäftsführer Wolfgang Schwarz und Generaldirektorin Elisabeth Stadler - sparte nicht an Beifall und wurde dafür bei den Zugaben unter anderem mit einem fantastischen jiddischen Lied belohnt: eine Klangfarbe, die unbedingt auch in die besungene Zeit gehört.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.