Kärnten persönlich
Erwin Gartner und sein Kniefall vor der Rebe
Ein Winzer muss sich sieben Mal bücken, bis die Rebe Ertrag bringt. Niemand weiß das besser als Erwin Gartner (43) aus St. Andrä, der zwischen den Reben aufgewachsen ist.
ST. ANDRÄ. Im Wein liegt sprichwörtlich die Wahrheit. Oder wie im Fall von Erwin Gartner im Weingarten. „Ein Winzer muss sich sieben Mal bücken, bis die Rebe Ertrag bringt“, erzählt Gartner. Eine Rebe verlangt Demut. „Das spüre ich immer dann, wenn ich mich bei der Arbeit vor der Rebe niederknien muss“, schmunzelt der 43-Jährige.
20.800 Reben
Den Wein presst er zu Hause in St. Andrä. Bei Schloss Thürn (3,5 Hektar) und auf dem Weingartjörgl (2,5 Hektar), beides bei Wolfsberg, hat er 20.800 Reben angepflanzt, um die er sich fürsorglich und liebevoll kümmert. Sie verlangen Aufmerksamkeit, wie ein Familienmitglied.
Ohne Handy im Weingarten
Beim WOCHE-Lokalaugenschein direkt im Weingarten kommt dies spätestens dann zum Ausdruck, wenn das Handy im Auto zurückbleibt. „Jetzt bin ich nur für die Reben da. Je feiner ich mich auf jeden einzelnen Stock einstelle, desto besser wird die Qualität des Weins“, erzählt Gartner, während sein Blick über die Reben streift. Nachsatz: „Ich genieße die Ruhe, während unser aller Alltag von Hektik geprägt ist.“
Berufswunsch Winzer
Auch beruflich dreht sich alles um edle Tropfen. Im Rahmen des Interreg-Projekts „Weinbau in Höhenlagen“ ist Gartner in der Landwirtschaftskammer Kärnten beschäftigt. Dass er seine Freizeit nahezu ausschließlich zwischen den Reben verbringt, wo er aufgewachsen ist, versteht sich von selbst. Bereuen tut er das nicht: „Von klein auf wollte ich Winzer werden.“
Austausch mit Winzern
Die Geschichte des Kärntner Weins der Neuzeit hat im Lavanttal seinen Ursprung, ganz genau im Obst- und Weinbauzentrum der Landwirtschaftskammer in St. Andrä. Gartner stellt sich, wie einst sein Vater, in den Dienst der Kärntner Weinbauern, die spätestens seit dem Jahr 2004 flächendeckend über ganz Kärnten verteilt sind. Er ist Schriftführer des Weinbauverbands Kärnten, Obmann des Vereins Lavanttaler Wein und war zehn Jahre Sprecher des Arbeitskreises „Wein aus Kärnten“. „Es ist meine Leidenschaft, mich mit Winzer-Kollegen auszutauschen“, schildert Gartner.
Andersartigkeit schmecken
Ehe er sich wieder in sein Auto schwingt, um aus der gewollten Einsamkeit in die „Zivilisation“ zurückzukehren, beantwortet er eine letzte Frage: Was macht den Kärntner Wein aus? „Er muss einen gewissen Biss haben, ich möchte die Berge darin schmecken – die Andersartigkeit im Vergleich zu anderen Weinbaugebieten muss herauskommen“, präzisiert Gartner. Und er möchte sich beim ersten Schluck an all die Strapazen erinnern. An die aufgeschürften Knie und den schmerzenden Rücken, als er vor den Reben Demut bewies …
ZUR PERSON
Seit Anfang der Siebziger Jahre ist Vater Herbert Gartner der Weinbau-Pionier in Kärnten schlechthin. Das Familien-Hobby ging nahtlos auf seinen Sohn Erwin (auf dem Selfie mit WOCHE-Chefredakteur Peter Kowal) über, der Unterstützung von seiner Gattin Tanja sowie den Söhnen Simon (13) und Christian (12) erhält. Wein genießt Erwin Gartner am liebsten zu gutem Essen. Was leicht fällt, weil seine Gattin eine ausgezeichnete Köchin sei: „Wir zelebrieren das gemeinsame Kochen und genüssliche Essen mit gutem Wein.“ Aus seinem Weinbaugebiet entstammen zehn Weißwein- und drei Rotwein-Sorten sowie ein Riesling-Sekt.
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