Schimmel geht es an den Kragen

Mit dem Besteigen des Schimmels durch einen Buben wird das Finale eingeläutet
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petra.moerth@woche.at

EITWEG, ST. ULRICH, GEMMERSDORF. Im Schaltjahr erwachen im Lavanttal die restliche Zeit sanft schlummernde Figuren wie Habergeiß, Schön- und Schiachpercht, Ruinengeist Hardneidstein oder Holzklauberweibl aus dem Schlaf. Die österreichweit einzigartige Darstellung des Winteraustreibens lockt alle vier Jahreeinige tausend Besucher in die St. Andräer Dörfer Eitweg, St. Ulrich und Gemmersdorf.

Erste urkundliche Erwähnung

Im heurigen Jahr geht der unter der Regie von Oberschimmelrat Johann Lippi organisierte Schimmelzug der Freiwilligen Feuerwehr (FF) Eitweg und des Kulturreferates der Stadtgemeinde St. Andrä am Faschingssonntag, dem 7. Februar, ab 12 Uhr, über die Bühne (siehe Info-Box). Das vermutlich schon um die Jahrhundertwende in einigen örtlichen Gasthäusern durchgeführte Schimmelreiten gilt als Rest eines ursprünglich im Alpenraum verbreiteten Vorfrühlingsbrauches zum Austreiben des Winters. „Aus der Chronik der FF Eitweg geht hervor, dass im Jahr 1936 vom Feuerwehrmitglied Hermann Steinbauer vulgo Ellersdorfer und von Karl Hasenbichler, damaliger Steinbauer in St. Ulrich, der erste nachweisbare Schimmelkopf erzeugt wurde und die beiden auch den Schimmel für den ersten urkundlich festgehaltenen Festzug der Feuerwehr Eitweg vom Markuthaus in Eitweg nach St. Ulrich zum Gasthof Raschl am Faschingssonntag desselben Jahres ausrüsteten“, berichtet der Organisator Johann Lippi aus alten Aufzeichnungen von Professor Helmut Karl Maurer.

Prächtige Faschingswägen

Nach dem Zweiten Weltkrieg hauchte man dem Eitweger Schimmel in Gemmersdorf mit einer Veranstaltung zwischen dem Gasthof Graf und dem Gasthof Hölli neues Leben ein, um danach in den Jahren 1962 bis 1977 wieder den Winter in Eitweg und St. Ulrich im Drei-Jahres-Rhythmus auszutreiben. "In den 1960er-Jahren haben der Heimatkundler Fidelius Deiser und der damalige Volksschullehrer Heinrich Spitz dem Schimmeltreiben durch die Niederschrift eines Konzeptes über den genauen Ablauf neue Impulse gegeben", erläutert Lippi. Ab dem Jahr 1974 wurde der Schimmelzug von Gemmersdorf nach Eitweg und zurück nach St. Ulrich geführt. Seit 1980 organisieren die Mitglieder der FF Eitweg und das Kulturreferat der Stadtgemeinde St. Andrä die einmalige Veranstaltung im Vier-Jahres-Rhythmus. "In den 1970er-Jahren begann sich das alpenländische Brauchtum mit dem modernen Faschingstreiben zu vermischen. Der mittlerweile gewaltig groß gewordene Schimmelzug lässt unsere Gegend jedes Schaltjahr zur Faschingshochburg werden", ist der Organisator überzeugt.

Alle Akteure von der FF Eitweg

Der Schimmel wird von zwei Feuerwehrmännern, die unter einem Leintuch stecken, dargestellt. Ein Rosser, auch Rossführer genannt, versucht den sich widerspenstig gebärdenden Schimmel zu bändigen. Zum engeren Gefolge des Schimmels gehört eine Vielzahl von Gestalten, die für ein farbenprächtiges ländliches Kolorit sorgen und ihren eigentlichen Auftritt beim Schimmelschlagen in St. Ulrich haben: der Bauer, die Bäuerin, der Jungbauer, zwei heimische und ein orientalischer Händler, der Tierarzt und der Fleischhauer. Der Schmied mit dem Lehrling versucht auf der Straße, den Schimmel zu beschlagen, was Anlass zu köstlichen Situationen bietet. Wenn ein kleiner Bub mit einem Feuerwehrhelm auf den Schimmel gesetzt wird, beginnt das Finale des Schimmelschlagens mit einem altüberlieferten Spruch: "I bin grittn durch Feuer und Moos, wias jetzt ausschaut, werd i mein Schimmel bald los. I muaß enk aber sagn, i mecht noch a Gulasch habn."

Politik auf der Bühne im Visier

"Das Feilschen um den Kaufpreis, die Untersuchung durch den Tierarzt und das Schlagen durch den Fleischhauer bieten nur einen Vorwand, um in satirischer Weise örtliche Gemeindepolitik und hohe Bundespolitik zu kritisieren", zitiert Lippi aus Maurers Text. Aber wen stellt nun der Schimmel wirklich dar? "Das Schimmelreiten in seiner heutigen Form ist zweifellos ein Winteraustreiben. Der Schimmel steht für den Winter, der seine letzten Kräfte spielen lässt. Alle Ausreißversuche und alle Gegenwehr sind umsonst, der Schimmel wird geschlagen, das heißt getötet", lässt er uns wissen. Im Gegenzug kündigen Figuren wie die Blumenverkäuferin mit einem Korb voll Blumen bereits den Frühling an. Um den Sinn des Winteraustreibens der Jugend näher zu bringen, hat Lippi heuer erstmals im internen Kreis die neue Proklamation verlesen. Diese soll beim Schimmelaufwecken am 11. November um 11.11 Uhr 2020 dann öffentlich proklamiert werden.

ZUR SACHE:
Die neue Proklamation von Oberschimmelrat Johann Lippi aus Eitweg:

"Wach auf Schimmel Symbol des Winters, wacht auf ihr Gestalten der Finsternis wie Perchten, Hexen, Habergeißen, Kobolde. Wenn die Nächte länger werden und die wilde Jagd ihr Unwesen treibt, kommt die Wende der Sonne und nach den Raunächten wirst auch du Schimmel, Symbol des Winters, deine Pracht wie Schnee entfalten. Doch wenn zu Lichtmeß die Tage länger werden und das Licht und die Kraft der Sonne zunimmt, kommt die Zeit die Blumen in deine Mähne, Schweif und Halfter zu geben. Von Winter haben wir dann genug und Sehnsucht nach dem Frühling wird auch die anderen Gestalten, welche auch Blumen als Symbol für Wachstum zum Kampf gegen Finsternis und Kälte haben, erwecken. Mit viel Lärm wird ein Kampf stattfinden zwischen Dunkel und Licht. Dann sind auch deine Tage gezählt. Am Faschingssonntag werden wir diesem Treiben ein Ende setzen und hoffen, dass der Frühling wieder Einzug hält. Licht, Wärme und Wachstum sollen zurückkehren."

Der Schimmelzug geht heuer am kommenden Faschingssonntag, dem 7. Februar, nach vier Jahren Pause wieder über die Bühne.
Um 12 Uhr findet das Sammeln und Aufstellen des Faschingszuges beim ehemaligen Gasthaus Hölli in Gemmersdorf statt.
Mit 13 Uhr beginnt der Abmarsch bis zum Gasthaus Kunter in Eitweg. Hier findet zirka um 14.30 Uhr traditionell das Wässern des Schimmels als Symbol der Fruchtbarkeit statt.
Um zirka 15.30 Uhr steuert der Schimmelzug in St. Ulrich mit dem Schimmelschlagen seinem Höhepunkt entgegen.
Als Veranstalter zeichnen die Freiwillige Feuerwehr (FF) Eitweg und das Kulturreferat der Stadtgemeinde St. Andrä unter der Gesamtleitung von Johann Lippi verantwortlich. Insgesamt wirken rund 35 Akteure und Verantwortliche an der Durchführung des Eitweger Schimmelzuges mit. Viele weitere Helfer machen die Veranstaltung in jedem Schaltjahr zum Großereignis.
Der Eintritt für die Besucher ist frei. Die Teilnahme erfolgt auf eigene Gefahr.

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