Konstanze Sailer: „Ankunftstag“ – Bildreiche Erinnerung

- "Aufschrei 20:33 Uhr", 2015, Tusche auf Papier, 48 x 36cm. Copyright: Konstanze Sailer
- hochgeladen von Gerd Traxler
Memory Gaps ::: Erinnerungslücken von Konstanze Sailer gedenkt NS-Opfern mit Ausstellungen in Wiener Straßen, die es geben sollte.
Die erstklassige wissenschaftliche Leistung Leonore Brechers wurde im Wien der NS-Zeit nicht belohnt, sondern aus antisemitischen Beweggründen im Keim erstickt. Wenige Jahre später wurde die Wissenschaftlerin ermordet. Leonore Rachelle Brecher, * 14. Oktober 1886 in Botoschan, (Botosani, Rumänien); † 18. September 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinez (nahe Minsk, Weißrussland), war eine österreichische Zoologin. Sie forschte u. a. zur Vererbung erworbener Eigenschaften bei Tieren, wie etwa den Fähigkeiten zur Farbanpassung an die Umwelt, z. B. bei Schmetterlingen.
Ab 1918 arbeitete Leonore Brecher an deutschen und englischen Forschungseinrichtungen, hauptsächlich jedoch in der Wiener Biologischen Versuchsanstalt, im damals international renommierten Vivarium im Wiener Prater. Ihre Habilitationsversuche scheiterten 1926 aufgrund des Antisemitismus der Habilitationskommission. Im April 1938 wurde sie aus der Biologischen Versuchsanstalt entlassen und arbeitete als Lehrerin in einer jüdischen Schule in Wien-Leopoldstadt. Am 14. September 1942 wurde sie aus der Rembrandtstraße deportiert und nur vier Tage später am Ankunftstag, dem 18. September 1942, im Vernichtungslager Maly Trostinez ermordet.
Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Oswald Thomas heute noch ein Platz in Wien-Leopoldstadt benannt. Thomas war Astronom und Begründer des Wiener Planetariums. Er war Mitglied in mehreren Vorfeldorganisationen der NSDAP, etwa dem NSLB, NSAHB sowie der NSV und stellte ab 1938 mehrere Anträge auf NSDAP-Mitgliedschaft, die wegen seiner früheren Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge jedoch abgelehnt wurden. Anstelle von Oswald Thomas sollte künftig im Wiener Prater an Leonore Brecher erinnert werden.
Die Kunst-Aktion des Gedenkens der Malerin Konstanze Sailer wird zum Gedenken an Leonore Brecher mit einer weiteren Ausstellung von Tuschen auf Papier in virtuellen Räumen eröffnet. Die Galerien befinden sich ausnahmslos in Straßen, Plätzen oder Orten Wiens, die es geben sollte: Solche mit Namen von Opfern der NS-Diktatur. Monat für Monat wird so das kollektive Gedächtnis erweitert. Monat für Monat werden damit Erinnerungslücken geschlossen.
Memory Gaps ::: Erinnerungslücken zeigen eine Auswahl aus tausenden Tuschen auf Papier aus zehn Jahren. Sie stellen Schreie und Aufschreie von Opfern dar. Zum schmerzerfüllten Aufschrei geöffnete Münder und Kiefer. Abstrakte Darstellungen von Schreien in Ghettos, Konzentrationslagern und NS-Tötungsanstalten – gemalte Erinnerungskultur. Seit drei Jahrzehnten arbeitet die aus Heidelberg stammende und in Wien lebende Künstlerin zu den Themen Antlitz, Schädel und Tod. Tusche auf Papier wurde als Technik gewählt, um der "Filigranität" jener „Papierfetzen“ nachzuempfinden, auf denen in Konzentrationslagern inhaftierte Künstler – zumeist im Geheimen – ihre Kunstwerke herstellten.


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