"Unser Opa war kein Nazi"
Dr.-Barilits-Gasse auf Liste bedenklicher Straßennamen – Enkelinnen protestieren.
WIEN. Die Liesinger Schwestern Gertrude Werner und Elisabeth Jezek können es nicht fassen: Die nach ihrem Großvater benannte Dr.-Barilits-Gasse steht auf der Liste der bedenklichen Straßennamen Wiens, auf der sich auch bekennende Antisemiten wie Sebastian Brunner oder Josef Pommer befinden. "Unser Großvater hat die Nazis zeitlebens verabscheut", so Jezek. "Er war sogar einmal zwei Tage lang im Maurer Rathaus eingesperrt", erinnert sich Jezek. "Warum er dort war? Na weil er kein Nazi war." Seine Haltung habe ihm sogar einen Eintrag auf der schwarzen Liste, der Warnkartei der Nazis, eingebracht. "Die Straßennamen-Liste muss korrigiert werden", fordert Jezek. "Dieses Unrecht darf nicht bestehen bleiben."
Um Beitritt angesucht
Wieso wurde Barilits aber als bedenklich eingestuft? "Ich kann mit 99-prozentiger Sicherheit sagen, dass er zur NSDAP oder einer Gliederung gehören wollte", erklärt der mit den Straßennamen befasste Florian Wenninger. Ein Indiz dafür sei ironischerweise sein Auftauchen auf der schwarzen Liste. "Dort wurde man meist nur vermerkt, wenn man um einen Beitritt zur Partei angesucht hat, jedoch als suspekt erachtet wurde." Warum Barilits beitreten wollte, lasse sich heute, 75 Jahre später, nicht rekonstruieren. "Es ist grundsätzlich vorstellbar, dass Barilits sich vor Verfolgung fürchtete und hoffte, ein Parteibeitritt würde ihn davor vielleicht bewahren können. Ebensowenig auszuschließen ist aber die Möglichkeit, dass er zum Zeitpunkt seines Ansuchens, 1941, glaubte, das Deutsche Reich würde den Krieg gewinnen und deshalb gelte es, sich mit der Obrigkeit gut zu stellen. Beweisbar ist weder das eine noch das andere. Wir haben daher im Bericht nur vermerkt, was wir mit Quellen belegen können", so Wenninger. Die Gasse sei aber ohnehin nur als Kategorie C eingestuft. "Das sind jene Namen, über die wir zu wenig wissen, aber aufgrund wissenschaftlicher Vollständigkeit auf die Liste setzen müssen." Darum werde die Gasse auch weiterhin auf der Liste bleiben.
Zur Sache
Eine Historiker-Kommission rund um Oliver Rathkolb hat die Straßennamen Wiens im Auftrag der Stadt untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass 159 der Bezeichnungen "kritisch" sind, darunter auch die Dr.-Barilits-Gasse beim Maurer Hauptplatz in Liesing.
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