Gutmenschen - und warum sie uns nerven koennen!
Was sind eigentlich "Gutmenschen"?
Sind Sie das Gegenteil von “Schlechtmenschen”?
Sie leiden persönlich unter globaler Erwärmung. Sie sagen Schokokuss statt Negerkuss. Sie setzen sich etwa gegen die Kinderarbeit in der Dritten Welt ein und gegen Arbeitsbedingungen, die nicht unserem westlichen Standard entsprechen, und bedenken dabei gar nicht, dass diese Arbeit für viele Menschen die einzige Möglichkeit zu überleben ist und die entsprechende Arbeitslosigkeit etwa die kleinen Mädchen in die Prostitution treibt.
Der Gutmensch gleicht einer Katze, die ihrem Schwanz nachjagt. Um gut dastehen zu können, muss er die Welt für schlecht erklären. Und je schlechter die Welt, umso wichtiger sind auch die kleinen Handlungen, die einen eigentlich keinerlei Mühe kosten, die aber dennoch dafür sorgen, dass man sich extrem gut vorkommen kann, weil man ja dem Bösen ach so mutig die Stirn geboten hat. So steht der Gutmensch denn auch ständig unter Strom - im Spannungsfeld zwischen dem Pessimismus über all das Schlechte in der Welt und dem Optimismus, daran mit "mutigen Zeichen" etwas ändern zu können. Die Hauptbedrohungs- und -betätigungsfelder der Gutmenschen sind immer wieder die gleichen: Es geht mal um die Umwelt, mal um den Frieden, mal zieht man gegen Ausländerfeindlichkeit und mal gegen "das Vergessen" zu Felde.
Francois de la Rochefoucauld hat einmal gesagt: "Wir müssten uns unserer guten Taten schämen, wenn die Beweggründe ans Licht kämen!"
"Er war ein so guter Mensch", beteuerte meine Großmutter als der Großvater begraben wurde. Die übrigen Verwandten lächelten, denn sie wussten es besser. Doch sie schwiegen. Er konnte nichts Böses mehr tun. Friede war mit ihm.
Lange Zeit ging das so: mit dem Tod wurde man zu einem guten Menschen befördert. Jeder Besucher eines Friedhofes konnte sich, angesichts der Grabinschriften davon überzeugen, dass der bessere Teil der Menschheit, unter der Erde lag.
Das ist nun nicht mehr nötig! Niemand muss mehr sterben um Lob zu ernten und ein rundum guter Mensch zu werden. Gut, kann jeder bereits zu Lebzeiten werden. Und das, ohne sich anzustrengen. Es reicht schon wenn einer "Schokokuss" statt "Negerkuss" sagt. Damit beweist er seine Abscheu vor jeglicher Diskriminierung. Das ist schon mal eine Großtat. Wenn er dann noch eindringlich vor der Klimaerwärmung warnt, ab und zu die Armut in der Welt anprangert und immer mal wieder die Frage nach den Verantwortlichen stellt, kann nichts mehr schiefgehen.
Falls jemand noch etwas mehr tun will, aber das grenzt jetzt schon an Aktionismus, hält er im Fußballstadium gelegentlich eine rote Karte hoch (gegen Rassismus), steckt in der Fußgängerzone einen Euro in die Greenpeace Dose und schaltet am Abend fünf Minuten das Licht aus, womit ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt ist, gegen Krieg und Energieverschwendung.
Nun ist der Mensch eigentlich schon guter als gut. Er ist ganz offensichtlich für den Frieden, für die Völkerverständigung, für die Umwelt, Natur, Kinder, Tiere, Opfer, soziale Gerechtigkeit, für friedliche Konfliktbewältigung und im Zweifelsfall für die berechtigten Anliegen aller Menschen.
Nie in der Geschichte war es so einfach, auf der richtigen Seite zu stehen und sich unschuldig und gut zu fühlen - und das Böse draußen zu wittern, jenseits des Fernsehers, in den verborgenen Schaltzentralen der Macht, in der Globalisierung, in Amerika, in den multinationalen Konzernen. Es war noch nie so einfach sich gut zu fühlen!
Und dann kam Strache! Was für herrliche Zeiten! Alle sind sich einig, dass sie besser sind als Strache, seine Änhänger und Wähler. Ein Vergleich mit ihm wirkt jederzeit stärkend und aufbauend, zumindest in Österreich. Es genügt bereits in geselliger Runde ein Hinweis auf ihn und alle können sich einig sein in ihrer heiteren und empörten Überlegenheit.
Glücklicherweise gibt es aber noch weitere erlösende Themen und Rezepte die zum moralischem Wohlfühlen geeignet sind. Es sind die bewährten Rezepte der Moralapostel, der privaten und öffentlichen. Diese Rezepte werden überall nachgekocht: von den Gästen der Talkshows und in den Kultursendungen, von all jenen, die immer nur das Beste wollen, die sich bedeutend und besonders fühlen möchten, kurz, die es geschafft haben, ihren Egotrip als Wohltat für die Menschheit auszugeben.
Ist das verwerflich? Nein, das ist normal. Heuchelei ist eine Primärtugend. Sie dient dem Überleben. Und sie wird am allerwenigsten widerlegt von Leuten, die behaupten, sie wollten Gutes. Dass es im Augenblick so viele tun, immer unter der Flagge des Engagements, ist kein Zeichen von Zivilcourage, sondern vom präzisen Gegenteil - von der Furcht, bei Fehlern ertappt und dann gerügt, angegriffen und ausgegrenzt zu werden.
Der Wunsch, dazugehören und möglichst nichts falsch zu machen, ist dominant geworden. Niemand möchte dabei ertappt werden, dass er öffentlich "Neger" sagt statt "Farbiger oder gar "Zigeuner" anstatt "Roma" und, jetzt wird es schon verbrecherisch wenn man "Rasse" statt "Ethnie" sagt. Wer so etwas tut, muss zur Buße entweder sofort eine "Anti-Kriegs-Gala" ausrufen oder beim Dalai Lama Zuflucht suchen.
Shakespeare sagte einmal: "Gut und Böse seien eine Sache des Denkens, nicht der Realität." Und da, wer an das Gute denkt, gleichzeitig auch immer an das Böse denken muss, wird das Böse nie verschwinden. Wer emsig für das sogenannte Gute kämpft, schafft ebenso emsig das sogenannte Böse. Das ist erleichternd! Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen. Wir können ruhig so tun, als wären wir gut, das Böse bleibt uns treu. Das ist beruhigend. Das ist entspannend. Das ist optimistisch.
Denn solange es etwas gibt, das wir böse nennen können, dürfen wir uns supergut fühlen. Ja auch ich, möchte ab und zu mal als guter Mensch gelten. Sie nicht?
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