Chancenmanagement statt Krisenmanagement

Die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion. | Foto: RLB OÖ/Strobl
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Österreich produziert ausgesprochen gut und ausgesprochen viel. Unsere Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind sehr erfolgreich“, stellte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner unserem Land Dienstagabend bei der Kundenveranstaltung „Minister im Dialog“ vor rund 1.100 Gästen im RaiffeisenForum der Raiffeisenlandesbank OÖ ein gutes Zeugnis aus. Er ortete in seinem Vortrag mit dem Titel „Wirtschaftsstandort: Chancenmanagement statt Krisenmanagement“ jedoch auch einige Schwachstellen. Vor allem Europa müsse mehr tun.

Österreich ist laut Mitterlehner in mehrfacher Hinsicht gut aufgestellt: „Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa und bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf liegen wir an dritter Stelle.“ Maßgebliche Gründe dafür sind das duale Berufsausbildungssystem sowie die starken Klein- und Mittelbetriebe und die international sehr wettbewerbsfähigen Industrieunternehmen, die auch in der Krise Jobs schaffen. Auch die Investitionen in Forschung und Entwicklung, die laut Mitterlehner heuer bei rund neun Milliarden Euro liegen werden, tragen dazu bei, Betriebe zu Weltmarktführern zu machen. „Forschung und Entwicklung führen zu einem höheren Beschäftigungswachstum und diese Unternehmen sind deutlich krisenfester und erfolgreicher im Export.“

Chancen in anderen Wachstumsmärkten wahrnehmen

Mitterlehner ortete allerdings auch Handlungsbedarf. So werde sich aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl junger Arbeitskräfte von 95.000 im Jahr 2010 auf 85.000 im Jahr 2015 reduzieren. „Wir brauchen aber jährlich 30.000 Arbeitskräfte zusätzlich“, sagte Mitterlehner. Lösungsmöglichkeiten sieht er in einer effizienten Lehrlingsausbildung, bei der nicht wie bisher 15 Prozent den Abschluss nicht schaffen, einer Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Card für hochqualifizierte ausländische Fachkräfte und der Erhöhung der Frauenerwerbsbeteiligung. Erwiesene Schwachstellen des Wirtschaftsstandortes Österreich seien die hohen Arbeitskosten, das niedrige Pensionsantrittsalter und die hohe Abgabenquote von durchschnittlich 44,3 Prozent. Weiters gehe ein Fünftel der österreichischen Exporte in Länder mit den geringsten Wachstumsraten. „Um Risiko zu minimieren, müssen wir Chancen in anderen Wachstumsmärkten vor allem außerhalb Europas wahrnehmen“, sagte der Minister.

Noch dringender sei der Handlungsbedarf auf europäischer Ebene. In der Lissabon-Strategie hat sich die Europäische Union im Jahr 2000 zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2010 zur weltweit dynamischsten Wirtschaftsregion zu werden. „Ich habe heute nicht den Eindruck, dass wir ganz vorne stehen. Im Gegenteil: Wenn wir nicht gegensteuern, werden wir in der Welt als Europa einfach eine kleinere Rolle spielen“, mahnte Mitterlehner. Er verwies insbesondere auf die Energiekosten, die in Europa vier Mal höher sind als in den USA. „Energie ist so teuer, dass Betriebe ihre Abwanderung überlegen. Daher müssen wir vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise darauf achten, dass neue Klima- und Energieziele nicht zu Lasten der Unternehmen und des Wirtschaftsstandortes gehen.“

Europa hat endlich ein Industrieziel

Allein der Faktor Energie zeige, dass sich die Kräfte verschieben. Selbst das starke Deutschland rutsche in den internationalen Rankings immer weiter zurück. „Europa hat das Problem erkannt. Das EU-Parlament hat erstmals dafür gestimmt, dass die Industrie einen Stellenwert hat in Europa, Klima- und Industriepolitik werden miteinander verzahnt“, verwies Mitterlehner auf wichtige Maßnahmen. „Es bringt nichts, wenn wir nur mehr fünf Prozent des CO2-Ausstosses in Europa haben, aber keine Firmen mehr da sind.“

Pöttinger: Gefahr der Deindustrialisierung in Europa

Dass die österreichischen Unternehmen tendenziell gut da stehen, dieser Meinung ist auch Klaus Pöttinger, der Präsident der Industriellenvereinigung OÖ. Er ortet allerdings auch ernstzunehmende Warnzeichen: „Europa hat bei der Industriequote bereits ganz massiv verloren, Österreich etwa ein Prozent. Auch wenn wir damit zwar immer noch weit über dem EU-Durchschnitt liegen, müssen wir diese Entwicklung ernst nehmen. Vergessen wir nicht, dass uns eine starke Industrie in Österreich durch die Krise getragen hat.“ Um den Standort Europa und Österreich zu stärken und der drohenden Deindustrialisierung entgegenzusteuern, brauche es laut Pöttinger vor allem niedrigere Energiepreise, mehr Geld vom Staat für die Arbeitsplatzschaffung und auch mehr unternehmerischen Mut in der Bevölkerung. „Während sich die Entwicklungsländer in den letzten zehn Jahren entschuldet haben, haben sich die sogenannten reichen Länder verschuldet. Wir haben den Anschluss an die modernen Produktionen, etwa im Bereich elektronischer Geräte, an Länder wie Japan, Korea, China, Taiwan oder Indonesien total verloren“, mahnte Pöttinger.

Mehr Geld für F&E, weniger Regulierung

Für die Politik hat der Präsident der Industriellenvereinigung OÖ klare Handlungsaufträge: „Wir brauchen seitens des Staates mehr Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung. Denn das ist der Turbo, der die Wirtschaft antreibt. Und außerdem: Für jeden Euro, der in diesem Bereich investiert wird, bekommt der Staat fünf bis 15 Euro zurück.“ Darüber hinaus sprach sich Pöttinger vehement gegen zu viel gesetzliche Regulierung aus: „Es ist unbestritten, dass wir gewisse Regeln für den freien Markt brauchen. Aber wir übertreiben es. Viele private Initiativen werden dadurch erstickt.“

Schaller: „Banken sind der Blutkreislauf der Wirtschaft“

Optimistischer zeigte sich Raiffeisenlandesbank OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller: „Wir werden das Konjunkturtal, in dem wir uns derzeit befinden, Mitte des Jahres durchschritten haben. Wir brauchen also keine Befürchtungen haben, dass wir noch immer mitten in einer globalen Wirtschaftskrise stecken.“ Amerika weise bereits wieder bessere Wirtschaftsdaten auf und Europa folge dieser Entwicklung erfahrungsgemäß meist einige Monate später. Auch in der Zeit nach der Krise 2008/2009 seien insbesondere Österreich und Deutschland relativ schnell wieder gewachsen. Allerdings könnten Wirtschaftsabschwünge in einem normalen Konjunkturzyklus nicht verhindert werden: „Die Konjunktur kann nicht immer nur nach oben gehen, das wäre auch nicht gesund“, so der Generaldirektor.

Schulterschluss zwischen Banken und Unternehmen

Was derzeit dringend notwendig sei, ist ein Schulterschluss zwischen den Unternehmen und der Finanzwirtschaft: „Diese Regulierungswut, die derzeit auf EU-Ebene herrscht, trifft die Industriebetriebe genauso wie die Banken. Banken sind der Blutkreislauf der Wirtschaft. Wenn sie keine finanziellen Mittel mehr verteilen, kommt der Wirtschaftskreislauf ins Stocken und die Realwirtschaft leidet“, so Schaller. Gleichzeitig legte er ein klares Bekenntnis ab, dass die Raiffeisenlandesbank OÖ und die oberösterreichischen Raiffeisenbanken die heimischen Unternehmen weiterhin mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützen werden.

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