Story der Woche

Die Kleine Wildnis an der Donau

Das Brachland im Linzer Industriegebiet ist ein artenreiches, kleines Naturparadies mitten in der Stadt.

LINZ. "Das dichte Nebeneinander von Industrie und Natur macht dieses Gebiet extrem spannend", erklärt Friedrich Schwarz, Leiter der Naturkundlichen Station, des Biologiezentrums und des Botanischen Gartens. Beim Spaziergang durch die nur wenige Quadratkilometer große Fläche zwischen Tankhafen und dem Containerterminal vergisst man schnell, dass man sich mitten in Linz befindet. Solche "Gstätten" sind laut Schwarz als Sekundärbiotope extrem wichtig für den Artenerhalt von Pflanzen und Tieren. Durch intensive Landwirtschaft gehe die natürliche Vielfalt verloren, Überdüngung und der Einsatz von Pestiziden tuen ihr Übriges, so der Biologe.

Natur im Industriegebiet

Industriegebiete mit ihren ungenutzten Brachen schaffen ideale Bedingungen für eine Besiedelung in sämtlichen Vegetationsstufen. "Auf wenigen Metern kann hier die Entwicklung vom nackten Stein bis zum kleinen Wald beobachtet werden", führt Schwarz aus. Früher wurden durch die Donau große Kiesbänke angeschwemmt. Künstlich angelegte Wege und Schotterstraßen erfüllen heute den gleichen Zweck. An ihren Rändern wachsen Pionierpflanzen wie Sukkulenten, Moose und erste kleine Gräser. Es folgen Wiesenpflanzen, kleine Sträucher und schließlich Waldbäume wie Pappeln und Ahorn. Diese Umgebung sei ein idealer Lebensraum für zahlreiche Tier- und Insektenarten. Hier finden sie Lebensraum, Brutplätze und Nahrung. Im Linzer Industriegebiet trifft man neben vielen Vogel- und Entenarten, unter anderem auch Hasen, Rehe, Biber und mit etwas Glück vielleicht sogar die in Österreich seltene Wechselkröte.

Besonders seltene Bewohner

Im Frühling zwischen April und Ende Mai kommen diese gefährdeten Tiere zum Laichen ins Industriegebiet. Der charakteristische Ruf des Männchens ist nachts lautstark zu vernehmen. Als Laichtümpel bevorzugen sie größere Regenpfützen, wie sie sich zum Beispiel in Reifenspuren auf Baustellen sammeln. Seit 1997 wurden, mit Unterstützung der Stadt Linz und der Naturschutzabteilung des Landes Oberösterreich, erfolgreich mehrere künstliche Folienteiche angelegt. Seit Jahren ehrenamtlich für die Wechselkröte engagiert ist Franz Huebauer. Seine fundierte Zählung der männlichen rufenden Kröten ergab 2017 nur 71 bis 81 Exemplare. "Das zeigt, wie selten und schutzbedürftig diese Art ist", so Huebauer.

Zur Sache: Die Wechselkröte

Die in Österreich gefährdete Wechselkröte ist im Linzer Industriegebiet zu finden. Charakteristisch sind der Trillerruf des Männchens und die gefleckte Haut.Hierzulande kommt diese Art ausschließlich in sekundären, also von Menschen geschaffenen Lebensräumen vor.

Zur Fortpflanzung benötigen sie flache Regenpfützen als Laichtümpel. Diese finden sie meist auf Schotterflächen und Lagerplätzen. Durch Verbauung und Versiegelung werden diese Flächen häufig zerstört. Folienteiche helfen, die Art zu erhalten.