"Hip-Hop ist in erster Linie Leidenschaft"
"Aus Aundara Aunsicht" nennt Hip-Hopper CHiLL-iLL sein zweites Album, das soeben erschienen ist. Zum ersten Mal ist der gebürtige St. Pöltner, der inzwischen in Linz lebt, in Album-Länge im Dialekt zu hören. Die StadtRundschau hat ihn zum Interview gebeten.
StadtRundschau: Wie kommt man zu einem so außergewöhnlichen Namen?
CHiLL-iLL: Ich war schon immer ein ruhigerer Typ, war immer anders. Ich wollte immer mein eigenes Ding machen, schon in der Schule. Zudem war ich früher oft krank. Mein Immunsystem hat nicht richtig mitgespielt. Da lag "CHiLL-iLL" relativ nahe. Aber es hatte nie eine große Bedeutung.
Du kommst ursprünglich aus St. Pölten. Was hat dich nach in Österreichs heimliche "HipHop-Hauptstadt" Linz geführt?
Linz ist schon seit Jahren meine zweite Heimat. Ich fand die Szene immer interessant. Ein paar Freunde von mir sind hierher gezogen. Schlussendlich hat mich dann die Liebe hergebracht.
Wie unterscheidet sich die Szene in den beiden Städten?
In St. Pölten gibt es fast keine. Natürlich bewegt sich auch dort etwas, aber nicht so wie in Linz. Hier ist es besser vernetzt. Das Publikum ist in St. Pölten natürlich kleiner. Ich war dort einer der aktivsten Live-Artists und habe etliche Veranstaltungen gemacht und vieles mehr. Jetzt wurde es einfach Zeit für was Neues.
Du stehst seit zehn Jahren auf der Bühne, hast aber soeben erst dein zweites Hip-Hop-Album veröffentlicht. Warum lässt du dir so lange Zeit?
Ich war immer eher ein Live-Musiker, so fing alles an. Da war mir das Studio noch nicht so wichtig. Ich liebe das Gefühl beim Live-Spielen, Sprachrohr zu den Leuten zu sein. Zudem wollte ich immer mein eigenes Ding machen. Ich habe dann 2006 aus der Not heraus angefangen, selber Beats zu basteln und es hat dann wieder einige Jahre gedauert, bis ich gewusst habe, ich bin soweit. Das erste Album "Für Körper & Seele" vereint Texte, die ich zwischen 16 und 22 Jahren geschrieben habe. Zwischendurch habe ich dann zwei Instrumental-Alben gemacht. Vor eineinhalb Jahren habe ich dann begonnen, am zweiten Album zu arbeiten. Es hat sich alles stetig entwickelt und gut Ding braucht Weile, wie man so schön sagt.
"Aus aundara Aunsicht" unterscheidet sich stark von seinem Vorgänger.
Ja. Ich rappe zum ersten Mal im Dialekt auf Albumlänge. Ich habe aber immer schon Dialekt-Texte geschrieben. Das Schreiben fiel mir viel leichter als auf Hochdeutsch und fühlte sich auch authentischer an für mich. Im Jänner 2012 habe ich ganze 15 Nummern geschrieben. Insgesamt 20 Tracks sind jetzt am aktuellen Album zu hören. Zudem hatte ich diesmal Lust, meine Connections zu nutzen. Daher finden sich viele Features und paar Live-Musiker darauf, was dem Album sehr gut tut.
Hat sich der Dialekt auch auf’s Texten ausgewirkt?
Ja, thematisch ging’s durch den Dialekt in eine ganz andere Richtung. Zuerst habe ich eher gesellschaftskritische Texte geschrieben. Dann sind schnell auch persönlichere Texte dazugekommen. Daher auch der Albumtitel – es ist nicht vergleichbar, extrem abwechslungsreich. Man lernt immer dazu und ich persönlich habe große Fortschritte gemacht. "Aus Aundara Aunsicht" eben.
Wie kann man sich das Musiker-Leben in Österreich vorstellen?
Es ist nicht leicht, vor allem im Hip-Hop. Es gibt extrem viele gute Sachen, aber zu wenig Plattformen. Die Musik ist hin und wieder ein schönes Taschengeld. Wenn man lange Musik macht, findet man sich irgendwann damit ab, dass man damit wenig Geld verdient bei uns. Aber das sollte auch nicht im Vordergrund stehen. Man muss auf jeden Fall dahinter sein!
Was müsste sich ändern in der Branche?
Es würde schon einiges bewirken, wenn zum Beispiel im Radio nur ab und zu zwischendurch qualitativ hochwertige Musik aus Österreich gespielt werden würde. Wenn sich von Seiten des Radios und der Medien nicht etwas ändert, werden sich vielleicht viele Leute überlegen, ob sie weiter ernsthaft Musik machen wollen. Es kostet ja auch viel Zeit und eine Albumproduktion sehr viel Geld. Verdienen tut man kaum etwas. Auch bei mir hat es vor kurzem einen Punkt gegeben, wo es langsam zuviel wurde und ich mich gefragt habe, ob sich das alles überhaupt noch auszahlt und dafür steht.
Und, zahlt es sich aus?
Hip-Hop ist für mich in erster Linie Leidenschaft. Ich mache Musik, weil es mich erfüllt und würde auch weitermachen, wenn mir keiner zuhört.
Du engagierst dich auch bei "Yes We Jam". Worum geht’s dabei?
Wir sind ein Verein mit derzeit etwa 20 Personen. Wir wollen die Hip-Hop-Szene in Österreich, mit Schwerpunkt auf Oberösterreich, vernetzen und fördern. Wir organisieren etwa Veranstaltungen, Auflegereien oder Freestyle-Sessions, um auch dem Nachwuchs zu helfen. Und wir betreiben einen eigenen Blog auf www.yeswejam.at. Wir sind ständig am Wachsen und für die Zukunft ist noch einiges geplant, etwa eine eigene Radiosendung auf Radio FRO. Wir wollen der Szene eine fixe Plattform zum Austausch bieten. Damit führen wir quasi eine alte Tradition weiter. Es war im Hip-Hop schon immer üblich, Werte weiterzutransportieren.
Zu hören gibt es das neue Album am 16. März in der Stadtwerkstatt bei der "Yes We Jam"-Night.
Kaufen kann man es auf www.chill-ill.at oder www.facebook.com/CHiLL.iLL.Music
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