Bauern blicken über den Tellerrand
„Nischen finden und nutzen, Regionalität vermarkten“, so sollte die Devise der Lungauer Landwirte lauten
Strukturelle Veränderungen, die immer wiederkehrende Milchpreisdebatte und die Forcierung von erneuerbaren Energien waren die Hauptthemen am Kammertag der Lungauer Bauern. Daneben interessierten in erster Linie die strukturellen Entwicklungen in der Landwirtschaft im Vergleich der vergangenen Jahre. Auffallend ist die Investitionsfreude der Landwirte vergangenes Jahr.
TAMSWEG (pjw). Äußerst baufreudig zeigten sich die Lungauer Bauern im abgelaufenen Jahr, das ging aus dem Bericht von Obmann Paul Schreilechner am Kammertag, der zu Maria Lichtmess im großen Maier-Saal abgehalten wurde, hervor. Betrug das Investitionsvolumen in den Jahren 2004 bis 2008 jeweils gut eine Mio. Euro, so schnellte es im Jahr 2009 auf knappe drei Mio. Euro in die Höhe. „Das ist damit zu erklären, dass im Vorjahr viele Lungauer den Umbau zu tierfreundlichen Bestallungen vorangetrieben haben“, beleuchtete Schreilechner. Auch die Investitionen im technischen Bereich stiegen an. Für Stalltechnik, Heukräne und Heizungen wendeten die Lungauer Landwirte im vergangenen Jahr rund 750.000 Euro auf, das ist um ein Drittel mehr als im Jahr 2008.
Weniger Milchlieferanten, dafür aber mehr Lieferquote
Betrachtet man die Entwicklung der Milchwirtschaft zwischen 1995 und 2009, ist festzustellen, dass die Zahl der Lieferanten auf 415 geschrumpft ist, das entspricht einem Minus von 38 Prozent. Gleichzeitig ist aber die durchschnittliche Lieferquote um 75 Prozent auf derzeit 42.410 Kilogramm gestiegen. Auch die Gesamtliefermenge ist um 23 Prozent auf momentane 17,6 Mio. Kilogramm nach oben geklettert. Zu erklären ist dieser Trend dadurch, dass kleine Betriebe ihre Kontingente an große Landwirtschaften abgeben. Eine Veränderung hin zu größeren Strukturen lässt sich ablesen. Natürlich sprach man auch die andauernde Milchpreisproblematik an. Nach einem auffallenden Hoch im Jahr 2008 (45 Cent für konventionelle Milch) erreichte das Produkt im Jahr 2009 wieder das Niveau des Jahres 2002 (35 Cent). In seiner Rede bedankte sich Nikolaus Berlakovich, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft sowie für Umwelt und Wasserwirtschaft, bei den Milchbauern, dass in Zeiten der Krise keine Milch verschüttet wurde. Das wäre seiner Ansicht nach ein völlig falsches Signal gewesen und hätte dem Image der Bauern nur geschadet, wie es zum Beispiel in Belgien zu beobachten war.
Biomasse-Lieferanten
profitieren von Heizkraftwerken
Zukunftschancen für ihren Berufsstand sieht die Lungauer Bauernkammer vor allem im Bereich der erneuerbaren Energie. Von den dreizehn Heizkraftwerk-Standorten im Bezirk profitiert nicht zuletzt die heimische Forstwirtschaft. „Ich bin für ein energieautarkes Österreich“, so lautet die Vision von Minister Berlakovich, und diesem Traum nach Unabhängigkeit kann auch Schreilechner einiges abgewinnen: „Ein erklärtes Ziel der Bauernkammer ist, die Nutzung von Bioenergie weiter zu forcieren“, erklärt er und fährt fort: „Die Sicherung des Arbeitsplatzes Bauernhof muss eines unserer wichtigsten Ziele sein. Jeder Einzelne ist gefordert. Der Markt geht seinen Weg. Als erfolgreicher Landwirt musst du ihn beobachten, mögliche Vorteile für deinen Betrieb suchen und Produkt- oder Dienstleistungsnischen nutzbar machen.“
Geht es dem Bauern gut, dann profitiert auch der Konsument
Dass die Landwirtschaft nicht existieren kann, ohne nach links und rechts zu sehen, weiß auch Minister Berlakovich. In den Konsumenten sieht er die stärksten Partner der Bauern. Von guter Agrarpolitik müssen demnach beide profitieren. In engem Zusammenhang damit steht das Thema Direktvermarktung: „Die Leute haben Sehnsucht nach etwas Typischem“, konstatierte der Minister und fährt fort: „Ihr hier im Lungau habt die Antwort mit dem ‚Eachtling‘ bereits gegeben.“ Mit solchen Produkten, die weit über die Grenzen hinaus bekannt sind, kommen Genussregionen wie der Lungau in aller Munde.
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