Sie laufen, wenn die Sirene dreimal heult

Herr Bezirksfeuerwehrkommandant, Sie waren bei der Eröffnung des Europäischen Jahres der Freiwilligenarbeit am Salzburger Residenzplatz dabei. Bitte schildern Sie unseren Lesern, was Sie dort erlebt haben.
Johannes Pfeifenberger: „Ich war überwältigt von der Vielfalt und der Komplexität des Freiwilligensystems. Es ist unglaublich, wie viele Leute sich in den verschiedenen Bereichen ehrenamtlich engagieren. Österreich lebt von diesem Netzwerk, das in den kleinsten Strukturen beginnt, und die im Ernstfall nahtlos aneinander andocken können. Vom Residenzplatz bin ich mit der Erkenntnis zurückgekommen, dass dieses komplexe System, so wie es sich derzeit präsentiert, funktioniert und dass es durch die vielen Menschen in den einzelnen Freiwilligenorganisationen lebt.“

Verbesserung der Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Tätigkeiten, betreffend Dienstfreistellungen, Verdienstentgang sowie Rechtsschutz für freiwilliges Engagement, wurden vom Sozialminister versprochen. Für wie notwendig erachten Sie die Umsetzung dieser Versprechungen?
Johannes Pfeifenberger: „Freiwilligenarbeit ist ein komplexes System. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass die Umsetzung dieser Versprechen in Bezug auf das gesamte Freiwilligennetzwerk nicht möglich ist. Betreffend die Feuerwehr ist vieles gesetzlich ohnehin schon geregelt. Wichtig wäre mir vor allem die Anrechnung von freiwilligen Diensten auf das Pensionsantrittsalter. Zudem brauchen Feuerwehrleute Rechtssicherheit in dem Sinn, dass, wenn sie in gewissenhafter Ausübung ihrer Pflichten unabsichtlich Schaden anrichten, nicht in eine für sie nachteilige Lage geraten.“

Wie bewerten Sie aus der Sicht der Lungauer Feuerwehren die aktuelle Diskussion rund um die Reformierung des Bundesheeres? Es steht zumindest im Raum, dass dem Stützpunkt in Tamsweg die Einstellung droht, auch die Abschaffung der Wehrpflicht wird immer wieder angedacht.
Johannes Pfeifenberger: „Einer Reformierung des Bundesheeres stehe ich grundsätzlich positiv gegenüber, die Abschaffung der Wehrpflicht lehne ich allerdings ab. Meiner Meinung nach gehört die Diskussion in die Richtung gelenkt, wie man die Wehrdienstzeit nach der Ausbildung an der Waffe sinnvoll nützen kann. Mein Vorschlag wäre die Vermittlung von fundierten Kenntnissen, die im späteren Leben in freiwilligen Einsatzorganisationen – egal ob bei der Feuerwehr, dem Roten Kreuz, der Bergrettung oder anderen Hilfskräften – angewendet werden können. Diese Basiskenntnisse wären bei Katastrophenhilfseinsätzen mit Sicherheit von Vorteil. Außerdem ist die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Fähigkeiten ein wesentlicher Bestandteil des Präsenzdienstes. Bei einer Art kombinierter Ausbildung zur Vorbereitung auf Dienstleistungen in Einsatzorganisationen wird, so bin ich überzeugt, beim einen oder anderen das Interesse für spätere Freiwilligenarbeit bereits in jungen Lebensjahren geweckt.“

Es ist in der Diskussion auch immer wieder die Rede von bezahlter Freiwilligenarbeit. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Johannes Pfeifenberger: „Das ist für mich nicht vorstellbar. Freiwilligkeit bedeutet meinem Verständnis nach, dass ich etwas gerne und ehrenamtlich mache. Freiwillige stehen zu hundert Prozent, mit großer unbezahlbarer Leidenschaft, hinter der Sache. Ein Motivationsfaktor bei der Ausübung bezahlter Tätigkeiten ist finanzielle Gegenleistung, die Einsatzbereitschaft von ehrenamtlichen Kräften ist ungleich höher. Abgesehen davon könnte ich mir die Finanzierung bezahlter Freiwilligenarbeit kaum vorstellen.“

Wie gut verläuft die Kooperation mit anderen Freiwilligen-Organisationen im Bezirk?
Johannes Pfeifenberger: „Ausgezeichnet. Die Schlagkraft wird unter anderem durch regelmäßige Treffen der Einsatzleiter aller Einsatzorganisationen im Bezirk – das sind die Bezirkshauptmannschaft, das Rote Kreuz, die Polizei, die Bergrettung, die Höhlenrettung, das Bundesheer, die Asfinag und die Freiwillige Feuerwehr – wesentlich erhöht. Diese Zusammenkünfte, die übrigens auf freiwilliger Basis erfolgen, werden von Philipp Santner, dem Katastrophenschutzreferenten des Bezirks organisiert. Dabei werden sicherheitspolitische Angelegenheiten und Szenarien diskutiert, was im Ernstfall entscheidende Vorteile bringt.“

Lassen sich heutzutag überhaupt noch ausreichend Ehrenamtliche finden? Wie sieht die Lage im Bezirk Tamsweg aus, gibt es in irgendeinem Ort Personalsorgen?
Johannes Pfeifenberger: „Zum Glück hat keine Gemeinde im Lungau mit Personalsorgen bei der Freiwilligen Feuerwehr zu kämpfen. Auch Nachwuchs haben wir genug. Von den 15 Feuerwehren haben acht eine Jugendfeuerwehrgruppe. Das Durchschnittsalter unserer Mitglieder liegt bei 34 Jahren – das ist ein guter Schnitt.“

Am Rande festlicher Anlässe hört man immer wieder die Phrase „heute rückt die Feuerwehr zum Durstlöschen“ aus. Was sagen Sie dazu?
Johannes Pfeifenberger: „Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass dieses Bild die Wahrheit verzerrt. Ist ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau in Uniform, so wird ein entsprechendes Benehmen erwartet, die jeweiligen Ortsfeuerwehrkommandanten haben dafür zu sorgen. Der überwiegende Teil der Lungauer FF-Mitglieder ist kameradschaftlich orientiert – ungebührliches Verhalten bei repräsentativen Ausrückungen ist so gut wie nie zu beobachten.“

Viele Menschen wundern sich manchmal, warum, beispielsweise bei einem Verkehrsunfall oder Ähnlichem, so viele Einsatzkräfte vor Ort sein müssen. Können Sie diesen Umstand bitte etwas beleuchten.
Johannes Pfeifenberger: „Einsätze entwickeln immer eine Eigendynamik. Es geht alles Schlag auf Schlag, man muss blitzschnell reagieren. Oft ist die Situation im Vorfeld schwer einzuschätzen. Grundsätzlich ist es so, dass die Einsatzeinheiten sich selbst absichern müssen. Es könnte zum Beispiel ein Kamerad verletzt werden, einem anderen könnte es schlecht werden. Unsicherheitsfaktoren gibt es genug und darauf muss man reagieren können. Eine gewisse Reservemannschaftsstärke muss also vorhanden sein.“

Interview: Peter J. Wieland

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