Viele marschieren einfach drauflos
Im gesamten Bundesland, insbesonders im Lungau, wird die Bergrettung in jüngster Zeit immer häufiger zu Einsätzen gerufen. Im Bezirk Tamsweg waren vorletztes Wochenende drei Ausrückungen der freiwilligen Retter notwendig, berichtet Bezirksleiter Balthasar Laireiter im Gespräch mit dem Bezirksblatt Lungau.
Warum geraten gerade in jüngster Zeit so viele Bergsteiger und Wanderer in Notsituationen?
BALTHASAR LAIREITER: „Nach einer langen Schlechtwetterperiode sind bei den zuletzt besseren Wetterverhältnissen mehr Leute in den Bergen unterwegs gewesen. Mehr Wanderer bedeutet meist auch mehr alpine Notfälle. Die Häufigkeitswahrscheinlichkeit steigt, je mehr Menschen im Gebirge unterwegs sind.“
Was zeigt die Erfahrung – sind es eher waghalsige Profibergsteiger oder unerfahrene Wanderer, die in solche Unglückssituationen kommen?
BALTHASAR LAIREITER: „Ganz wenige Profis und Kletterer sind darunter. Der Großteil sind Bergwanderer. “
Wieso ist das so – werden die Leute leichtsinniger?
BALTHASAR LAIREITER: „Stimmt teilweise. Viele sind unerfahren und begeben sich ohne ordnungsgemäße Tourenplanung ins alpine Gelände. Sie marschieren einfach drauflos und finden sich später oft in ausweglosen Situationen wieder. Die jüngsten Vorfälle in Muhr und Obertauern bestätigen dies. In beiden Fällen waren die Betroffenen akut absturzgefährdet und auf die Hilfe der Bergretter angewiesen.“
Wer bezahlt eigentlich die Einsätze, zu denen die Bergretter gerufen werden? Gibt es einen Selbstbehalt?
BALTHASAR LAIREITER: „Unsere Einsätze müssen zu hundert Prozent verrechnet werden. Sofern der Geborgene nicht Förderer der Bergrettung oder anderweitig versichert ist, hat er die Kosten selbst zu übernehmen. Mitglieder des Österreichischen Alpenvereins sind auch bergeversichert.“
Wie teuer kann so ein Einsatz sein?
BALTHASAR LAIREITER: „Bundesweit werden pro Einsatzstunde und Bergrettungsmann 38 Euro verrechnet. Diese Finanzmittel sind Teil des Gesamtbudgets der Bergrettung und decken Kosten der Ausbildung, Ausrüstung und Administration unseres Freiwilligendienstes ab.“
Wer ist ein Förderer der Bergrettung? Könnten Sie das bitte konkretisieren!
BALTHASAR LAIREITER: „Das sind Unterstützer der Bergrettung, die jährlich einen Mindestbetrag von 22 Euro einzahlen. Damit sind Bergekosten aus Alpin- und Wassernot in der Höhe von 15.000 Euro für den Förderer sowie seiner Familie (Ehegattin und minderjährige Kinder) versichert.“
Hat die Bergrettung eine eigene Notrufnummer?
BALTHASAR LAIREITER: „Jawohl, das ist die Nummer 140. Zusätzlich kann die internationale Notrufnummer 112, die bei der nächsten Polizeidienststelle aufläuft, gewählt werden.“
Worauf sollte man in dieser Jahreszeit besonders achten, wenn man sich im freien Gelände bewegt?
BALTHASAR LAIREITER: „Man sollte auf eine sichere Wetterlage achten. Mit dabei auf der Tour sollte sein: Ausreichend Flüssigkeit, energiespendende Verpflegung, warme Bekleidung, festes Schuhwerk, Beleuchtung und auf jeden Fall das Mobiltelefon – eben für Notfälle.“
Wie hilft man sich, wenn man kein Handy dabei hat, oder kein Empfang ist?
BALTHASAR LAIREITER: „Mit dem alpinen Notsignal – sechsmal ein akustisches, optisches oder anderweitiges Signal innerhalb einer Minute abgeben, eine Minute aussetzen und diesen Vorgang so lange wiederholen, bis Antwort – ein dreifaches gleiches Signal innerhalb einer Minute – zurückkommt. Das alpine Notsignal gilt international.“
Wie schaut die Situation im Lungau aus? Haben wir ausreichend freiwillige Bergretter?
BALTHASAR LAIREITER: „Wir sind eher gesegnet im Lungau, was das betrifft. Der Zulauf ist gut. Derzeit sind im Bezirk Tamsweg 97 Bergrettungsleute einsatzfähig, davon sind übrigens fünf weiblich. Vor kurzem konnten wir auch unser erstes Einsatzfahrzeug für die Ortsstellen Tamsweg und Ramingstein anschaffen.“
Interview: Peter J. Wieland
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.