Kunstszene in Mariahilf
Hilfe für das Nachtasyl
Das Nachtasyl in der Stumpergasse 55 in Mariahilf steht vor dem Aus. Corona und eine nötige Sanierung sei Dank. Inhaber Dan Lestrade bittet um Unterstützung.
MARIAHILF. 33 Jahre lang bot das Nachtasyl, zu Hause in der Stumpergasse 55, noch unbekannten Künstlern, darunter Buchautoren, Sängern, ja sogar Tänzern, eine Plattform für ihre Kunst. Die zahlreichen Gäste schätzten das unkonventionelle Ambiente genauso wie das gebotene Kulturprogramm, welches immer wieder für Überraschungen sorgte.
Doch 33 Jahre hinterlassen Spuren. Nicht nur in den Herzen der Besucher, sondern leider auch an den Gemäuern. Dies entdeckte Dan Lestrade bei der Neuübernahme des Lokals. "Der Keller, Baujahr 1901, ist so feucht, dass die Auswirkungen noch in den darüber liegenden Wohnungen zu erkennen sind", so der 34-jährige Besitzer. "Eine Trockenlegung ist unumgänglich, die Sanierungskosten sprengen jedoch meine Vorstellungskraft. Ein Kredit kommt leider nicht in Frage." Das Lokal ist jedoch eine Mariahilfer Institution und auch sein Herzblut hängt daran. Immerhin hat er bereits als Schüler sehr viel Zeit darin verbracht. Aufgeben will er deshalb nicht, so rief er eine Spendenaktion ins Leben.
Keller im Nachtasyl schimmelt
Offiziell hat Dan Lestrade das Nachtasyl nach dem ersten Lockdown im April 2020 übernommen. "Zwei Jahre habe ich dort bereits gearbeitet und als der Besitzer in Pension gehen wollte, war es für mich ausgeschlossen das Lokal und die damit verbundene Geschichte einfach aufzugeben", so der eigentlich ausgebildete Fotograf und Drehbuchautor Lestrade. Erst als er eine Sanierung der in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten anstrebte, merkte er, dass diese Übernahme eine deutlich teurere Angelegenheit werden würde. Stichwort: der Keller. "Ich habe viele neue Ideen für das Nachtasyl, unter anderem wollte beziehungsweise will ich in dem Keller möglicherweise ein kleines Theater etablieren. So stieß ich auch auf die Feuchtigkeit im Lokal."
Laut einem Bauunternehmer drückt das Grundwasser unter dem Nachtasyl nach oben. Deshalb schimmelt der Boden und auch in den Wänden ist die Nässe sichtbar. Gestank und Schimmel ist deswegen in den Räumen nicht von der Hand zu weisen. "Ohne eine Sanierung ist eine Wiedereröffnung fast nicht möglich. Ich würde neue Möbel kaufen, die aufgrund der schlechten Voraussetzungen in zwei Jahren wieder hinüber wären", so der Besitzer.
"Die hohen Kosten sind der Tatsache geschuldet, dass wir hier über eine Fläche von über 300 Quadratmeter sprechen. Wissen muss man aber auch, dass es in diesem Fall so ist, dass man nicht einmal einen kleinen Bagger in den Keller bekommt und alles in „Handarbeit“ gemacht werden muss," so Lestrade. "Alleine den angefallenen Bauschutt, welcher um die 220 Kubikmeter ausmachen wird, muss man händisch auf die Straße in Container schleppen. Ebenso verhält es sich mir dem Baumaterial, welches nach unten gebracht werden muss. Ich werde selbstverständlich mit anpacken, so wie beim gesamten darauf folgenden Ausbau, aber das ist auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein."
Erinnerungen aus dem Nachtasyl
Trockenlegung plus anschließende Bodenversiegelung würden 250.000 Euro kosten. Ein Betrag der für den Neuunternehmer nicht stemmbar ist. "Um Hilfe zu bitten fällt mir schwer. Für die einen ist es ja nur ein Lokal", so Dan Lestrade. Doch dass es für viele Menschen auch eine Art Zuhause war, beweisen die zahlreichen Stimmen die bei der bz eingegangen sind:
"Ach, ich war immer wieder mal da. Es hat einfach eine eigene Ausstrahlung, gutes Bier und originelle Gäste. Dazu viele Kulturschaffende der verschiedensten Richtungen. Ich möchte weder das Nacht- noch das Tagasyl missen, diese Locations müssen erhalten bleiben. Im letzten Jahr haben wir im Nachtasyl noch für eine Performance den letzten Durchlauf geprobt! Mit dem Dan als Chef, kommt junger, frischer Wind", so Alfred Schibor.
"Als wir 15-jährige Teenager waren (glaub 1992) waren wir zum ersten mal in unserem Leben in der Nacht auf Wien-Ausflug: Metallica in der stadthalle. Es gab drei Sachen in Wien von denen wir gehört hatten, deren Strahlkraft also scheinbar über die Stadt hinaus bis zu den Teenies in der Pampa wirkte: Das Bermuda Dreieck (Lokal "Steinzeit"), das Cafe Landtmann beim Westbahnhof und: Das Nachtasyl! Man konnte dort wunderbar auf den ersten Zug um 5 Uhr in der Früh zurück nach Landeierhausen warten. Später als ich dann nach Wien zog wurde es natürlich sowieso zu einem präferierten Stammlokal"
erzählt Alfred Satani.
"Als Musiker hatte ich das Glück im Nachtasyl live Spielen zu dürfen, und kann mich an einen Abend voller guter Laune und netten Gesprächen erinnern. Dan war ein hervorragender Gastgeber, mit dem man sich vor sowie auch nach dem Auftritt gut unterhalten konnte. Es war mir eine Freude dort zu Spielen, und ich hoffe das es auch zukünftig wieder möglich ist"
erzählt Chris E. Uboh.
"Ich bin eine Slowakin die im Jahr 2007 im Wien gelandet ist. Damals hab ich hier niemandem gekannt. Mit der Zeit hab ich paar Kontakte mit meinen Landsleuten geknüpft die mich am einem Sommerabend ins Nachtasyl gebracht haben. Es war der Hammer! Das Publikum war so gemischt, dass es richtig toll war. Man hat am jeden Tisch andere Sprachen gesprochen, Lebensgeschichten erzählt, wenn man Lust hatte zum Tanzen, ist man aufgestanden und zwischen den Tischen einfach nur getanzt. Musiker, Künstler, Politiker, Obdachlosen , mit Krawatte oder bunten Haaren, egal welche "Schichten" von Menschen haben sich zusammen gefunden"
so ein Facebook-Kommentar von BiBa BaYba Kudziova.
Und auch Politiker, wie zum Beispiel Michi Reichelt (Grüne), Stellvertretender Bezirkschef Mariahilfs meldete sich zu Wort:
"Wer sich an Besuche im Nachtasyl erinnern kann, hat es nicht erlebt."
Es gäbe noch viele weitere, dies würde jedoch den Rahmen dieses Berichts sprengen. Um weiterhin ein Ort der Begegnung zwischen Kunst und Menschen aller Schichten und Interessen zu sein, ruft Dan Lestrade nun zur Spendenaktion auf: "Bitte rettet das Nachtasyl und damit auch meine Existenz. Jeder Betrag hilft."
Gespendet werden kann entweder mittels PayPal unter https://paypal.me/pools/c/8uQJpkNN2l
oder auf das Konto des Lokalinhabers:
IBAN: AT72 2011 1843 3032 0200
BIC: GIBAATWWXXX
Auch mittlerweile namhaften Künstlern ist das Bestehen des Nachasyls ein Anliegen. So haben sich unter anderem Yasmo von Yasmo & die Klangkantine, der Nino aus Wien und Voodoo Jürgens an der Spendenaktion beteiligt. Ein weiterer besonders netter Zug kam von Künstlerin Bettina Puchberger. Sie spendete eines ihrer Gemälde zur Versteigerung.
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