Corona
Rechtzeitig aus dem Paradies gerettet
Das Reisejahr der beiden Rabensburger Segler Ulrike und Christoph Potmesil fand mit der Corona-Krise ein jähes Ende. Im Zuge der Repatriierungsflüge wurden sie nach Österreich geholt.
RABENSBURG/TENERIFFA. „Es fühlt sich nach Flucht an, nicht nach Rettung.“ Die Gänserndorfer Bezirksblätter-Redakteurin Ulrike Potmesil und ihr Mann Christoph befinden sich zu Hause in Rabensburg in Heimquarantäne und müssen die vergangenen Stunden erst mal realisieren. Gerade noch saßen sie im Cockpit ihres Segelbootes Maha Nanda, sanft geschaukelt von der Atlantikdünung, frühstückten unter blauem Himmel mit Blick auf den höchsten Berg Teneriffas, den 3718 Meter hohen Teide und jetzt: Szenenwechsel. Das winterliche Weinviertel - wieder nahe bei Familie und Freunden und doch weit weg. Soziale Distanz statt Willkommensfest.
„Wir haben das Abenteuer unseres Lebens gelebt, segelten durch Stürme, fuhren in einer emotionalen Achterbahn, hatten extreme Krisen und unfassbare Glücksmomente, wir lernten fantastische Menschen kennen, staunten angesichts meterhoher Wellen und weinten Freudentränen, wenn nach einer langen Nacht am Atlantik die Sonne aufging und Wale unser Schiff begleiteten - aber unsere Rückreise war ebenfalls abenteuerlich. Wenn auch in anderer Qualität“, erzählt Christoph Potmesil.
Schweinereien an der Leine
Das Umsetzen der restriktiven Verordnungen in Spanien treibt skurrile Blüten. Weil Spazierengehen verboten, mit dem Hund Gassigehen jedoch erlaubt ist, werden die Spanier kreativ und führen Schweine oder Stoffhunde an der Leine.
Verboten ist auch gemeinsames Autofahren, alleine am Strand sitzen oder fischen sowie zu dritt im Taxi zu sitzen. „Wir mussten mit zwei Taxis zum Flughafen fahren. Warum? Damit wir, falls wir infiziert sind, gleich zwei anstecken können? Oder weil die Wahrscheinlichkeit, dass einer der beiden Taxler infiziert ist und das Virus auf einen von uns überträgt, größer ist?“, rätseln die beiden Rabensburger.
Als ebenso fragwürdig wie inkonsequent erwiesen sich die Schutzmaßnahmen am Flughafen Teneriffa. Da die beiden Österreicher gemeinsam mit 200 Landsleuten im Zuge der Rückholaktion in Zusammenarbeit mit Außenministerium und Botschaft einen Repatriierungsflug in Anspruch genommen hatten, hieß es, bereits drei Stunden vor Abflug am Flughafen zu erscheinen.
Zwei Stunden stand man dicht an dicht in der Warteschlange - manche trugen Schutzmasken und -handschuhe, andere gestrickte Stirnbänder oder Schals vor Mund und Nase, Golfhandschuhe, Lederhandschuhe, Wollhandschuhe, Plastiksackerl, andere gar keine Schutzmaßnahmen. Weitere Stunden verbrachte man in Gesellschaft von Hunderten anderen Fluggästen bei den Fluggates und erst beim Boarding, zu dem die Passagiere des Flugs nach Wien mit drei Stunden Verspätung aufgerufen wurden, wurde man zum Tragen von Schutzmasken verpflichtet.
Soziale Distanz im Paradies
„Wir lebten monatelang zu zweit auf unserer Arche, unserem Segelboot. Nirgendwo kann soziale Distanz besser - und schöner - gelebt werden als in einer traumhaften Ankerbucht. Wenn wir uns tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert haben, dann beim Gruppenkuscheln am Flughafen“, meint der Skipper trocken. Immerhin konnten die beiden „Geretteten“ ihre körperlichen Grundbedürfnisse soweit kontrollieren, dass sie vom gemeinsamen Schlangestehen mit 150 der 200 Flugpassagiere vor der einzigen Toilette des Flugzeuges Abstand nehmen konnten. „Risiko reduziert“, grinst Potmesil.
Und jetzt? „Zwei Jahre haben wir uns auf unsere Reise vorbereitet, elf Monate brauchten wir, um von Holland aus durch den Ärmelkanal entlang der Atlantikküste und über Afrika bis zu den Kanaren zu kommen und in vier Stunden wurden wir zurückgebeamt.“ Physisch sind die beiden in Rabensburg angekommen, mental sind sie dreitausend Seemeilen weit weg.
Reiseblog
Über Highlights und Tiefpunkte, schräge Situationen und berührende Momente, über den sehr speziellen Alltag des Langfahrtsegelns und die schönsten Orte am Meer von Nordeuropa bis Afrika schreibt Ulrike Potmesil in ihrem Blog www.sailing-mahananda.com.
Zur Sache: Repatriierungsflüge
Laut Außenministerium haben sich 47.000 Österreicher mit Auslandsaufenthalt offiziell registriert, 4000 wurden mit Notflügen heimgeholt (Stand 25. März). Das Ministerium rät Touristen dringend zur Heimkehr. Dazu muss man sich auf der Webpage des Ministeriums registrieren, bekommt per Mail und SMS eine Info über den nächstmöglichen Flug und meldet sich telefonisch über eine Hotline für diesen an. Die Flugkosten werden von den Reisenden getragen.
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