Europa-Kongress zur Sanitärwende
Toilette der Zukunft schont Umwelt & wird zum großen Geschäft

Foto: Kristina Huch
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Wolkersdorfs Öklo-Gründer Niko Bogiansidis: „Wir alle werden in Zukunft auf neue Toiletten gehen, die wertvolle Ressourcen erschließen und Fäkalien zu Geld machen!“

WOLKERSDORF. Am vergangenen Wochenende trafen sich auf Initiative des österreichischen Erfolgs-Startups Öklo in Wolkersdorf nahe Wien die Crème de la Crème der europäischen Sanitär-Wissenschaft und Forschung genauso wie die wichtigsten wirtschaftlichen Player auf diesem Gebiet. Ihr Tenor: „Die Sanitärwende wird nicht zuletzt aus ökologischem Antrieb aber auch aus kommerziellem Nutzen auf Sicht zur Realität und zum Massenphänomen.

Testsiedlungen und Eco-Villages für oft 1.000 Menschen und mehr in Deutschland und der Schweiz, ganze Veranstaltungsgebäude wie das Kongresszentrum Darmstadt oder Humus-Testanlagen für menschliche Ausscheidungen von Berlin bis Zürich unter der Schirmherrschaft der EU sind Vorreiter . Sie gewähren bereits einen spannenden Blick in diese Zukunft. Die Prognose: Wir werden auf andere, neuartige Toiletten gehen, die den Kreislauf schließen. Mit ihnen werden in Zukunft die Umwelt geschont, massiv Ressourcen gespart und neue, wertvolle Rohstoffe für Dünger, Energie oder Baustoffe gewonnen werden können. Schlussendlich wird also ein erträgliches Geschäft in Gang gesetzt, was bekanntlich meist die beste Triebfeder ist.

Lichtjahre

Ein sichtlich zufriedener Öklo-Geschäftsführer, Niko Bogianzidis zieht nach dem größten europäischen Kongress zur Sanitärwende, den das Startup am vergangenen Wochenende im Schloss Wolkersdorf veranstaltete, Bilanz: „Gerade wenn man zurückblickt, wo wir zu Beginn vor fünf Jahren gestanden sind, hat sich die gesamte Branche wirklich um Lichtjahre weiterentwickelt. War die Sanitärwende hin zum nachhaltigen und wirtschaftlichen Umgang mit menschlichen Fäkalien damals noch ein frommer Wunsch von Ökofreaks wie uns, hat sich die Entwicklung mittlerweile verselbstständigt und enorm beschleunigt.“

Klar stehe man, so Bogianzidis weiter, wenn man den gesamten Prozess betrachte, noch immer am Anfang. Aber die Professionalisierung, die enormen Forschungsfortschritte und zunehmend auch erste politische, vor allem wirtschaftliche Akzeptanz und die wachsende Anerkennung in der Bevölkerung sei für ihn zu Beginn noch fast undenkbar gewesen.

Vorreiter

Das Öklo, mittlerweile mit führender Anbieter für mobile Toiletten in Österreich und europaweit größter Anbieter von Komposttoiletten, einen größeren Plan als mobile Sanitäranlagen verfolgt, wurde spätestens an diesem Wochenende klar. „Für nachhaltige Veränderung muss an einer Ecke der Kreislaufwirtschaft angefangen werden, in unserem Fall eben mit ökologisch verträglichen Trockentoiletten und Sägespänen. Trotzdem arbeiten wir natürlich parallel bereits an Folgeprodukten der gesammelten Fäkalien – konkret werden wir beispielsweise noch dieses Jahr die skalierbare Erzeugung des wertvollen Langzeitdüngers Struvit auf Basis von Phosphat aus Urin starten.“

Den nächsten Schub erhofft sich Öklo dann durch die ebenfalls noch dieses Jahr kommende Novelle des Kompostgesetzes, mit dem hoffentlich dann auch wie beispielsweise in Schweden oder Testanlagen in Deutschland die Verwendung von menschlichen Fäkalien für Feld-Dünger und Humus auch gesetzlich eine Grundlage erhalten könnte.

Leuchtturmprojekte

Wie auf der Konferenz ebenfalls präsentiert wurde, gibt es aber auch international, oft unter der kräftigen Mithilfe der europäischen Union von Spanien, bis Schweden, Deutschland oder der Schweiz immer mehr Leuchtturmprojekte, die besser Nutzung von menschlichen Fäkalien und ihren Folgeprodukten möglich machen. So entsteht in Deutschland mit der EcoVillage Hannover gerade ein eigenes Viertel mit 500 Wohneinheiten für über 1.000 Menschen, in dem einerseits Trocken-Toiletten in Tiny-Häuser sowie neuartige Urintrenn-WCs des bekannten Sanitäranbieters Laufen in Mehrfamilienhäuser verbaut werden. Letztere dürften auf Sicht mittelfristig zum neuen Standard werden, da die Trennung von Urin und Kot die hochwertige Nachverwertung der Exkremente erheblich erleichtert. Die dafür benötigten Zweirohr-Systeme wurden beispielsweise schon im Kongresshaus Darmstadt zukunftsweisend vorab eingebaut, können aber mittels Inlay auch nachträglich in bestehende Rohrsysteme von Gebäuden nachinstalliert werden. Kurzum - die Wende in Sachen Sanitär ist am Weg, auch und vor allem dank einer ambitionierten Startups aus dem niederösterreichischen Wolkersdorf, das als einer der Vorreiter auf diesem Gebiet hoffentlich auch weiterhin noch viel von sich hören machen wird.

Bessere Zukunft

Öklo-Gründer Niko Bogiansidis jedenfalls blickt optimistisch aber angesichts der Größe der Aufgabe auf demütig in einer hoffentlich grünere und bessere Zukunft: „Wir befinden uns hier in einem Marathon mit vielen Fallstricken, reden hier von Umwälzungen bei gesetzlichen Grundlagen bis zu Bauordnungen, die viele Jahre brauchen werden. Fakt ist aber, dass die Sanitärwende unglaublich an Dynamik gewonnen hat und mit diesem Schwung wollen wir nachhaltige Veränderung einläuten. Der klimaschonende Umgang mit Fäkalien bringt auch große wirtschaftliche Potentiale von Düngern und Baustoffen bis zur Energiegewinnung mit sich. All diese neuen Möglichkeiten wollen wir, die als einfach Anbieter von mobilen Häusln angefangen haben, der breiten Öffentlichkeit schrittweise präsentieren und zugänglich machen. Unser Ziel ist Innovation, aber vor allem auch ein Umdenken und ein Erkennen all der Vorteile, die eine funktionierende Kreislauftwirtschaft für uns und unsere Kinder mit sich bringt.“

Sanitärwende-Kongress

Der Sanitärkongress hat verdeutlicht, dass die Entsorgung von menschlichen Ausscheidungen eine der großen Herausforderungen der Zukunft darstellt. Es geht nicht nur darum, Abwasser zu beseitigen, sondern auch darum, es in seine Bestandteile zu trennen und die wertvollen Ressourcen wie Stickstoff, Phosphor oder organische Substanzen zurückzugewinnen. Dadurch können wir wertvolle Rohstoffe und Energiequellen erschließen und gleichzeitig den Wasserverbrauch und die Umweltbelastung reduzieren.

Die Diskussionen auf dem Kongress zeigten, dass es noch viele offene Fragen gibt und dass es keine einfachen Lösungen gibt. Es geht um komplexe Systeme, die von der Sammlung und Transport des Abwassers bis hin zur Verarbeitung und Wiederverwendung reichen. Es ist notwendig, innovative Technologien und Konzepte zu entwickeln, die die Kreislaufwirtschaft unterstützen und gleichzeitig hohe hygienische Standards gewährleisten.

Trotzdem ist man sich einig, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass es bereits viele vielversprechende Ansätze und Projekte gibt. Der Austausch von Ideen und Know-how auf dem Kongress war sehr wertvoll und inspirierend. Es wurde betont, dass es notwendig ist, auf politischer und gesellschaftlicher Ebene ein Umdenken zu fördern und die Akzeptanz für neue Ansätze und Technologien zu erhöhen.

Insgesamt kann man sagen, dass der Sanitärkongress verdeutlicht hat, dass wir uns erst am Anfang einer langen und wichtigen Reise befinden. Es wird noch viele Herausforderungen geben, aber wir sind auf dem richtigen Weg und es gibt Grund zu Optimismus. In 50 Jahren werden die Menschen sicherlich über den sorglosen Umgang mit menschlichen Exkrementen in vergangenen Generationen lachen, aber wir haben die Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Zukunft zu stellen. Wie Bauverordnungen, Anschlusspflichten und Sanitärinstallationen in Häusern und Siedlungen dann wohl aussehen werden?

15,29 Euro für das ganze Monat
Gestreut und nicht gespült
Foto: Kristina Huch
Foto: Kristina Huch

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