Bilder aus dem Untergrund: Eine Ausstellung für die Gruftkünstler
Michael geht jede Woche in die Gruft zum Malkurs. Seine Werke und die der anderen Gruftkünstler sind ab 10.12. im Künstlerhaus zu sehen.
WIEN. (tba). Vor einem Jahr hat sich Michaels Glück gewendet. Aus einem Leben, von dem er sagt, er habe damit abgeschlossen, ist er nach Wien gekommen – ohne Geld und ohne Bleibe. Gleich zu Beginn hat es ihn in die Obdachloseneinrichtung Gruft verschlagen, weil er die aus den Medien kannte.
Hier ist er jetzt Teil einer Gemeinschaft, auch wenn er nicht mehr in der Einrichtung wohnt: "Gleich nach einer Woche habe ich jemanden getroffen, der zum Essen in die Gruft kommt, der hat mir ganz billig ein Zimmer vermietet."
Michael ist aber noch oft hier: Einerseits weil er gegen ein Entgelt Küchendienste verrichtet, andererseits wegen des Malkurses. Seit vielen Jahren schon gibt es in der Gruft einen wöchentlichen Malkurs, nun ist auch Michael Acrylfarben und Ölkreiden verfallen.
Gelöste Stimmung
"Es ist eine angenehme Stimmung, während wir malen", sagt er. "Die Leute weinen und lachen dabei." Er selbst hört auch auf seine Gefühle und zeichnet sie mit dem Pinsel nach – auch die Brücke zu anderen wird über die Bilder geschlagen. "Man fragt sich gegenseitig, worum es in dem Bild geht, und erfährt so mehr über die andere Person", beschreibt er.
Alter Ego Annabelle
Er, der seine Bilder mit dem Namen Annabelle signiert, hat immer schon eine künstlerische Ader gehabt. "In meiner alten Heimat habe ich Theater gespielt, meine Kunstfigur war eine Frau, daher auch mein Künstlername", erzählt er. "Ich habe auch auf der Straße gesungen, ebenfalls als Frau, das war einfach auffälliger." Bald will Annabelle auch auf Wiens Straßen auftreten.
Zur Sache:
Michael ist einer der Gruftkünstler, deren Werke am 11. und 12.12. von 10 bis 18 Uhr (Eröffnung: 10.12. um 18 Uhr) in der Ausstellung "Kunststücke" im Künstlerhaus (Karlsplatz 5) zu sehen sein werden. Ihre Werke und auch jene von etablierten Künstlern werden zugunsten der Gruft in drei Preiskategorien (150, 250 und 350 Euro) verkauft. Die Werke der Gruftkünstler werden zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Mehr Infos hier.
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