Burgenlandgeschichte: Neues Buch über Spitzenbeamte der Zwischenkriegszeit
NEUSIEDL/SEE (doho). Das Burgenland als jüngstes Bundesland Österreichs musste nach dem Ersten Weltkrieg seine Identität (wieder-) entdecken. Dieser Selbstfindungsprozess dauert bis heute an, wie im bereits 110. Band der Reihe "Burgenländische Forschungen" zu lesen ist. "Brave Beamte, Opportunisten, Verfolgte. Die burgenländischen Spitzenbeamten von 1923 bis 1938" lautet der Titel des Bands, der gleichzeitig die Dissertation des Neusiedlers Michael Hess ist. "Als Mitarbeiter der Burgenländischen Landesbibliothek habe ich das Land bei einem Symposium zu diesem Thema vertreten und gemerkt, dass es da einiges an Material gibt.", erzählt Hess am Rande der Buchpräsentation im Weinwerk.
Sozialgeschichte
Der knapp 500 Seiten starke Band beschäftigt sich eingehend mit den Biografien der Abteilungsleiter und Bezirkshauptleute, mit ihrer Herkunft, und den Schwierigkeiten, die sie bei ihrer Arbeit im noch jungen Bundesland vorfanden. Der Magyarisierungspolitik Ungarns im ehemaligen Deutsch-Westungarn war es geschuldet, dass man kaum Personen vorfand, die das Schriftdeutsch ausreichend beherrschten. Schlaglichter wirft die Arbeit auch auf die Bruchjahre 1934 und 1938.
Politisch motivierte personelle Veränderungen an der beamteten Spitze standen dabei an der Tagesordnung.
Für 13 Personen hatte beispielsweise die Machtergreifung der Nationalsozialisten im März 1938 unmittelbare Auswirkungen, die von der Verhaftung durch die Gestapo über KZ-Haft bis hin zu Entlassungen und Pensionierungen reichten. Andere wiederum konnten ihre Karrieren fortsetzen, 21 Personen waren Mitglieder der NSDAP. Nach 1945 stützte sich die wiedererrichtete burgenländische Verwaltung einerseits auf Beamte von 1938, andere kehrten – auch aufgrund von Entnazifizierungsmaßnahmen – nicht mehr in den Verwaltungsdienst zurück.
Hess ist mit seiner Arbeit das Festhalten eines überraschend spannenden Stücks burgenländischer Zeitgeschichte gelungen. Nicht zuletzt aufgrund der teils unglaublichen Biographien!
Der Band ist im Burgenländischen Landesarchiv unter ines.illedits@bgld.gv.at bzw. 057-600/2351 um € 31,- bestellbar.
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