Bewässerungs-Debatte im Seewinkel
"Sündenbock-Denken ist da nicht produktiv"
Der Grundwasserspiegel im Seewinkel hat bei den Messstellen in Illmitz, Frauenkirchen, St. Andrä und Pamhagen einen bisher noch nie gemessenen Niedrigwert erreicht. Auch alle anderen Messstellen zeigen unterdurchschnittliche Pegelstände an. Politik und Landwirte wollen eine Lösung finden
SEEWINKEL. „Es ist nicht mehr 5 vor 12, sondern kurz vor 12“, warnte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil schon vor zwei Wochen und übte heftige Kritik an der Landwirtschaft. „Ich sehe nicht ein, dass rund um die Uhr Weizen und Mais bewässert wird, wobei der Mais nicht einmal zur eigenen Lebensmittelversorgung herangezogen, sondern exportiert wird. Und ein paar Meter weiter diskutieren wir über den sinkenden Wasserstand des Neusiedler Sees. Da fehlt mir das Verständnis“, so Doskozil.
Einschränkungen
Mittlerweile gibt es in drei Regionen im Seewinkel Einschränkungen bei der Wasserentnahme, in acht Regionen gilt bereits eine Warnstufe. „Diese Maßnahmen waren leider notwendig“, erklärte Doskozils Stellvertreterin Astrid Eisenkopf Donnerstagabend in der ORF-Sendung „Burgenland heute“. Es müsse daher Maßnahmen geben. Eine davon ist das Verzichten auf eine Bewässerung der Felder in der Mittagszeit. „Diese ist natürlich mehr als ineffizient, es verdunsten in etwa 40 Prozent der Menge.“
Man sei nun gerade dabei, rechtlich zu prüfen, ob man in die aufrechten Bewilligungsbescheide, durch die Bauern und Landwirte das Recht haben, das Grundwasser zu verwenden, eingreifen kann. „Unserer ersten Einschätzung nach ist das dann gegeben, wenn berechtigtes öffentliches Interesse besteht“, so Eisenkopf, die Gespräche mit der Landwirtschaftskammer ankündigt, um „restriktivere Maßnahmen“ zu vereinbaren.
21 Millionen Kubikmeter Wasser
Nach jetzigem Stand dürfen im Seewinkel laut Eisenkopf rund 21 Millionen Kubikmeter Wasser zur Bewässerung herangezogen werden. Damit würde man den Wasserstand des Neusiedler Sees um sieben Zentimeter heben können, verdeutlicht die Landesrätin. Es gehe aber auch darum, Bewässerungen in die Abend- und Nachtstunden zu verlegen. Außerdem müssten auf das Anbauen anderer Kulturen – dafür gebe es auch rechtliche Möglichkeiten – sowie modernere Bewässerungssysteme gesetzt werden, so die Landeshauptmann-Stellvertreterin. Als Sündenbock wolle sie die Landwirtschaft allerdings nicht hingestellt sehen, denn es gebe bereits einige vorbildlich agierende Landwirtinnen und Landwirte.
ÖVP-Agrarsprecherin Laschober-Luif attestiert der SPÖ trotzdem ein "Bauernbashing", denn "jeder, der sich seriös mit dem Neusiedler See beschäftigt, weiß, dass die Bewässerung schlussendlich nicht für den niedrigen Wasserstand verantwortlich ist".
"Niederschlag fehlt uns allen"
„Das Problem mit dem Grundwasserspiegel besteht, der Jahresniederschlag fehlt uns allen“, bestätigt der Bio-Bauer Werner Falb-Meixner aus Zurndorf. Dafür habe man auch die „Interessengemeinschaft Bewässerung Bezirk Neusiedl am See“ gegründet (wir berichteten), die die Landwirte auch dazu aufgerufen habe, Felder nicht mehr in der Mittagshitze zu bewässern.
Der See selbst sei aber eine Badewanne und habe mit der Landwirtschaft nichts zu tun. Die von Eisenkopf angeführten sieben Zentimeter mehr Wasser stünden dem See daher sowieso nicht zur Verfügung. Die geplante Wasser-Zuleitung aus der Moson-Donau sei hingegen sicher eine Hilfe. Es gebe außerdem ein Projekt für Wasserrückhaltekanäle, mit dem künftig das Grundwasser gespeist werden soll. Der Projektantrag liege zurzeit in Brüssel und warte auf eine Genehmigung.
Was die Kulturen betrifft, so brauche es auch in Zukunft jedenfalls für die vier Hauptkulturen im Seewinkel – Kartoffeln, Wein, Gemüse und Saatmais – genügend Wasser. „Wir erzeugen drei Prozent der Lebensmittel für Österreich, das klingt nicht viel, aber wenn wir das verlieren, verlieren wir nicht nur die Arbeitsplatze sondern die ganze Region verliert. Es kann nicht sein, dass wir die Seewinkler Kartoffeln durch Ägyptische ersetzen müssen.“
Spätestens Anfang September sollen Gespräche mit der Landesregierung weitere Maßnahmen auf den Weg bringen. „Wir sollten gemeinsam eine Lösung finden, ein Sündenbock-Denken ist da nicht produktiv.“
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