Lackensterben
Umweltdachverband informierte im Nationalparkzentrum
Im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums tourt der Umweltdachverband durch die Bundesländer Österreichs.
ILLMITZ. Heute war ein Team im Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel zu Gast, um vor Ort auf das Lackensterben aufmerksam zu machen.
Zentrales Schutzgut
Die pannonischen Salzlacken gelten als prioritärer Lebensraum der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und damit eines der zentralen Schutzgüter im Nationalpark.
"Für viele Watvögel wie Schnepfen und Strandläufer sind die Flachwasser-Gebiete um den Neusiedler See als Brutplatz überlebenswichtig und für bis zu 20.000 Krick- bzw. 8.000 Löffelenten wichtigster Rastplatz in Zentraleuropa. Zudem beheimaten sie spezifische Pflanzenarten wie Quelle und Salzaster. All diese Vögel suchen außerdem im seichten Lackenwasser nach Nahrung, etwa kleine Salzkrebschen, wie den seltenen Urzeitkrebs Branchinecta orientalis, der fast nur noch im Seewinkel vorkommen", ging Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes ins Detail.
Die Anzahl der Salzlacken ist jedoch in den letzten Jahren massiv zurückgegangen: Von den ursprünglich 140 sind bestenfalls noch 30 intakt.
Lacken süßen aus und verlanden
Bei einer intakten Salzlacke ist der Lackenboden nach unten hin dicht, das Grundwasser liefert durch die Kapillarwirkung Salze in das System. Reißt diese Verbindung durch das Sinken des Grundwasserspiegels über längere Zeit ab, süßt die Lacke aus und verlandet sukzessive. Die Neubildung von Grundwasser erfolgt ausschließlich über Niederschlag – schon aus klimatischen Gründen ist die Situation der Salzlacken im Seewinkel trotz der diesjährigen vorsommerlichen Niederschläge weiterhin angespannt. Hinzu kommt, dass bewässerte landwirtschaftliche Kulturen innerhalb der vergangenen Jahre massiv zugenommen haben.
"Die größte der über 40 Salzlacken im Nationalpark, die Lange Lacke, ist bereits verlandet, weil sie kein Wasser mehr halten kann. Das darf mit den verbliebenen intakten Lacken nicht passieren! Wir müssen daher dringend den Wasserhaushalt in Ordnung bringen. Die künstliche Salz- und Wasserableitung in den verbliebenen Salzlacken sollte auf ein Minimum reduziert, der Grundwasserspiegel muss angehoben werden. Es braucht einen konsequenten Wasserrückhalt und eine Umstellung auf weniger bewässerungsintensive Kulturen", betonte Johannes Ehrenfeldner, Direktor des Nationalparks Neusiedler See - Seewinkel.
Naturtourismus
Abgesehen von der Bedeutung für Flora und Fauna sei der Naturtourismus mit Birdwatching und mehr ein wichtiges Asset für die Region. Insbesondere die Monate April und Mai bzw. August und September locken tausende Hobby-Ornithologinnen und -Ornithologen aus dem In- und Ausland in unsere Breiten.
"Um Naturschauspiele wie den Gänsezug im Spätherbst und Winter zu erhalten, reicht der Regen der vergangenen Monate nicht aus. Denn hier im Seewinkel ist es, wie in vielen anderen Regionen, um den Grundwasserspiegel nicht gut bestellt. Die Landesregierung hat die Zeichen der Zeit erkannt und arbeitet bereits an effektiven Lösungswegen. Und wir müssen rasch handeln, um langfristig Wasser in der Region zu halten und zu sparen. Ansonsten wird dieser einzigartige Lebensraum, wie sich bei der Langen Lacke bereits gezeigt hat, nicht länger existieren", so Gábor Wichmann, GF von BirdLife Österreich und Vorstandsmitglied im Umweltdachverband überzeugt.
Managementplan
Eine wichtige Rolle in der Rettung dieser letzten verbliebenen Naturjuwele spielt für den Umweltdachverband der Anfang 2023 veröffentlichte Managementplan des Nationalparks mit u. a. Maßnahmen zur Erhaltung und Renaturierung der pannonischen Salzlebensräume.
"Ausschlaggebend dabei ist die Anhebung des Grundwasserspiegels, denn durch die künstliche Entwässerung für die Landwirtschaft können viele Lacken ihr Wasser nicht mehr dauerhaft halten und verlanden früher oder später. Intelligentes Management des Wasserhaushaltes ist deshalb im Seewinkel oberstes Gebot", stellten die Vertreter des Umweltdachverbands heute in Illmitz klar.
LIFE-Projekt "Pannonic Salt"
Ein weiterer zentraler Schritt wurde mit dem aktuellen, von der EU mit 12 Mio. Euro dotierten LIFE-Projekt "Pannonic Salt" gesetzt. In den kommenden fünf Jahren soll der Rückhalt von Oberflächenwasser im Seewinkel durch die Errichtung von Wehren und dem Rückstau der unzähligen Entwässerungsgräben verbessert werden. Als vorbereitende Maßnahmen werden derzeit vom Land Burgenland in den Nationalpark-Gemeinden sämtliche Hauptentwässerungskanäle erhoben und mit wasserrechtlich bewilligten Wehranlagen versehen, um auch außerhalb des Nationalparks den Rückstau des Wassers zu gewährleisten.
Der Umweltdachverband und BirdLife Österreich fordern die Landespolitik weiter dazu auf, effektive Lösungen zu erarbeiten und vor allem diese rasch umzusetzen, um die Salzlacken noch retten zu können.
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