Interview mit Markus Sautner von Golser Bier
"Kein Schaden ohne Nutzen."

"Den Nachteil, den ich habe, haben alle anderen auch", fasst es Markus Sautner pragmatisch zusammen und zeigt sich insgesamt zufrieden mit der Auslastung der letzten Monate. | Foto: helmreichfotografiert
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  • "Den Nachteil, den ich habe, haben alle anderen auch", fasst es Markus Sautner pragmatisch zusammen und zeigt sich insgesamt zufrieden mit der Auslastung der letzten Monate.
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GOLS. Markus Sautner von Golser Bier erzählt im Interview, dass er die letzten Monate mit Lockdown usw. nicht nur negativ erlebt hat.

BEZIRKSBLÄTTER: Wie schaut’s aktuell Corona-bedingt am Markt aus?
MARKUS SAUTNER: Es ist sehr unplanbar und unvorhersehbare Ereignisse sind quasi an der Tagesordnung. Momentan herrscht extremer Druck. Wir überlegen jeden Tag, wie wir den nächsten logistisch schaffen, sprich alle bestellten Waren ausliefern. Die Wirtshäuser dürfen wieder öffnen und haben auch sehr gute Kundschaft.
Auf der einen Seite hat man viel Druck und möchte und könnte viel verkaufen aber durch den Abriss durch den Lockdown geschehen viele Arbeiten mit größerer Verspätung, als wir es zuvor gewohnt waren. Zahlungen gehen später ein, dadurch dauert es wieder länger, die Lücke, die im Lockdown entstand, zu füllen. Gleichzeitig kommen die Lieferanten nicht mit dem Nachliefern nach. Man hat das Gefühl, man arbeitet ohne Pause, aber es kommt nichts in den Betrieb hinein, weder Zahlungen noch Zulieferungen.

Sautner und sein Team stehen aktuell einer täglichen Unplanbarkeit gegenüber. | Foto: helmreichfotografiert
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Besonders unsere Generation war und ist es gewohnt, dass alles immer noch schneller gehen muss. So etwas wie aktuell kannten wir schlichtweg nicht. Es musste alles immer sofort verfügbar sein – die Sinnhaftigkeit kann man in Frage stellen. Aktuell bleibt uns aber nichts anderes übrig, als ein anderes Verhalten zu lernen, deshalb beschwert sich auch keiner. Wir sitzen alle im selben Boot. Den Nachteil, den ich habe, haben alle anderen auch. Hätte ich alleine das Problem und der Mitbewerb nicht, könnte ich nicht bestehen, aber es hat ja jeder die gleichen Einschränkungen.

Wie zeigt sich dies genau?
Wir bekommen oft nicht mal ein Drittel von Zuliefer-Waren, die wir ursprünglich bestellt hatten. Auch konnten wir einige Monate keine Schankanlagen bauen, weil uns schlichtweg einzelne Komponenten nicht geliefert wurden. Wir mussten zum Beispiel ein paar Wochen lang in grüne Flaschen abfüllen, weil braune ausverkauft waren und nicht rechtzeitig produziert werden konnten. Da sind wir vor der Entscheidung gestanden, ob wir zuwarten oder aus dem Ausland importieren. Denn prinzipiell achten wir darauf, so weit es geht, alle Beschaffungen in Österreich zu machen – von transparent nachvollziehbaren Unternehmen. Wir haben uns daher für grüne Flaschen aus Österreich entschieden, anstatt braune zu importieren. Glücklicherweise haben die Kunden unsere Entscheidung akzeptiert.

Woran liegt das?
Ich frage mich, warum solche Schwierigkeiten bei den Unternehmen noch heuer bestehen, obwohl wir doch schon ein Jahr Lockdown hinter uns haben.  Ich denke, dass viele größere Betriebe – und das branchenübergreifend – versucht haben, die Kurzarbeit und andere Förderungen zu nutzen und dabei minimale Investitionen zu tätigen. Denn überall besteht das gleiche Problem: Bis die Ware überhaupt produziert ist, sind die Koste bereits entstanden und bis es ausgeliefert und schlussendlich bezahlt ist, vergehen wieder einige Monate. Viele haben daher einfach den sicheren Weg gewählt: Lieber einen Engpass zu haben und „ausverkauft“ zu sein, als Unmengen investiert zu haben und auf der Ware sitzen zu bleiben. Zusätzlich hat man begrenzte Lagerflächen. Einerseits ist das Verhalten daher verständlich, aber nach einem Jahr könnte man daraus lernen.

Wie könnte man es besser machen?
Es kann immer etwas ausgehen, wir sollten nicht mit drei Wochen Vorlaufzeit kalkulieren, sondern mit drei Monaten. Aber aktuell ist alles sehr schwer planbar. Dies verhindert (größere) Investitionen, wie bei uns zum Beispiel die Flaschenabfüllung als zweiten Schritt zur fertiggestellten Halle bereits vor Corona-Zeiten. Nun warte auch ich, weil ich nicht weiß, was im Herbst passiert. Das ist natürlich nicht gut, denn alle Branchen bräuchten Aufträge. Es ist für mich sehr schwammig: Einerseits hältst du deine Investitionen zurück, was aber eigentlich garnicht notwendig ist, weil ohnehin keiner liefern kann.
Geliefert muss alles sofort werden, aber alles, was in den Betrieb fließt, Geld- und Warenfluss, passiert momentan verzögert. Und das macht das Wirtschaften schon schwierig.

Wie war es letztes Jahr?
Im ersten Lockdown war niemand im Betrieb, da bin ich selbst ausliefern gefahren, da war ich aber mit einem LKW für einen Tag fertig, normalerweise haben wir pro Tag sieben LKWs auf der Straße.
Wir hatten keine Entlassungen, wir waren in Kurzarbeit. Komplett zu hatten wir nicht, temporär waren wir auf einer 17-prozentigen Auslastung. Dies war Arbeitszeitleistung, hauptsächlich Logistik.

Der Lockdown lies Sautner entdecken, dass durch eine längere Lagerung noch harmonischere Biere entstehen. | Foto: helmreichfotografiert
  • Der Lockdown lies Sautner entdecken, dass durch eine längere Lagerung noch harmonischere Biere entstehen.
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Die Herstellung stand still. Wir arbeiten nach dem Prinzip „immer voll“: Das heißt, die Tanks sind bei uns immer gefüllt. Das war auch damals so, einerseits um beim Aufsperren wieder „ready“ zu sein und andererseits weil es beim Bier nicht so tragisch ist, wenn es länger in der Reifung bleibt. Im Gegenteil: Wir sind sogar zur Erkenntnis gelangt, dass wir unsere Reifezeiten noch weiter ausbauen könnten. Denn das Bier, das nach dem Lockdown – nach vier monatiger Reife – abgefüllt wurde war harmonischer und runder im Geschmack. Kein Schaden ohne Nutzen.

Also gab es auch positive Auswirkungen?
Durch den größeren Anteil an Inlandstourismus war 2020 bis zu 20 Prozent mehr Umsatz in der Gastro im Vergleich zu 2019. Trotzdem kompensiert dies nicht die fehlenden Veranstaltungen. Insgesamt hatten wir 2020 weniger Einnahmen – auch wenn man die Lockdowns von den Arbeitsmonaten trennt. Diesen Trend erwarten wir auch 2021 und haben uns deshalb nicht intensiv auf Veranstaltungen vorbereitet, auch weil es dahingehend laufende Absagen gab und gibt. Unser Veranstaltungstechnik-Equipment ist jedoch – wir haben trotz Lockdown erweitert – bereits nächste Woche wieder ausgebucht.
Der Tourismus ist aber noch nicht auf dem Niveau wie früher. Wir hatten früher pro Woche zwei bis drei Busse mit Gruppen – meist ältere Leute. Das fehlt schon. Die Erträge aus reinem Tourismus – Besichtigungen, Ausschank vor Ort – ist noch deutlich hinten nach. Obwohl der Tourismus grundsätzlich ja läuft.

Gruppenreisen und allgemeiner Umsatz aus dem Tourismus fehlen noch. | Foto: helmreichfotografiert
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Eine Frucht von Corona für uns war auch die Übernahme eines benachbarten Getränkehandels-Kollegen aus dem Oberpullendorfer Bezirk – wobei die Veräußerung schon vor Corona im Gespräch war. Dies hat uns in der Auslastung sehr geholfen und vor Allem ist das Gebiet sehr zugänglich für uns. Wir wurden als regionaler aber professioneller Betrieb mit offenen Armen empfangen. Denn dort waren bisher sehr viele Konzerne tätig. Unser Gebiet ist der Oberpullendorfer Bezirk, bis rauf in die Schneeberg-Gegend, Wiener Neustadt, sowie Wien und südlich der Donau.
Grundsätzlich kann man schon sagen, die Konsumation ist vorhanden. Wir haben auch laufend Mitarbeiter eingestellt und ausgebaut. Es war zufriedenstellend, vielen Betrieben geht es mit Sicherheit schlechter als uns.

Was sind post-Corona-Ziele?
Wir haben im Sommer täglich einen Brau-Vorgang – einen Sud – im Winter zwei bis dreimal in der Woche. Je Brauvorgang produzieren wir 6.000 Liter Bier. Würde ich ohne die Einbußen in Corona rechnen, würden wir heuer wieder einen Rekord schreiben. Bisher hatten wir immer rund 8.500 Hektoliter Bier, Biermischgetränke und alkoholfreies Bier – das sind 850.000 Liter Bier pro Jahr. Dabei gelten wir aber trotzdem weiterhin als „kleine Brauerei“.

1 Millionen Liter Bier im Jahr sind das angestrebte Ziel der "golser". | Foto: helmreichfotografiert
  • 1 Millionen Liter Bier im Jahr sind das angestrebte Ziel der "golser".
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Ohne der fehlenden Monaten hätten wir heuer mit ziemlicher Sicherheit die Millionen geschafft. Das ist unser internes Ziel, wo wir dann aber auch langfristig bleiben wollen würden. Damit haben wir eine positive Stimmung und Ansporn für die nächsten Jahre.

Besonders stolz ist der Jungunternehmer, Gastgeber der diesjährigen Brauerei-Hauptversammlung zu sein. | Foto: helmreichfotografiert
  • Besonders stolz ist der Jungunternehmer, Gastgeber der diesjährigen Brauerei-Hauptversammlung zu sein.
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Uns wird heuer außerdem eine besondere Ehre zu teil: Jedes Jahr findet vom Hauptverband der Brauereien Österreichs eine Jahresversammlung statt. Am 30. September – dem sogenannten Brau-Silvester – findet diese heuer zum ersten Mal im Burgenland bei uns statt. Das bedeutet für uns auch eine Art Respekt dafür, was wir als kleine Brauerei geschafft haben. Ich denke, es ist nicht nur für uns etwas besonderes, sondern auch für die Region bzw. das ganze Burgenland.

Viele Kollegen der Branche und darüber hinaus nutzen die "State-of-the-Art"-Anlagen der Privatbrauerei mit. | Foto: helmreichfotografiert
  • Viele Kollegen der Branche und darüber hinaus nutzen die "State-of-the-Art"-Anlagen der Privatbrauerei mit.
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Wir machen auch Lohntätigkeiten. Das heißt, wir machen bestimmte Prozess-Schritte für andere Betriebe. Zum Beispiel lässt eine andere Brauerei bei uns bestimmte Spezialitäten oder Winzer in Fässer abfüllen. Wir brauen auch für andere. Vor Corona hatten wir im Jahr etwa sechs bis acht Mal für andere gebraut, heuer haben wir diese Zahl bereits im Februar erreicht. Dadurch sieht man, dass die Leute trotz dieser eigentlich schlechten Ausgangsposition weiter arbeiten. Die Leute hören nicht auf, Dinge zu entwickeln und kreativ zu sein.
Es geht sogar so weit, dass andere Betriebe in uns investieren. Es gibt auf vielen Ebenen brancheninterne Zusammenarbeit. Man versucht, sich gegenseitig auszulasten, in unserem Fall besonders bei speziellen Formen von Abfüll-Anlagen. Dahingehend arbeiten auch Winzer gerne mit uns zusammen.

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