Kriegsgefangene aus Russland kehren heim
Paradigmenwechsel vor 100 Jahren
Am 3. Jänner 1921 legte ein Schiff im Hafen von Triest an. Auf ihm befanden sich entlassene Kriegsgefangene, die aus Russland heimkehrten. Jene, die sechseinhalb Jahre zuvor als Ungarn in den Krieg gezogen waren, waren bei ihrer Rückkehr fortan Österreicher und Burgenländer.
Aus der Gegend des neu entstandenen Burgenlandes stammend, waren sie Anfang August 1914 von Ödenburg Richtung Russland an die Ostfront aufgebrochen. Auch wenn man sieben Kinder hatte, die Frau mit dem achten Kind gerade schwanger und ein Bauernhof zu bewirtschaften war, wurde man nicht vom Militärdienst befreit. Alle wehrfähigen Männer mussten in den Krieg ziehen, für den die K.u.K.-Monarchie schlecht gerüstet war. Schon in Galizien stellten sich Versorgungsschwierigkeiten und Hunger ein. Unerfahrene Offiziere, mangelhafte Ausrüstung, Fehlentscheidungen und Chaos führten schon im September 1914, nach nicht einmal sechs Wochen ihrer Einberufung, in die russische Kriegsgefangenschaft, die sechseinhalb Jahre lang dauern sollte. Der Segen Gottes war von vornherein nicht mit den Absichten und Zielen der Mittelmächte Deutschland, Österreich-Ungarn und der Türkei in dieser kriegerischen Auseinandersetzung.
Das Schicksal verschlug diese Kriegsgefangenen bis nach Sibirien. Nach der kommunistischen Oktoberrevolution 1917 erschütterte Russland ein grausamer Bürgerkrieg. Der Erste Weltkrieg war längst vorbei, doch der Bürgerkrieg verhinderte die Rückkehr der Kriegsgefangenen in die Heimat. Die Züge konnten nicht durchgehend verkehren, weil die Eisenbahnlinien durch Gebiete führten, die abwechselnd von weißen und roten Bürgerkriegstruppen kontrolliert wurden.
Durch eine abenteuerliche Reise um die halbe Welt gelangten die Kriegsgefangenen schließlich doch zurück in die Heimat. Ein Schiff brachte sie von der ostsibirischen Hafenstadt Wladiwostok nach Nagasaki in Japan. Von dort ging es über das Chinesische Meer weiter nach Singapur. Danach über den Indischen Ozean, das Rote Meer, durch den Suezkanal, über das Mittelmeer und die Adria bis Triest. Die letzte Strecke bis in die Heimatorte wurde mit dem Zug zurückgelegt. Zuhause angelangt, standen die Heimkehrer vor vollendeten Tatsachen: Das Burgenland, wie dieser Landstrich in Zukunft heißen sollte, war nach eintausend jähriger Zugehörigkeit zu Ungarn von den Entente-Mächten Österreich zugesprochen worden.
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