Interview
Raucherentwöhnungs-Programm der PVA Bad Tatzmannsdorf: "Es ist immer richtig, damit aufzuhören"
Das Raucherentwöhnungs-Programm bildet einen der Schwerpunkte in der Arbeit des Rehabilitationszentrum der PVA in Bad Tatzmannsdorf. Die BezirksBlätter trafen dazu die Ärztl. Leiterin Prim. Univ. Prof. Dr. Jeanette Strametz-Juranek und Psychologin Tamara Reicher, BSc Msc zum Gespräch.
BezirksBlätter: Warum bildet die Raucherentwöhnung einen wichtigen Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Strametz-Juranek: Unsere Patienten kommen immer nach einem kardialen Ereignis, einer Herzerkrankung, zu uns. Gerade für diese Menschen ist es essentiell, das Rauchen als weiteren Risikofaktor in ihrem Genesungsprozess zu eliminieren. Der Rauchstopp ist eine der wirksamsten Maßnahmen, um einen zweiten Herzfinfarkt zu verhindern und die Grunderkrankung zu verbessern. Es ist daher immer der richtige Zeitpunkt, mit dem Rauchen aufzuhören.
Wie läuft dieser Prozess in groben Zügen in Ihrem Haus ab?
Reicher: Bei allen Patienten, die mit dem Rauchen aufhören möchten, wird zuerst eine umfangreiche Diagnostik zur Ermittlung der Patienten-Basisdaten durchgeführt. Danach werden Informationen über Abhängigkeit und Suchtverhalten vermittelt und anschließend eine individuelle Raucheranamnese durchgeführt. Dabei geht es vorrangig darum, z. B. klassische Situationen, wie zum Kaffeetrinken oder bei Belastung, in denen der Patient zur Zigarette greift, zu erkennen. Darauf aufbauend werden neue Verhaltensmuster gesucht und eingeübt, die die alten löschen sollen.
Werden alle Raucher in dieses Programm aufgenommen?
Strametz-Juranek: Nein, denn dieses Programm kann nur erfolgreich sein, wenn auch das entsprechende Commitment des Patienten gegeben ist. Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob er daran teilnimmt.
Sie beschäftigen sich in Ihrem Haus ja auch speziell mit der Gendermedizin, den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Erkrankungen von Frauen und Männern. Gibt es solche Unterschiede auch in der Raucherentwöhnung?
Reicher: Ja, denn beide Geschlechter zeigen unterschiedliches Suchtverhalten, Frauen greifen in anderen Situationen zur Zigarette als Männer. Frauen rauchen eher in negativen Lebenssituationen, wenn sie Stress haben oder die Belastung steigt. Männer rauchen eher in positiven Situationen, z. B. in Gesellschaft. Frauen verwenden die Zigarette oft auch als Selbstmedikation zur Beruhigung, da sie generell eher zu Depressionen und Angsterkrankungen neigen.
Zeigen sich diese geschlechtsspezifischen Unterschiede auch in den Erfolgsquoten des Raucherentwöhnungs-Programms?
Reicher: Im Zeitraum von November 2016 bis Oktober 2019 haben wir erhoben, dass 37 Prozent der männlichen Teilnehmer ihren Zigarettenkonsum reduzierten, 29 Prozent wurden rauchfrei. Bei den Frauen haben 42 Prozent reduziert und 13 Prozent wurden rauchfrei. Bei Frauen fällt der Nikotinspiegel wesentlich schneller als bei Männern, was dazu führt, dass sie schneller wieder zur nächsten Zigarette greifen.
Welche Rolle spielt die Raucherentwöhnung in Pandemie-Zeiten?
Strametz-Juranek: Rauchen ist nach wie vor ein Hauptrisikofaktor bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und besonders bei genesenen Covid-Patienten belastet das Rauchen die oft schon angegriffene Lunge noch mehr. Daher wird es umso wichtiger, auch hier das Rauchen zu stoppen. Nicht zu vergessen ist weiters, dass in den vergangenen beiden Jahren die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen merklich gestiegen ist.
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