VHS Direktor Thomas Laimer

"Der Kopf muss für das Fach frei sein"

Thomas Laimer ist seit 2017 Direktor der VHS Ottakring Hernals. Mit August kamen weitere Bezirke hinzu. Ein Gespräch über die Zugang zu Bildung, Integration und Mehrsprachigkeit in den Volkshochschulen.

WIEN/OTTAKRING/HERNALS/WÄHRING/DÖBLING/ALSERGRUND. Thomas Laimer hat 1992 als Kursleiter an der VHS Hernals begonnen. Heute leitet er neben der VHS Ottakring Hernals auch die VHS Alsergrund, Währing, Döbling. Die BezirksZeitung hat mit dem 52-Jährigen über seinen Zugang zur Bildung gesprochen.

Das Wort Direktor kommt vom lateinischen "dirigere" - „steuern, führen, leiten“. Was braucht es, um in der VHS ganz vorne zu stehen?
THOMAS LAIMER: Es braucht Erfahrung, Motivation und Weitsicht. Es geht um die Klarheit der Vision.

Was hat sie motiviert, 1992 als Kursleiter an der VHS Hernals zu beginnen?
Ich war nach der Matura in England und habe als Fremdsprachen-Assistent unterrichtet. Dann bin ich zurück nach Wien gekommen und wollte Sprachen studieren. Es war naheliegend, neben dem Studium auch zu unterrichten.

Was kann die VHS, was andere nicht können?
Es geht gar nicht darum, was wir können und andere nicht. Wir sind in den Grätzeln und Bezirken verwurzelt, sind Bildungsnahversorger – für alle Menschen und möglichst niederschwellig. Es gibt eine umfassende Angebotspalette: von Arabisch bis Zumba. Diese Bandbreite und das flächendeckende Angebot für alle machen es aus. Das macht uns sicher einzigartig.

Jugendbildung, Migrationspädagogik und Mehrsprachigkeit waren ihre Arbeitsschwerpunkte. Wie gern lernt die Jugend von heute?
Wenn die Rahmenbedingungen passen, dann kann Lernen gut funktionieren. Sozialarbeiterische Betreuung war eine der wichtigsten Begleitmaßnahmen. Oft sind es familiäre, soziale Situationen, die Lernen schwierig machen. Es darf nicht an der sozialen Situation liegen, ob Bildung in Anspruch genommen werden kann.

Wie muss es sein?
Unser Ansatz ist, dass Bildung nahe an die Bevölkerung herangebracht werden muss. Jugendliche sollen zum Lernen motiviert werden. Dafür stellen wir Ressourcen zur Verfügung. Der Kopf muss frei für das Fach sein. Dafür unterstützen und entlasten wir.

Ist Bildung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration?
Natürlich! Bildung ist auch der Schlüssel für eine demokratische Gesellschaft. Es muss natürlich auch die passenden Schlösser geben. Hier geht auch um die Offenheit des Arbeitsmarktes.

Welche Erfahrungen haben sie mit Mehrsprachigkeit gemacht?
Mehrsprachigkeit ist geklebe Praxis. Niemand ist einsprachig - auch ich nicht: Wienerisch wäre zum Beispiel meine Erstsprache. Mehrsprachigkeit wir natürlich mit Integration in Verbindung gebracht. Es fehlt aber oft das Bewusstsein, dass wir alle mehrsprachig sind. Wir nützen die mitgebrachten Sprachen für den Lernprozess. Sprache ist nicht nur Ressource in der Kommunikation. Für das Lernen ist Sprache die wichtige Ressource. Ich gebe ein Beispiel: Wenn das Ziel ein Pflichtschulabschluss ist und ich bin erstsprachig rumänisch, dann ist es oft leichter die Erstinformation in der Erstsprache aufzunehmen. Wenn man die Prüfung auf Deutsch machen muss, dann ist es natürlich sinnvoll Deutsch zu können. Wissensaufbau soll über die Sprache stattfinden.

Regionalität spielt auf allen Ebenen des Lebens eine immer größere Rolle. Sind die Volkshochschulen regional?
Die VHS macht einen großen Schritt in Richtung Regionalität. Es wird im Herbst ein Regionenprogramm geben. Wir teilen Wien in vier Regionen, gleichzeitig rücken die Standorte damit viel enger zusammen. Dadurch werden Kooperationen zwischen den Standorten noch viel intensiver gelingen.

Die VHS Ottakring am Ludo-Hartmann-Platz wird aktuell saniert. Was darf man sich erwarten?
Es wird eines der modernsten VHS Gebäude sein. Einerseits was den technischen Standard, andererseits was die Barrierefreiheit betrifft. Das war ein großes Thema in der Vergangenheit, welches wir Anfang 2024 auf allen Ebenen liefern können. Natürlich wird auch an den Inhalten gearbeitet.

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