Eisiger Winter vor 60 Jahren
Als die Donau wochenlang zugefroren war
Von einem Auto auf der Donau, Pionieren des Eisbadens, einem Biertransport mit Schlitten und "boarischen" Krapfen.
GREIN, ST. NIKOLA AN DER DONAU. Viele können sich noch ans Eislaufen am See als Kind erinnern. Heutzutage ist das die Ausnahme. Wie das Skifahren auf selbst "gebrettelten" Pisten. Besonders frisch war es im Winter 1962/1963. Laut Aufzeichnungen der Wetterstation Pabneukirchen herrschten zunächst Ende 1962 tiefe Temperaturen. Von 8. Jänner bis 9. Februar sorgte dann eine Kältewelle für Minusgrade. Mehrmals gab es in der Nacht Temperaturen unter -20 Grad, das Tagesmaxima lag oft unter -10 Grad. Im Jänner und Februar war es um fast sechs Grad kälter als im langjährigen Schnitt.
Reger Fußverkehr- Fähre stand still
Das Extrem-Wetter blieb nicht ohne Folgen: "Die Donau ist am Dreikönigstag rasch zugefroren und die Eisdecke blieb bis Mitte März. Es entwickelte sich ein richtiger Fußverkehr vom einen zum anderen Ufer. Ganze Familien sind über die Donau gegangen", erzählt Christian Seyr aus St. Nikola an der Donau, der damals im vierten Lehrjahr war und das Spektakel bildlich festhielt. "Die Rollfähre in Grein ist ja nicht gegangen, daher haben wir das Bier von unserem Getränkehandel mit dem Schlitten über die Donau zu einem Gasthaus nach Hößgang gebracht." Die Donaubrücke Grein wurde erst 1967 eröffnet. Im Einsatz gewesen seien früher auch vermehrt sogenannte Eisbrecher-Schiffe.
"Vater tauchte unter der Eisdecke durch"
In Grein wagte sich sogar ein Auto auf die Donau. Ein Foto von der Überfahrt mit einem Puch 500 ziert die Praxis des Mediziners Thomas Huemer und liefert noch 60 Jahre später spannenden Gesprächsstoff. Allerdings handelte es sich beim Fahrer nicht wie bisher vermutet um den ehemaligen Gemeindearzt Anton Huemer. Thomas Huemer weiß aber über eine andere Anekdote seines Vaters zu berichten: "Ich kann mich noch erinnern, wie er im Winterhafen das Eis aufgeschlagen hat und in der Donau für zwei bis drei Minuten schwimmen gegangen ist. Er ist unter der Eisdecke durchgetaucht. Einige honorige Männer, darunter mein Vater, haben dem Wetter damals getrotzt." Pioniere des heutigen Trends Eisbaden sozusagen.
Zugefrorene Donau 1963 – Video Hermann Grell:
Temperatur-Plus im Klimaperioden-Vergleich
Laut Seyr ist die Donau 1987 zum letzten Mal zugefroren gewesen, sodass man sie auch betreten konnte. Allerdings nur für wenige Tage - und es dürfte nicht ganz unriskant gewesen sein. Seit damals gab es nie wieder ein betretbares Eis am Fluss. "Daran sieht man schon den Klimawandel", sagt Seyr. Und den Anstieg belegen auch die Zahlen aus Pabneukirchen – von hier gibt es Daten seit 1946. Lag der Durchschnittswert der Monate Dezember, Jänner und Februar von 1981 bis 2001 bei -1,9 Grad Celsius, waren es von 2002 bis 2022 +0,5 Grad.
Als monatelang Schnee lag
Wetterbeobachter Peter Schuhbauer hat weitere Extrem-Winter herausgesucht. Ältere Semester werden sich an Zeiten erinnern, in denen der Schnee monatelang liegen blieb: Vom 5. Dezember 1946 bis zum 19. März 1947 gab es eine geschlossene Schneedecke – wie auch von 27. November 1969 bis zum 25. März 1970. Am 21. Februar 1952 wurde in Pabneukirchen eine Schneedecke von 115 Zentimetern gemessen – im Ort wusste man nicht mehr, wohin damit. Der längste Winter? 1970 schneite es bis in den Mai - und im Oktober schon wieder.
Lebensmittelknappheit im Winter 1979
Katastrophale Auswirkungen hatte der Winter 1979: Am 30. und 31. März gab es in 48 Stunden mehr als 86 Millimeter Niederschlag - mit nassem und schweren Schnee bei Temperaturen von -0,5 bis 1,5 Grad. "In den Schneemassen sah man teilweise die abgestellten Autos nicht mehr. Telefon und Strom waren etwa drei Tage lang durchgehend ausgefallen. Es kam zu Lebensmittelknappheit wegen Lieferausfällen und fehlendem Strom", so Schuhbauer. Die OÖ Kraftwerke AG (heute: Energie AG) wurde bei der Reparatur von den Feuerwehren unterstützt. Aus den Wäldern hörte man ununterbrochen das Krachen, weil Bäume brachen.
Die letzten Winter wie damals
Der letzte sehr strenge Winter liegt noch gar nicht so lange zurück: Am 12. Februar 2006 wurden 110 Zentimeter Schnee gemessen, eine geschlossene Schneedecke gab es an 89 Tagen. Anfang 2012 galt es, eine Kältewelle mit 20 Eistagen unter null Grad durchzustehen. In der Perger Gemeindezeitung erinnerte man sich kürzlich nostalgisch an den Eislaufplatz im Waldbad und jenen hinter der Hauptschule, heute Mittelschule Perg Stadtzentrum, zurück. "Winterfreude wie damals" gab es dagegen kürzlich in Langenstein: Auf das Weihnachtshochwasser folgte die Kälte. Die Folge: Überflutete Äcker und Wiesen froren zu. Hunderte Menschen stürmten die Flächen rund um Gusen und gingen Eislaufen – siehe Bericht.
Schwimmende Eisschollen auf der Donau
Und was hat es nun eigentlich mit den eingangs erwähnten "boarischen" oder "bayrischen" Krapfen auf sich? Damit ist im Zusammenhang mit dem Donau-Eis nicht das beliebte Süßgebäck gemeint. Vielmehr handelte es sich um Eisschollen, die sich in Bayern gelöst haben und wie riesige Bauernkrapfen auf der Donau dahergeschwommen sind. Na Mahlzeit.
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