Aus Geschichte lernen
Unter dem Titel "Mensch bleiben" gedachte die perspektive mauthausen traurigem Kapitel.
MAUTHAUSEN. In der Nacht von 1. auf 2. Februar 1945 brachen mehr als 500 sowjetische Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen aus, um ihr Leben zu retten. Umgehend rief die SS eine grausame "Treibjagd" aus, an der sich auch die Zivilbevölkerung beteiligte. Nur wenige, zwölf der Geflüchteten, überlebten die grausame Menschenhatz. "Weil es Menschen gab, die nicht weggeschaut haben, Kartoffeln oder Kleidung auf den Weg legten oder wie die Familie Langthaler ihre Türen öffneten", sagte Walter Hofstätter von der perspektive mauthausen am vorigen Freitag. Bei der Gedenkveranstaltung anlässlich der "Mühlviertler Hasenjagd" im Donausaal.
"Angstmache als Nährboden"
Anna Hackl, die jüngste Tochter der Familie Langthaler, ist bis heute wöchentlich als Zeitzeugin in Schulen unterwegs. "Um Mut zu machen, Mensch zu bleiben", sagt Hofstätter, der nicht mit Kritik an der Politik sparte. "Angstmache ist der Nährboden für Hass und Hetze", sagte er.
Auf kleine Schritte achten
Schriftsteller Michael Köhlmeier hielt die Gedenkrede: "Die großen Schritte zum Bösen sind leicht zu erkennen. Die Geschichte fordert uns auf, auf winzige kleine Schritte zu achten. Das beginnt mit der kantigen Herabwürdigung einer Menschengruppe. Wir dürfen uns gegen die Lehren aus der Geschichte nicht immunisieren." Wer "Halt" rufe, laufe heute Gefahr, als Querulant abgetan zu werden. "Er packt die Faschismuskeule aus, wird es heißen. Er wird zum Shitstorm in sozialen Medien freigegeben." Nur durch Vergleichen sei es aber möglich, aus der Geschichte zu lernen. "Vergleichen ist nicht gleichsetzen, niemand, der seine Tassen im Schrank hat, setzt mit den Nazis auch nur irgendetwas gleich", so Köhlmeier. Er fragte sich, was Familienväter im Zuge der "Mühlviertler Hasenjagd" dazu brachte, zu töten. Zwei Voraussetzungen seien entscheidend: Bedingungslos einer Autorität zu gehorchen. Und: Den Opfern müsse jedes Menschsein abgesprochen werden. Von Menschen wie Anna Hackl und ihrer Familie könne man lernen, was Mensch-Sein heißt.
Am Ende gab es für Köhlmeier, Schauspielerin Konstanze Breitebner und die Musiker Nikolai Tunkowitsch und Helmut Thomas Stippich stehende Ovationen. "Es ist unsere Aufgabe, die Geschichte zu erzählen, von Tätern und Opfern", so Breitebner.
Unter den Gästen: Die Menschenrechts-Preisträger Anna Hackl und Albert Langanke, Nationalratsabgeordnete Sabine Schatz, die Bürgermeister Thomas Punkenhofer und Erich Wahl sowie die ehemalige Landesrätin Gertraud Jahn.
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