Sounddesignerin Gudrun Egger
„Ich mache gerne und lustvoll Krach!“

Eigentlich ist sie eine ganz Liebe ;-) Gefährdet sind bei Sounddesignerin Gudrun Egger aber beispielsweise alte Teller, die sie lustvoll zum "Geräusche ernten" für ihre Soundbibliothek zerschmettert. | Foto: Eckhart Herbe
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  • Eigentlich ist sie eine ganz Liebe ;-) Gefährdet sind bei Sounddesignerin Gudrun Egger aber beispielsweise alte Teller, die sie lustvoll zum "Geräusche ernten" für ihre Soundbibliothek zerschmettert.
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Hand aufs Herz: Haben Sie sich schon einmal damit auseinandergesetzt, wie man das Kauen eines knackigen Müslis verlockend als Tonkulisse im Werbespot inszeniert? Das Brechen von Eisschollen polyphon umsetzt? Oder einen auf die Atem- und Herzfrequenz abgestimmten Klangteppich webt, der für Tiefenentspannung beim Einschlafen sorgt? Gudrun Egger weiß, wie das funktioniert. Die pensionierte Musikschullehrerin ist hochkreativ, wenn es ums Erzeugen jener akustischen Bilder geht, ohne die unsere Phantasie arm dastehen würde.
LUFTENBERG. Gudrun ist etwa die Telefonstimme des Linzer Zoos. Sie lässt glückliche Biohühner auch mal tussihaft gackern oder mischt dem Federvieh die erotischen Stimmlage von Marylin Monroe unter. Eine krachende Kruste weckt Appetit auf frisches Brot. Im Radioroman auf Ö1 galoppieren Pferde aus dem Nebel heran, Kinder lauschen gebannt der Dschungel-Geräuschkulisse, die einem Hörbuch unterlegt ist.

Unverzichtbare Geräuschuntermalung

Mit „Mein Bruder macht beim Tonfilm die Geräusche“ trällerte anno 1930 der damalige Schlagerstar Paul O` Montis einen der großen Hits in der Zeit der knisternden Schellack-Platten. Die ersten Tonfilme begeisterten das Publikum. Die Herausforderung von damals besteht auch 90 Jahre später im Digitalzeitalter weiter: Unserem Gehör Nahrung zu geben, egal ob mit oder ohne optischer Unterstützung. „Hören ist Sinnlichkeit pur. Bilder, die in immer höherer Intensität auf uns einprasseln, bleiben zweidimensional, Gefühle kühl, wenn das Hören fehlt. Es braucht vertraute Geräusche, eine emotionale Filmmusik, man reagiert auf Frequenzen, die nur unterbewusst wahrgenommen werden. All das gibt uns Orientierung“, erklärt Gudrun Egger.

High-Tech potenziert Möglichkeiten

Diese Töne zu erzeugen, ist anno 2022 ein Mix aus bewährten Geräuschquellen und High Tech. Es gibt zehntausende Effekte, die wie Legosteine digital bereitstehen, um daraus komplexere Sounds zu bauen. Eingespielt auf einer Keyboardtastatur und komponiert mit aufwändigen Tonstudioprogrammen fügt sich alles zu einem Orchester zusammen. Die Europahymne als polyphones Surren von Stromleitungen darbieten und das Ganze in die spezielle Akustik des Goldenen Saals im Wiener Musikverein verlegen? Kein Problem! Allenfalls ein Stresstest für Rechner-, Netz- und Speicherkapazitäten, denn hier sind Giga- und sogar  Terrabyte an Datenvolumen schnell erreicht.

Auch Sojabohnen vertont

„Ich hab sogar schon das Leben von Sojabohnen vertont. Vom zarten Keimen, übers Wachsen, den Erntetraktor bis zum Eindosen in der Fabrik– inklusive zweier zarter Fürzchen, wenn die Dinger aufpoppen“, feixt die temperamentvolle Lachwurz´n Gudrun. Neulich bekam ihre Soundbibliothek einen ganz persönlichen Baustein beschert: Sie hat den Körperschall einer elektrischen Zahnbürste durch ihren Schädel geleitet und dann per Mikrophon aufgenommen. Mal sehen, wo dieser Special Effekt künftig zum Einsatz kommen wird. Mit unverhohlener Begeisterung erzählt die Abwindnerin aber auch, wie sie völlig analog einen Vormittag lang in einer Halle unzählige alte Geschirrteile zertrümmerte, um Gläserklirren wie Tellerscheppern authentisch mit Spezialmikrophonen „zu ernten“

Akustische Bilder für Sehbehinderte

Barrierefreiheit zu schaffen ist aktuell eine große Aufgabe. Digital-Headsets eröffnen beispielsweise für Blinde ganz neue Möglichkeiten für einen Museumsbesuch. „Es ist eine faszinierende Herausforderung, für Sehbehinderte ein akustisches Bild zu schaffen, das den fehlenden optischen Sinn kompensiert“, erzählt die Expertin aus ihren, etwa im Wiener Volkskundemuseum gesammelten, Erfahrungen. Zweifellos hilfreich sind hier ihr praktisches Know-how und ihre Ausbildungen, etwa als Rhetorik- und Stimmtrainerin, als Schauspielerin, Lebens- und Sozialberaterin oder im kreativ-therapeutischen Bereich. Dieses Wissen hat sie im Berufsleben fast vier Jahrzehnte an der Linzer Musikschule und an private Kunden weitergegeben, ehe sie als Pensionistin Sounddesign für sich entdeckte. "Mein Weg, um nach der Arbeit als fachliche  `Geburtshelferin für die Talente anderer`  nun mein ganz persönliches Ding zu schaffen", so die 68-Jährige.

„Stimme weckt Neugier auf sich selbst“

„Ich will Menschen auf sich selbst neugierig machen. Stimme ist ein mächtiges Werkzeug, um `das Eigene` zu entdecken. Eine Sprache kann man sich technisch – abstrakt aneignen. Grammatik, Rechtschreibung, Syntax und so weiter. Sie erhält aber erst durch die Stimme der Sprechenden Leben und ist dann so individuell wie ein Fingerabdruck", weiß die Expertin. Als ehrenamtliche Helferin macht sie zum Beispiel arabischstämmigen Flüchtlingen Mut, die deutsche Sprache bewusst zu sprechen – indem sie mit ihnen dichtet. „Arabisch ist eine blumige, sinnliche Sprache, poetische Formulierungen sind auch im Alltagsgebrauch wichtiger Bestandteil. Faszinierend, wie leicht man diese Menschen so abholen und begeistern kann. Das Selbstbewusstsein, nicht nur Notwendiges, sondern auch Schönes in Deutsch zu sagen, lässt die Lernbegeisterung nachhaltig und rasant wachsen“ strahlt Gudrun Egger, während sie eine ganze Sammlung Poesietexte ihrer Schützlinge durchblättert.

Geräuschjagd im Salzkammergut

Ein spannendes Projekt ist aktuell die Tongestaltung eines historischen Hörbuchs , das, basierend auf dem Tagebuch einer jungen Frau, den Sommer im Salzkammergut unmittelbar vor Beginn des ersten Weltkriegs wieder aufleben lässt. Dafür geht Gudrun nun auf die Jagd nach Alltagsklängen dieser Zeit. Zur „Beute“ gehören etwa die Akustik der Schafbergbahn oder historische Soldatenlieder, mit denen sie das Leben anno 1914 in ihr langsam entstehendes Tongemälde einfügt.

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Foto: Cityfoto
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