Infoupdate zu KZ-Plänen
"Kein Drüberfahren in Gusen ohne intensive Bürgereinbindung!"

Bgm. Christian Aufreiter, Barbara Glück (Mauthausen Memorial) und Andrea Wahl (Bewusstseinsregion) warten gespannt auf die "Machbarkeitsstudie" aus dem Innenministerium.
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  • Bgm. Christian Aufreiter, Barbara Glück (Mauthausen Memorial) und Andrea Wahl (Bewusstseinsregion) warten gespannt auf die "Machbarkeitsstudie" aus dem Innenministerium.
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Im heurigen Jahr soll endlich Klarheit geschaffen werden, wie es mit Ankauf und künftiger Nutzung zentraler Objekte des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen wie Schotterbrecher oder Appellplatz durch die Republik Österreich weitergeht. Ein Vorstoß der polnischen Regierung im Dezember hatte die Debatte erneut aufflammen lassen. Dementsprechend hoch war das Interesse an einem Infoupdate für die Bevölkerung, zu der Gemeinde Langenstein und Bewusstseinsregion am 17. Jänner in die Volksschul-Aula geladen hatten.

Bürgermeister Christian Aufreiter, Barbara Glück von Mauthausen Memorial und Andrea Wahl von der Bewusstseinsregion am Podium und rund 120 Besucher, vorwiegend aus Gusen, sitzen in einem gemeinsamen Boot und wollen sich trotz teils verschiedener Zugänge nicht auseinanderdividieren lassen. Das wird bei der sehr sachlich und informativ verlaufenen Veranstaltung klar. "Es muss und wird einen gemeinsamen Weg geben. Das frühere Drüberfahren durch Ministerien und Bundesdenkmalamt, die Konfrontation intensiv Betroffener erst nach schon gefallenen Entscheidungen - das darf es künftig nicht mehr geben. Hier hat sich die Kultur in letzter Zeit deutlich zum Positiven verändert.  Auch Ignorieren und Verweigern unsererseits ist kontraproduktiv. Der internationale Druck ist auf allen Ebenen enorm. Es werden heuer zentrale Weichen gestellt,  2020 stehen wir durch 75 Jahre Befreiung im internationalen Fokus. Wir können den Prozess prägend in unserem Sinn mitgestalten oder draußen bleiben und dabei ohne Stimme zusehen. Ich bevorzuge ersteres", stellt Christian Aufreiter klar. Mit transparenter Infopolitik will er den unzähligen Gerüchten, die aktuell die Runde machen, einen Riegel vorschieben. Sowie neue Infos da sind, werden alle Betroffenen sofort persönlich informiert, so sein Versprechen.

Warten auf Konzept und Angebot der Republik

Im Fokus stehen der Steinbrecher und der mittlerweile von Schutt befreite Appellplatz am Poschacher-Gelände, das Areal mit den baufälligen Baracken und die Nutzung der Wiese neben dem Memorial. Seitens der Grundeigentümer gibt es ein konkretes Verkaufsangebot an die Republik. Wolfgang Peschorn von der Übergangsregierung hat sich als erster Innenminister persönlich ein Bild von der Situation gemacht. Im aktuellen türkis-grünen Regierungsprogramm wird ungewohnt klar von Ankauf und Gestaltung dieser Areale in Gusen gesprochen. Allein, was vor Ort noch immer fehlt ist die wiederholt verzögerte "Machbarkeitsstudie", sind konkrete Zahlen und Budgets dafür. Das beklagen alle Infogeber am Podium. Denn erst dann kann ein Fahrplan erstellt werden. Konkrete Gespräche mit den Eigentümern gab es bis dato auch noch nicht. Martha Gammer vom Gedenkdienstkomitee Gusen steuert zum kolportierten polnischen Kaufinteresse ein im Medienhype überhörtes, wichtiges Detail bei. Es sei "laut polnischer Verfassung aktuell gar nicht möglich, in Gusen Objekte zu erwerben. Premier  Morawiecki hätte gesagt, dass er das gerne tun würde. Die kolportierten Aussagen wurden schlicht falsch übersetzt", so Gammer.

Anrainer fürchten Überbelastung

Gibt es in Gusen nicht schon genug Raum für Erinnerung? Werden wir"Opferkultstätte"? Wohin mit immer mehr Bussen, wie Müll und Lärm durch Besucher verhindern, wie die Privatsphäre schützen? Nicht nur die Häftlingsgeschichte, sondern auch jene der Menschen im Ort erzählen, die selbst massiv betroffen waren und sind. Besser eine Versöhnungsregion werden: Die Sorgen und Ideen der Gusener sind vielfältig.  Dass sie sich als unfreiwillige Spielfiguren sehen, ist verständlich.  "Wenn das alles so umgesetzt wird, dann ist halb Gusen in jede Himmelsrichtung von NS-Denkmälern eingekesselt, mit uns mitten drin. Wollen Sie da wohnen und sich regelmäßig mit ausländischen Besuchern streiten, warum sie überhaupt hier ein Haus gebaut haben? Die kommen  einige Stunden, wir sind immer damit konfrontiert. Fragt uns doch ganz am Anfang und nicht erst während des laufenden Projekts", bringt eine Wortmeldung vieles der Grundproblematik auf den Punkt.

Hohe Sensibilität nötig

"Gerade darum ist es so nötig, dass wir zusammenstehen und für uns optimal gestalten, was entsteht. Es ist nun auch staatlicherseits ein Umdenken im Gange. An der historischen Situation, deren Erbe und den Entwicklungen daraus können wir nichts mehr ändern. Wenn wir uns unserer Geschichte nicht stellen, dann wird sie uns einholen. Mit jeder Archivöffnung, mit jedem neuen TV-Bericht", sagt Barbara Glück dazu. Wichtig sei daher, nicht nur die Ära 1939-45, sondern auch die 75 Jahre danach gleichwertig und in intensiver Kooperation mit den Einheimischen aufzuarbeiten. Es soll nichts neu gebaut werden, Ziel ist primär eine Zugänglichmachung der Plätze und Objekte, in einer parkartigen Umgebung unter maximalem Anrainerschutz.

Auch Grundbesitzer fordern rasche Lösung

Interessant dazu auch die Wortmeldung von Firmenchef Anton Helbich Poschacher: "Ich selbst habe in der Schule nie von einem KZ Gusen gehört, habe später sogar die Firmenzentrale, die mit "Mauthausen" belastet war, hierher verlegt.  Eine Fehlentscheidung aus heutiger Sicht. Mit der später einsetzenden Aufklärung und dem Denkmalschutz auf Teilen meines Areals werde ich zunehmend zum "Portier der Nation". Laufend heißt es nun zu den unmöglichsten Zeiten "Aufsperren" für internationale Regierungsvertreter und Experten. Das hat eine gewaltige Dynamik bekommen und trifft ähnlich auch andere Grundeigentümer. So etwas sollte der Staat Österreich und nicht ein Privater managen. Ich verstehe die Emotionalität hier im Raum, appelliere ebenso aber an das nötige Verantwortungsbewusstsein aller. Es braucht eine gemeinsame klare Botschaft von uns an die Besucher: Wir persönlich sind nicht daran schuld, aber wir nehmen unsere historische Verantwortung wahr!"

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