"Radikal regional" - Essen im Pinzgau
Slow Food statt Fast Food, Regionalität statt Globalisierung - auch der Pinzgau geht neue Wege in der Ernährung.
PINZGAU. "Unsere Region ist mit seinen engagierten Bio-Betrieben in Landwirtschaft und Gastronomie prädestiniert dafür, ein Vorreiter in Sachen Regionalität und Nachhaltigkeit zu sein", sagt Susanne Radke, Vertreterin der Klima- und Energiemodellregion NPHT. Gemeinsam mit Wolfgang Schäffner vom Studienzentrum Saalfelden setzt sie sich dafür ein, dass konkrete Maßnahmen zu Wirtschaftsreduzierung im Pinzgau umgesetzt werden. "Umweltschutz ist auch im Ernährungssektor ein Thema - weniger Wege, ein direkter Weg vom Erzeuger zum Konsumenten, das schwebt uns vor, und dafür möchten wir Plattformen schaffen", so Schäffner.
Essen mit Hausverstand
"Die Welt wird immer undurchschaubarer, die Nahrungskette ist für uns fast nicht mehr nachzuvollziehen - da wächst die Sehnsuch nach dem Überschaubaren, nach Autonomie im eigenen Umfeld - und im eigenen Garten." Lokalismus statt Globalismus - und Rückkehr zum Eigenen. Seit 2009 gibt es gemeinsam mit der Uni Salzburg einen Lehrgang zur Gastrosophie. "Das heißt übersetzt, 'Weisheit des Essens', und dabei werden alle Themen behandelt, die damit in Verbindung stehen - Geschichte, Ethik, Werte, aber auch Konsum und Marketing."
"Good food for all"
"Wir wollen über den universitären Rahmen hinaus konkrete Handlungsmodelle schaffen - also Produzenten, Konsumenten und die Gastronomie zusammenbringen und das Bewusstsein dafür schärfen, woher unsere Nahrung kommt und 'was sie mit uns macht'; denn es ist nicht egal, was wir essen - das hat konkrete Auswirkungen auf uns selber und auf unsere Umwelt. Wir unterstützen mit unserem Kaufverhalten die Großkonzerne, die Bauern werden ausgehungert, die Sortenvielfalt schwindet und der "Gehalt" der Nahrung auch. Unser Ziel ist es, die Schätze, die wir gerade auch hier im Pinzgau haben, zu heben, alte Sorten zu schützen, wieder anzubauen und das Wissen darüber weiterzugeben. Wir brauchen neue Formen der Direktvermarktung, und wir müssen den Mut haben, mit dem zu wirtschaften, was in unserem unmittelbaren Umfeld wächst und erzeugt wird."
Nachhaltigkeitstage
Verschiedene Veranstaltungen sollen diese Anliegen unterstützen: am 18. Mai ab 9.30 Uhr findet im Kräutergarten Hollersbach im Klausnerhaus ein Nachhaltigkeitstag zum Thema "Ernten, was man sät!" statt. Ernährungsethiker Harald Lemke, Erdäpfelwirtin Ulre Haunschmid sowie Gärtner Toni Kröll geben in drei Vorträgen ihr Wissen zur nachhaltigen Ressourcennutzung und Revitalisierung regionaler Lebensmittel weiter.
Daneben wird ein Genuss-Buffet der Tourismusschule Bramberg und eine Führung durch den Kräutergarten angeboten. Die Teilnahme ist kostenlos, unter kem@nationalparkregion.at kann man sich anmelden.
Harald Lemke hat sich mit Publikationen wie der "Ethik des Essens" als Experte auf dem Gebiet der Ernährungsethik einen Namen gemacht. Als wissenschaftlicher Leiter des internationalen Forums für Gastrosophie, dem auch Wolfgang Schäffner angehört (www.gastrosophie.net), versucht er, wissenschaftliche Erkenntnisse einem größeren Publikum zugänglich zu machen, um in der Gesellschaft ein neues Bewusstsein für Ernährung zu wecken.
Slow Food Tage im Nexus am 9. und 10. Mai
"Slow Food Pinzgau" lädt in Kooperation mit der Uni Salzburg und dem Studienzentrum Saalfelden zu drei Veranstaltungen: Am Mittwoch, den 9. Mai, ab 18 Uhr wird das Nexus Foyer zur Markthalle für nachhaltige Produkte aus dem Alpenraum - Verkostung inklusive!
Um 20 Uhr hält Essensforscher Dominik Flammer einen Vortrag zum Thema "Das kulinarische Erbe der Alpen", in dem er vergessene Kulturpflanzen und charakteristische Lebensmittel unserer Region vorstellt. Am Donnerstag, den 10. Mai, um 20 Uhr wird dann der Film "Holz, Erde, Fleisch" des Filmemachers Sigmund Steiner gezeigt, der bei der Diagonale 2016 als bester österreichischer Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Nähere Infos: www.slowfoodaustria.at
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