Die "Gründerwelle" fiel im Pongau 2020 mager aus
Ein genauer Blick auf die Statistik zeigt, dass die Salzburger "Gründerwelle" 2020 im Pongau nicht signifikant war. Josef Felser von der Wirtschaftskammer-Bezirksstelle Pongau sieht in einigen Fällen eine "gezwungene" Selbstständigkeit.
PONGAU. Per Aussendung informierte die Wirtschaftskammer Salzburg (WKS) kürzlich über die neueste Gründerstatistik der Gründerservices: Demnach hätten sich Salzburgs Gründungswillige im Jahr 2020 von den Lockdowns und der Wirtschaftskrise nicht abschrecken lassen, vielmehr habe eine Gründerwelle der Corona-Krise getrotzt. „Es wurden sogar so viele Unternehmen gegründet wie noch nie“, freut sich Peter Kober, Leiter des Gründerservices der WKS. So haben im Vorjahr 2.167 Gründer (ohne Personenbetreuer) den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit unternommen (+0,7 Prozent), im Jahr 2019 waren es noch 2.150.
Kammerabgänge sind rückläufig
Betrachtet man die Statistiken allerdings im Detail, kann man zumindest auf regionaler Ebene nicht mehr unbedingt von einer "Gründerwelle" sprechen. Auf Bezirksblätter-Anfrage kommentiert Josef Felser von der Wirtschaftskammer Pongau die Übersicht über die Zu- und Abgänge von Kammermitgliedern in den vergangenen fünf Jahren im Pongau:
"Eine Zunahme 2020 kann ich nicht feststellen. Der Saldo ist zwar positiv, aber hauptsächlich deshalb, da die Abgänge – so wie auch in den anderen Bezirken – abgenommen haben."
– Josef Felser, Wirtschaftskammer Bezirksstelle Pongau
Stillstand im vergangenen Frühjahr
Sieht man sich die Zahl der Gewerbeneuanmeldungen im Jahr 2020 im Pongau an, erweckt dies zunächst einen sehr positiven Eindruck an Neugründungen. "Da hier aber auch Zweit- und Drittanmeldungen erfasst sind, ist diese Zahl deutlich höher als die Zahl der Kammermitglieder", sagt Felser. "Bei der Zahl der Neugründungen gab es gerade im Frühjahr im ersten Lockdown einen kompletten Stillstand, den wir später auch nicht mehr aufgeholt haben. Dafür sind die Neugründungen jetzt deutlich stärker."
Ein Drittel der Gründungen ist geringfügig
Viele Neugründungen seien auch aus der Krise hervorgegangen, nennt Felser ein Beispiel:
"Einige Kosmetikerinnen, die in Hotels als Dienstnehmerinnen beschäftigt waren, haben sich durch den Stillstand in der Hotellerie dann auf selbstständiger Basis versucht. Solche ähnlichen Fälle gab es natürlich etliche."
– Josef Felser, Wirtschaftskammer Bezirksstelle Pongau
Oft seien die Neugründungen auch nur ein Nebenjob: „Jede dritte Gewerbeanmeldung ist eine geringfügige. Viele melden neben ihrem Anstellungsverhältnis ein Nebengewerbe an, zum Beispiel im Vertrieb, mit dem eigenen Kunsthandwerk oder mit einem Nagelstudio. Diese Tatsache haben wir mit und ohne Corona-Krise, weil das Nebengewerbe eher krisenunabhängig ist", sagt Felser.
Zwiespalt: Personenbetreuer
Die Zahl der Selbstständigen beeinflussen auch stets die Personenbetreuer im Pflegebereich. Diese würden in den Statistiken oft herausgerechnet, erklärt Felser: "Sie sind formal auch Selbstständige, aber de facto haben sie keine eigenen Betriebsmittel und führen gewünschte Arbeiten aus. Das entspricht nicht unbedingt den Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit, die Personenbetreuung wird aber meist als solche gewertet."
Zum Teil gezwungenermaßen selbstständig
Für Felser stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eine hohe Zahl an Neugründungen nur positiv oder auch negativ zu bewerten ist: „Die meisten sehen es positiv, wenn viele den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Man muss aber auch beachten, dass sich manche gezwungen sehen in die Selbstständigkeit zu gehen, weil sie zum Beispiel in der Krise keinen Job mehr finden. Hier müsste man jede Neugründung individuell bewerten."
>>> Mehr News aus dem Pongau findest du >>HIER<<
>>> Mehr Artikel von Alexander Holzmann findest du >>HIER<<
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.