Rundes Jubiläum
Mittelschule Tannheim besteht seit 50 Jahren

Direktorin Gabriele Wechselberger (2.v.r.) sang mit dem Lehrerchor und informierte über die Geschichte der Schule.
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  • Direktorin Gabriele Wechselberger (2.v.r.) sang mit dem Lehrerchor und informierte über die Geschichte der Schule.
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TANNHEIM (rei). Bis auf den letzten Platz gefüllt war das große Festzelt vor der Neuen Mittelschule Tannheim. In diesem fand der Festakt zur Jubiläumsfeier anlässlich des 50. Bestandsjubiläums der Schule statt.
Direktorin Gabriele Wechselberger und ihre Lehrerkollegen hatten gemeinsam mit den SchülerInnen und Schülern ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, bei dem das Lehrerkollegium sein Gesangstalent ebenso unter Beweis stellte, wie der Schulchor. Die Lehrerband sorgte für die passenden instrumentalen Töne und Rhythmen. Aufgeführt wurden weiters Tänze und Sketche. Es gab Experimente, ein Quiz, eine Diashow und einiges mehr. Natürlich wurden die Besucher auch entsprechend verpflegt.

Viele Besucher

Neben Schülern und Lehrern waren auch viele ehemalige Schüler und Lehrer gekommen, dazu die Bürgermeister der Talschaft, angeführt von Hausherr Markus Eberle, sowie Vertreter anderer Schulen und der Bezirksschulinspektion. Mit dabei viele Eltern, deren Kinder gerade die Schule besuchen, oder dies demnächst tun. Und viele von ihnen drückten selbst einmal die Schulbank in Tannheim. Auch Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann hatte den Weg ins Hochtal gefunden.
Direktorin Gabriele Wechselberger gab einen Einblick in die Geschichte der Schule. Das tat sie in Form eines Briefes, der aus der Sicht der Schule formuliert war.

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Der Brief der Schule

Liebe Schulleiterin, liebes Schulteam, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Festgäste, da ich beim heutigen Jubiläum die Hauptrolle spiele, möchte schon ich – die Schule – es sein, die euch schildert, wie ich die vergangenen 50 Jahre erlebt habe – aus erster Hand sozusagen.

Schon bei der Planung war ich sehr aufgeregt: Wie viele Schüler und Schülerinnen (das mit dem Gendern hab‘ ich auch mitbekommen – ich bin mit 50 Jahren noch äußerst lernfähig) und wie viele Klassenräume würde ich beherbergen? Welche speziellen Unterrichtsräume waren vorgesehen? Wie viele Lehrpersonen würden zum Einsatz kommen? …..
Ein bisschen erschrocken war ich damals schon, als ich mitbekam, dass ein Schwimmbad geplant wurde. Ständig nasse Füße hätte das bedeutet!!! Gott sei Dank wurde dann beschlossen, zum Turnsaal im Parterre einen kleineren Gymnastikraum direkt darunter zu errichten. War ja auch sinnvoller, bei den vielen Turngruppen, die es jahrelang gab.
Im Turnsaal wurde ursprünglich ein Teppichboden verlegt. Ich weiß zwar nicht, was genau der Grund dafür war, doch können sich sicher zahlreiche Festgäste aus eigener Erfahrung daran erinnern, welche Auswirkungen es hatte, wenn man im Zuge eines Spieles unter vollstem Körpereinsatz eine Bremsspur auf dem Turnsaalboden hinterlassen musste. Der Boden nahm es gelassen hin, die Brandwunden auf der Haut waren eine schmerzhafte Trophäe der Mutigen oder der Ungeschickten. Gut, dass damals noch niemand an Schmerzensgeld dachte,. das wäre teuer geworden.
Ich erhielt einen Physiksaal, wie er damals an allen Schulen gebaut wurde und den Unterrichtsgepflogenheiten von vor 50 Jahren entsprach. Vorne die dozierende Lehrperson und im Raum in aufsteigenden Sitzreihen die „hochinteressierten“ Schülerinnen und Schüler. Der Unterrichtsstoff sollte sozusagen in die Köpfe der Schüler und Schülerinnen hineinschweben oder wie beim Nürnberger Trichter hineinrieseln. Na ja, das hat damals schon nicht funktioniert und funktioniert heute noch viel weniger. 



Den Kindern muss, damit sie effektiv lernen können, schon etwas geboten werden. Dass es in Physik oder Chemie ab und zu geknallt hat, war für die Schüler und Schülerinnen ein Highlight, ich wurde jedoch öfter aus meinem Mittagsschläfchen gerissen.
Spannend für mich war zu beobachten, wie sich die Räume und der Unterricht mit der Zeit verändert haben. Im neuen, modernen Physiksaal stehen den Schülerinnen und Schülern Experimentiersäulen zur Verfügung. Nun können die Kinder selbständig Versuche durchführen. Die klappen zwar auch nicht öfter als bei den Lehrpersonen, die Motivation ist jedoch erheblich gestiegen.

Gefallen hat mir mitzuerleben, wie der Kochunterricht für Buben eingeführt wurde. Ursprünglich durften nur die Mädchen kochen und die Buben hatten parallel dazu „Geometrisches Zeichnen“. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass durch die Mitwirkung der Buben mehr Speisen angebrannt wären. Mittlerweile ist es längst selbstverständlich, dass Buben und Mädchen gemeinsam kochen, essen und aufräumen.
In der Schulküche herrscht sehr oft ein reger Betrieb. Sei es, wenn die Schülerinnen und Schüler Kochunterricht oder, wie man heute sagt, das Unterrichtsfach „Ernährung und Haushalt“ haben oder wenn gemeinsam mit Köchen aus der Hotellerie des Tales Leckers für den Elternsprechtag zubereitet wird. Seit mehr als 10 Jahren wird auch einmal im Monat von den Schülerinnen und Schülern für alle eine gesunde Schuljause zubereitet. Ständig ziehen angenehme Düfte durchs Haus. Gott sei Dank kann man davon nicht zunehmen, sonst würde ich schon längst aus meinem Betonkorsett platzen.

Apropos Gerüche: Einmal hatte ich tatsächlich Angst um mein Leben. Ein Defekt in meinen Gedärmen führte zu einem Brand in einem Lehrmittelraum. Per Zufall wurde er durch eine Schülerin entdeckt, die Alarm schlug und einen Lehrer informierte. Mutig, ohne auf eventuelle giftige Dämpfe zu achten, löschte er den Brand mit einem Handfeuerlöscher und konnte Schlimmeres verhindern. Niemand wurde verletzt und die bereits angelaufene Evakuierung der Schülerinnen und Schüler durch die Lehrerschaft war nicht weiter erforderlich. Ich war dennoch sehr aufgeregt und dann erleichtert, weil ich von der Feuerwehr nicht unter Wasser gesetzt werden musste.
Danach wurde ich brandschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht. Jetzt fühle ich mich sicher und muss nicht mehr bei jedem Zwicken in meinem Körper panisch reagieren.

Besonders gefallen haben mir in all diesen Jahren viele Neuerungen wie die verschiedenen pädagogischen Entwicklungen, die Einführung der Fünftagewoche, der Zubau von weiteren Unterrichtsräumen und die Ermöglichung eines barrierefreien Zugangs sowie die Ausstattung mit modernen Medien.
An pädagogischen Entwicklungen habe ich schon viel miterlebt: Klassenzüge, Leistungsgruppen, Inklusion und Neue Mittelschule. Mich fragt zwar niemand um meine Meinung, aber ich freue mich, wenn ich sehe, wie die Lehrerschaft sich bemüht, alle Kinder des Tales, egal welche Begabungen und Fähigkeiten sie mitbringen, zu betreuen, zu fördern und auch zu fordern. Die Kinder arbeiten selbständig an Aufgaben, die ihren Fähigkeiten angepasst sind, allein oder in Gruppen, erstellen Plakate, halten Referate oder arbeiten am Computer. Manchmal weiß ich gar nicht, wo ich hinsehen soll, weil sich so viel Interessantes abspielt. Natürlich ist das nicht immer so und da ich nach 50 Jahren den Unterrichtsstoff beherrsche, kann ich, wenn die Lehrpersonen Zusammenhänge erklären und die Schüler und Schülerinnen den Ausführungen lauschen, ein Schönheitsschläfchen halten. In meinem Alter ist das unerlässlich, ich möchte nämlich auch in 50 Jahren noch gepflegt und gut aussehen.

Die Fünftagewoche war wirklich eine Erleichterung für mich. Ihr dürft nicht vergessen, dass ich im Schuljahr 1980/81 sogar 176 Mädchen und Buben in meinen Mauern beherbergen konnte. Der Lärm war mitunter beträchtlich, mein Nervenkostüm angegriffen und ich platzte aus allen Nähten. Gott sei Dank wurde meine Nutzfläche durch Umbauten immerhin um 650m² vergrößert. In den letzten Jahren nahm, obwohl ich keinen Einfluss darauf hatte, die Schülerzahl so wie überall auch hier kontinuierlich ab. Natürlich genieße ich auch die langen Wochenenden und die herrliche Ruhe. Da ich keine gewerkschaftliche Vertretung habe, musste ich ausharren, bis die Schulpartner die Fünftagewoche beschlossen hatten, sodass auch ich davon profitieren konnte: Die Work-Life-Balance muss auch für ein Schulgebäude gelten.

Die Einführung der neuen Medien war und ist für mich ein Segen. Ich habe zwar am Nachmittag viel Abwechslung durch die Musikschule, die mich seit Jahren mit verschiedenen Instrumenten und Klängen unterhält - am meisten liebe ich die Weihnachtslieder - sobald die Musizierenden die Stücke beherrschen. Und dennoch wollte auch ich „up do date“ bleiben – Stichwort lebenslanges Lernen – und so war es für mich sehr erfreulich, dass die immerhin mittlerweile mehr als 70 Computer vernetzt wurden und ich die große weite Welt seither auch bei mir begrüßen darf... außerdem sind die zusätzlich verlegten Leitungen eine willkommene Massage für meinen attraktiven Körper.
Ich würde gerne noch weitererzählen, aber ich will mich ja nicht in den Vordergrund drängen und den Ärger der Direktorin auf mich ziehen ….. und so wünsche ich euch allen heute ein schönes Fest und ich hoffe, dass meine Geburtstagstorte nicht vergessen wurde!

Mit lieben Grüßen
Eure 50 Jahre junge Hauptschule, derzeit NMS und baldige Mittelschule

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