Gips formte den Fernpass

Der Gips im aufgelassenen Gips-Steinbruch nördlich von Nassereith mit Landesgeologen Thomas Figl, Gunther Heißel und Geologe Wolfram Mostler (v. li.). | Foto: Land Tirol/Landesgeologie
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  • Der Gips im aufgelassenen Gips-Steinbruch nördlich von Nassereith mit Landesgeologen Thomas Figl, Gunther Heißel und Geologe Wolfram Mostler (v. li.).
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BIBERWIER/NASSEREITH (rei). Gipskarst, Dolinen - bis vor kurzem konnten viele mit diesen Begriffen nichts bis wenig anfangen. Seit im Bezirk Reutte aber der Boden nachgibt und sich in Reutte plötzlich mitten in einem Feld ein Loch auftat, ist das anders. Bauherren, die in einem solchen Gebiet ein Haus errichten möchten, sind plötzlich mit noch nie dagewesenen Auflagen konfrontiert. Im Außerfern wissen die Menschen inzwischen einigermaßen um die Problematik Bescheid.
Die ist - so glaubte man bis vor kurzem - auf ein relativ eingeschränktes Gebiet mit Schwerpunkt von Weißenbach über Ehenbichl und Reutte bis Breitenwang konzentriert.
Doch Gipskarst gibt es auch dort, wo ihn nicht einmal die Experten vermutet hatten: am Fernpass! Diese Erkenntnis führt wohl dazu, dass Lehrbücher umgeschrieben werden müssen und dass - sollte tatsächlich einmal ein Tunnel durch jene Felsen getrieben werden, welche den Bezirk Reutte von Imst trennen - ganz andere Vorkehrungen getroffen werden müssen.

Massive Auswirkungen

Die Meldung der Tiroler Landesgeologen, dass der Fernpass nicht aus einem Felssturz entstanden, sondern der Rest eines Talsystems ist, das sich durch Gipskarst langsam auflöst und eine neue Trümmerlandschaft bildet, wird von den Experten als wissenschaftliche Sensation gewertet.
Bekannt gegeben wurden die neuen Erkenntnisse beim Geoforum in Umhausen. Dieses wurde zum 15. Mal durchgeführt. Dieses Treffen ist inzwischen ein fachlich weltweit anerkanntes internationales Expertenforum. Genau der richtige Platz also, um so eine Meldung „unters Volk zu bringen“, zumal sich die Teilnehmer heuer besonders intensiv mit den Auswirkungen des Gipskarstes auf den Siedlungsraum und die Verkehrswege in Tirol auseinandersetzten.
„Diese Feststellung unserer Landesgeologie-Experten bringt uns wichtige Erkenntnisse zur Beschaffenheit dieses Berggebietes auch beim Schutz vor Naturgefahren“, meinte Tirols Sicherheitsreferent LHStv. Josef Geisler beim Expertentreffen.
Wie sich diese Erkenntnis in der Zukunft auswirkt, lässt sich derzeit nicht sagen. Auch Landesgeologe Gunther Heißel wagt diesbezüglich keine genauen Prognosen. Einfach werden allfällig Maßnahmen am Fernpass damit aber garantiert nicht, denn Gips hat im Zusammenhang mit Bauvorhaben eine unangenehme Eigenschaft: Gips beginnt sich unter dem Einfluss von Wasser aufzulösen und bildet Hohlräume, die plötzlich einbrechen können. Diese Verbrüche können sich bis an die Oberfläche hin auswirken, was durch trichterförmige Dolinenbildungen ersichtlich wird. Bildet sich in einem gefährdeten Gelände so ein Hohlraum unter einem Verkehrsweg oder im Siedlungsgebiet, kann das zu plötzlichen Straßeneinbrüchen oder leichteren bis schweren Gebäudeschäden führen.

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