40 Jahre am Frauensee

Pädagogische Aktion feiert Jubiläum

Alles hat eine Vorgeschichte. Die Vorgeschichte der Pädagogischen Aktion gehört zur Generation der “roaring sixties”, der wilden Zeiten, die im Bereich der Bildung an Schulen und Universitäten viel verändert haben. Politik fand auf einmal nicht nur im Bundestag, sondern auch auf der Straße statt. Autoritäten wurden kritisch gesehen und der Frontalunterricht in den Schulen wurde in Frage gestellt. Mehr Demokratie und mehr Freiheit waren die angestrebten Ziele. Kinderläden entstanden und die Emanzipation von Frauen nahm Fahrt auf. In München entstand eine Initiativgruppe mit kunstpädagogischem Hintergrund. Die Initiatoren der Pädagogischen Aktion organisierten zur Olympiade 1972 den ersten Spielbus.

Von Mayrhofen im Zillertal an den Frauensee

Natürlich entstand auch der Wunsch, die Freizeit der Kinder mit einem Naturerlebnis zu verbinden. Voller Elan zogen Mitglieder der Pädagogischen Aktion los, um eine Immobilie zu finden, die hierfür geeignet war. Zuerst wurde man in Mayrhofen/Zillertal fündig. Hier gab es eine alte Wirtschaft, die für diese Ziele geeignet war. Zu einem fairen Preis konnte dieses Haus 1975 angemietet werden und war bis in die 1980ziger Jahre Anlaufpunkt für zahlreiche Aktivitäten. Eigentlich hätte man lieber ein Objekt in Deutschland gehabt, aber alles angebotene war unerschwinglich teuer. Im Juni 1983 stieß die Pädagogische Aktion auf einen Makler in Sonthofen, der für die “Jausenstation Frauensee” oberhalb von Lechaschau einen Käufer suchte. Der erste Besichtigungstermin fand im August 1983 statt und alle waren “hin und weg” von der Natur, vom See, vom Gebäude, von den Möglichkeiten, die sich auf einmal eröffneten. Alle Hebel wurden in Bewegung gesetzt, so dass diese einmalige Chance genutzt werden konnte und schließlich wurde der Kaufvertrag im Oktober 1983 geschlossen. Es sollte ein Fortbildungshaus werden und vertraglich war man auch noch gebunden, die Jausenstation weiter zu betreiben. So hatte man viele Visionen, aber auch viel Arbeit. Der Umzug von Mayrhofen an den Frauensee fand im Dezember 1983 statt.

Seit 1983 im Besitz der Pädagogischen Aktion e.V.

Der Erwerb der beiden Häuser und des Sees waren damals mit einigen Auflagen verbunden, die die Mitglieder des Vereins vor größere Herausforderungen stellte. So musste unter anderem von Mitte Mai bis Mitte September der Betrieb einer Jausenstation sichergestellt werden. Das war insofern kein leichtes Unterfangen, da der Gesamtbetrieb des Hauses auch damals schon ehrenamtlich geführt wurde. Trotzdem ist es gelungen, Wanderern, Gästen und Einheimischen kleine Speisen und Getränke entsprechend der Vereinbarung zu servieren. Heute erfüllt die nahegelegene Frauenseestube diese Aufgabe, was zu einer guten Nachbarschaft geführt hat.

Renovierungen an und in den Häusern

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Pädagogische Aktion immer bemüht, den Charme der beiden Häuser zu erhalten und trotzdem Neues zu gestalten. Es stellte sich heraus, dass der Anspruch, in Eigenregie ein Fortbildungshaus zu betreiben, zu hoch gegriffen war. Das war nicht zu stemmen, vor allem nicht, weil der Lebensmittelpunkt der Pädagogischen Aktion ja nach wie vor München war. So nutzte die Pädagogische Aktion das Haus zwar teilweise selber, stellte es jedoch auch verschiedensten Gruppen, Vereinen, Familien und für Feste zur Verfügung. Mit viel Herzblut und Schweiß wurde die Attraktivität der Häuser gesteigert.

Hier eine kleine Übersicht der größten Projekte

Errichtung einer Zweikammer-Kläranlage sowie der Bau einer Ableitung entlang der Straße ins Tal (1984/ 1985)
Austausch der Fenster im Haupthaus über die Jahre mit Isolierglasfenster
Austausch der Ölheizung gegen eine hochmoderne Holzpelletsheizung (2006)
Abriss und Neubau des Anbaus im Nebenhaus (2006)
Sanierung eines Teil des Fundaments mit neuen Böden, neuer Treppe ua. im Haupthaus (2010)
Sanierung bzw. Neubau aller Duschen in Haupt- und Nebenhaus
Neubau der Küche im Nebenhaus
Sanierung des Wasserlagers (kommt aus unserer eigenen Quelle) sowie Einbau einer Wasserreinigungsanlage
Sanierung Terrasse 1. Stock Haupthaus
Entfernung aller Teppichböden
Sanierung des restlichen Fundaments im Haupthaus und Neugestaltung der Toiletten (2023)

Zurecht ist die Pädagogische Aktion auf all das stolz, was in Gemeinschaftsleistung geschaffen wurde. Denn schließlich können diese Arbeiten immer nur "nebenbei" und ehrenamtlich bestritten werden. Allen, die auf die unterschiedlichste Weise immer wieder geholfen haben, ist die Pädagogische Aktion sehr dankbar. Wenn man bedenkt, dass der “mittelharte” Kern der Pädagogischen Aktion aus etwa zehn Personen besteht, wird das, was hier geleistet wurde, noch einmal deutlicher. Jährlich gibt es eine Werkwoche nach Ostern, in der die Ärmel hochgekrempelt werden und sich die Pädagogische Aktion voll ins Zeug legt.

Karla Leonhardt-Zacharias

Eine der HauptmacherInnen der Pädagogischen Aktion am Frauensee ist Karla-Zacharias. Die studierte Grundschullehrerin ist seit Urzeiten mit der Pädagogischen Aktion verbunden. Schon im Studium und in der Referendarzeit hat sie mitgeholfen, vorangetrieben und gestaltet. Sie hatte hier eine pädagogische Aufgabe, die sie weit mehr befriedigte als der Schulbetrieb. Sie hatte so mehr Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung und ehrenamtliche Aufgaben von früh bis spät. In der Pädagogischen Aktion hat sie auch ihren Mann, den Pädagogen und Buchautor Wolfgang Zacharias (1941 bis 2018) kennengelernt. Für alle Belegungen, Rechnungen und die Verwaltung laufen die Fäden bei ihr zusammen. Jetzt schon kann sie den Belegungsplan der Häuser für 2024 weitgehend fertigstellen, denn es gibt zu rund neunzig Prozent Stammgäste, vom Frauen-Mythologie-Seminar bis hin zur Workshopwoche Drumming Holidays, die heuer zum 16.Mal mit international renommierten iranischen Trommlern stattfindet. Besonders beliebt sind die Häuser bei Gruppen und Familien, die sich hier in größerem Umfang treffen können. Die Häuser in der einzigartigen Lage sind so gefragt, dass man sie dreimal vermieten könnte. Die Kinder und Gäste haben hier mehr Möglichkeiten und mehr Freiräume als etwa in einem Landschulheim oder in einer Jugendherberge. Neben Frau Zacharias gibt es seit vielen Jahren einen Kreis an sehr engagierten Mitgliedern der Pädagogischen Aktion, die sich auf unterschiedliche Art und Weise ehrenamtlich engagieren. Auch der Generationenwechsel steht über kurz oder lang an.

Feier

Das Jubiläum 40 Jahre Pädagogische Aktion am Frauensee wurde am Samstag, den 08. Juli groß gefeiert. Musik, Grill, alte Bilder und Filme - nichts fehlte. Bürgermeisterin Eva Wolf sprach einige Worte im Namen der Gemeinde Lechaschau. Auch die Homepage des Vereins wurde neu gestaltet (www.frauensee.at). Marina Bussemer aus Lechaschau hat dafür alte Ansichten des Frauensees zusammengetragen und für die Homepage zur Verfügung gestellt.