Lukas Rachbauer aus Schildorn
Zu Gast bei der kurdischen Guerilla
Der Schildorner Lukas Rachbauer reiste vergangenen Monat mit einer Delegation nach Südkurdistan. Dort sprach er mit Freiheitskämpfer:innen über die aktuelle Invasion der türkischen Armee.
KURDISTAN. Die Luft ist staubig und heiß, als ich in der Millionenstadt Slemani ankomme. Die Stadt liegt in einem Tal am Fuße des Zagros Gebirge. Die Landschaft ist karg und die goldenen Weizenfelder warten darauf, gedroschen zu werden. Doch der Stellenwert von Landwirtschaft ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Das neue Gold ist das Öl, auch die OMV ist an dem Geschäft beteiligt.
An Intensität zugenommen
Unsere Reisegruppe umfasst 19 Personen aus verschiedenen Ländern Europas. Wir sind auf Einladung der kurdischen Freiheitsbewegung hier hergekommen. Die Kurd:innen sind für ihre Gastfreundschaft bekannt. Nicht ein einziges Mal zahlen wir für Essen, Unterkunft oder Transport. "Mein Land wird verkauft. Die Türkei führt einen Krieg gegen uns Kurden. Warum? Weil sie das Öl und Gas Kurdistans für euch nehmen wollen", bringt es der Tätowierer mit Künstlername Vampire auf den Punkt. Der Krieg, von dem er spricht, hat die vergangenen Monate an Intensität zugenommen. Die türkische Armee hat Boden- und Luftoperationen gegen die Stellungen der kurdischen Guerilla in den Bergen im Norden des Irak gestartet. Berichten zufolge setzt die Türkei dabei auch Giftgas ein. Laut offiziellen Angaben geht es der Türkei um ihre eigenen Sicherheitsinteressen. Meine Gastgeber sehen das anders: Es gehe der Türkei um die Ausdehnung des Machtbereichs bis hin zur ölreichen Stadt Kirkuk.
Autonomieregion in Gefahr
Zusätzlich kündigte die Türkei eine neue Besetzungsinvasion auf die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien an. Dort hat die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den Wirren des syrischen Bürgerkriegs ein basisdemokratisches Autonomiegebiet aufgebaut. Alle Minderheiten werden in das politische System miteinbezogen und Ökologie sowie Frauenbefreiung haben einen zentralen Stellenwert. Die Zurückschlagung des IS ("Islamischer Staat") im Jahr 2015 verdankt die Welt zum Großteil den Volksverteidigungskräften aus der Autonomieregion. Diese Zone der Selbstverwaltung wird nun vom türkischen Militär angegriffen. Es ist nicht der erste Besatzungsangriff, doch diesmal befürchten viele das Ende der Autonomie.
Europa schaut weg
Besonders seit dem Ukraine Krieg wurde das türkische Regime zu einem strategischen Partner Europas in Energie- und Migrationsfragen. Im Gegenzug verlangt die Türkei, wie jüngst im Streit um den NATO Beitritt von Schweden und Finnland, dass die kurdische Freiheitsbewegung als Terrororganisation verfolgt wird. "Europa hat gute Menschenrechte, aber nur für EuropäerInnen. Wenn Kurd:innen sterben, schaut Europa weg. Doch dieser Krieg ist ohne die Zustimmung der EU nicht möglich", so Deyar, ein Kurde, der in Deutschland aufgewachsen ist, über die Scheinheiligkeit der europäischen Politik.
"Widerstand ist Leben"
"Widerstand ist Leben", lautet eine Parole der Bewegung. Die Lebensfreude der jungen Freiheitskämpfer:innen hat mich tief beeindruckt. Manche von ihnen sind jetzt wieder in den Bergen und verteidigen das Land, das sie lieben.
Text von Lukas Rachbauer aus Schildorn. Am 22. September um 19:30 hält er im Bildungsheim Franziskus einen Vortrag über die Reise, sowie über die aktuelle Situation der Kurd:innen.
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