Urteil nicht rechtskräftig
15 Jahre Haft für heimtückischen Mordversuch

- Wegen des versuchten Mordes an ihrem Noch-Ehemann wurde heute eine 33-Jährige am Landesgericht Ried nicht rechtskräftig zu 15 Jahren unbedingter Haft verurteilt.
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Wie angekündigt wurde am 16. September 2024 das Urteil im Prozess um den versuchten Mord an einem 43-Jährigen aus dem Bezirk Schärding verkündet. Die 33-jährige Noch-Ehefrau des Opfers wurde zu 15 Jahren unbedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
RIED. Nachdem zu Beginn des Verhandlungstages vier Polizisten, darunter auch ein Beamter der Tatortgruppe des Landeskriminalamtes und ein Hundeführer, im Zeugenstand ihre Aufgaben in der Tatnacht schilderten, verlas Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner ihr Gutachten. Darin sollten zwei Fragen geklärt werden. Erstens: War die Angeklagte zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig? Und zweitens: Leidet sie an einer psychischen Störung, durch welche sie auch in Zukunft eine Gefahr darstellen wird? Um unzurechungsfähig zu sein, müsste die Angeklagte entweder unter Realsitätsverkennung, einer Minderbegabung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder an einer Demenz beziehungsweise einem anderen Hirnschaden leiden. Nichts davon treffe laut Kastner auf die 33-Jährige zu, die zwar Medikamente gegen eine depressive Anpassungsstörung einnahm, aber nicht an einer echten Depression litt. Die Schwächezustände, welche sie mehrmals schilderte, seien laut Kastner die Folge ihrer Magenbypass-Operation und als "Dumping-Syndrom" bekannt.

- Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner.
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Unebenheiten in der Persönlichkeitsstruktur
In der Antwortsfindung zu Frage zwei attestierte Kastner der Angeklagten einige "Unebenheiten in der Persönlichkeitsstruktur". "Sie stellt Dinge gerne so dar, dass für sie ein Vorteil entsteht und sie pflegt einen kreativen Umgang mit der Wahrheit. Was für sie zählt, ist vor allem sie selbst", so Kastner. Mit dieser Eigenschaft gehe aber keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für weitere aggressive Taten einher. "Daher ist eine Unterbringung in einer forensisch-therapeutischen Anstalt nicht vorgesehen", so Kastner. Bezüglich der Erinnerungslücken, welche die Angeklagte laut eigenen Angaben immer wieder – auch in der Tatnacht – hatte, erklärte Kastner: "Für die Erinnerungslücke zur Tat findet sich keine psychiatrische Erklärung. Man kann von außen nicht sagen, ob es diese Erinnerungslücken wirklich gab oder ob sie aus taktischen Gründen erfunden wurden", so Kastner. Wenn jemand unter einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung leide, dann gäbe es derartige Lücken. Aber das treffe ja auf die Angeklagte nicht zu.
Ritzen ist kein Prädiktor
Da sich die damals 13-jährige Tochter, die von der Angeklagten der Tat beschuldigt wurde, ritzte, wurde auch hier die Expertise von Adelheid Kastner eingeholt. "Selbstverletzung hat nichts mit Aggression gegenüber anderen Menschen zu tun!" Ritzen sei kein Prädiktor für irgendwas, sondern nur ein Indikator dafür, dass man die eigene emotionale Stabilität nicht steuern könne. Sechs Monate nach der Tat hatte die heute 15-Jährige übrigens derart starke Suizidgedanken, dass sie sich selbst in eine psychiatrische Klinik einweisen ließ.
"Lügen ist ihre zweite Natur"
Nachdem von zwei Experten noch eine 3D Animation der Gegebenheiten im Haus der Familie präsentiert wurde, standen die Schlussplädoyers an. Staatsanwältin Petra Stranzinger beschrieb die Angeklagte erneut als notorische Lügnerin, deren manipulative Ader sich schon durch ihr gesamtes bisheriges Leben ziehen würde. "Die Angeklagte lügt, dass sogar Münchhausen neben ihr blass aussieht. Lügen ist ihre zweite Natur", so Stranzinger. Die Verteidigerin der Angeklagten, Alexandra Schauer, konterte, dass es aber in diesem Prozess nicht um den Charakter der Angeklagten ginge, sondern darum, ob die Beweise für eine Verurteilung ausreichen. "Wir haben keine Tatwaffe und keine Zeugenaussagen", so Schauer. "Mir ist es absolut bewusst, dass es sich schlecht anfühlt, die Tochter zu verdächtigen. Das von vornherein aber kategorisch auszuschließen, ist falsch", so die Verteidigerin. Den Geschworenen gab sie für die Urteilsfindung mit: "Bedenken Sie, dass dies keine Gruppenarbeit und keine Teambuilding-Maßnahme ist und treffen Sie keine vorschnellen Entscheidungen!" Die Angeklagte, die selbst das letzte Wort im Beweisverfahren hatte, schloss sich nur den Ausführungen ihrer Verteidigerin an.
15 Jahre Haft
Nach einer langen Beratungspause wurde das Urteil verkündet. Alle acht Laienrichter sprachen die 33-Jährige schuldig. Richter Kiesl verurteilte die Angeklagte zu 15 Jahren unbedingter Haft. Strafmildern wirkte sich die bisherige Unbescholtenheit der Angeklagten, die lange Verfahrensdauer und die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist aus. Erschwerend wurden die Hilflosigkeit des Opfers, die Heimtücke der Tat und die Beschuldigung der eigenen Tochter durch die Mutter gewertet. Verteidigerin Schauer meldete Strafberufung an, das Urteil ist nicht rechtskräftig.


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