„Furt schwimman dö Scheida“
Schauschwemme im Böhmerwald
Jeden Sommer erwacht der der Schwarzenbergische Schwemmkanal wieder zu neuem Leben. Auch heuer wurde das kulturelle Erbe belebt. Bei der Schauschwemme in der Schrollenbachschleuse in Oberhaag gab es heuer erstmals auch ein Fest. Dabei konnte der Schwemmkanal in seiner historischen Funktion hautnah erlebt werden.
AIGEN-SCHLÄGL. Erstmals gezeigt wurde bei diesem Erlebnistag auch eine von Rudolf Kehrer gebaute Rekonstruktion der historischen Chorobates – eine frühe Form eines Nivelliergerätes. Ein solches Gerät wurde für den ursprünglichen Kanalbau eingesetzt, um eine Gefälle von 0,2 Prozent zu erreichen. Ebenso wurde ein Holztransport mit dem Pferd in historischer Form vorgeführt.
Achtes Weltwunder
Ein heimliches Weltwunder – der Schwarzenbergsche Schwemmkanal – war wieder in Betrieb, allerdings nicht auf seiner ganzen Länge von 52 Kilometern sondern nur auf etwa 50 Metern. Waren in der Hochblüte des Kanals bis zu 1.200 Arbeiter mit dem Schwemmen des Scheitholzes beschäftigt, so reichten diesmal eine Handvoll – aber unterstützt von begeisterten Kindern, die beim Holzeinwerfen und –herausfischen mit großem Eifer zu Werke gingen. 8.000.000 Raummeter Holz wurden in der 90-jährigen Blütezeit bis nach Untermühl geschwemmt, dort herausgefischt und dann auf Flößen nach Wien als Brennholz transportiert. Bei der Schauschwemme war es diesmal nur ein Meter.
Energie war auch damals schon gefragt
Fürst Adam zu Schwarzenberg hatte im 18. Jahrhundert große Güter im ausgedehnten Waldgebiet des Böhmerwaldes erworben und besaß damit im Böhmerwald 24.000 Joch Waldgebiet. Er erkannte rasch die wirtschaftliche Bedeutung des Holzes. Der stark angestiegene Brennholzbedarf der Städte bot einen blühenden Absatzmarkt.
Verrückte Idee entpuppte sich als geniale Chance
Nachdem der Abtransport dorthin mit Fuhrwerken äußerst mühsam war, legte der Forstingenieur Josef Rosenauer 1774 einen genialen Plan vor. Ein kühnes Vorhaben, das nur unter Einsatz fortschrittlichen bautechnischen Wissens verwirklicht werden konnte.
Er wollte einen Wasserweg mit 0,2 Prozent Gefälle bauen und durch ein ausgeklügeltes System zwischen Bächen, Durchlässen und Schleusen das Holz von den nördlichen Hängen des Böhmerwaldes über die europäische Hauptwasserscheide zur Großen Mühl schwemmen
Die Pioniertat bestand in der Überwindung der kontinentalen Wasserscheide zwischen Donau und Moldau.
Ingenieurtechnische Meisterleistung
Der 80 Zentimeter tiefe Kanal hatte ein minimales Gefälle, war typischerweise am Kanalboden 2,20 Meter breit und oben 2,80 Meter. Gespeist wurde er während der Holzschwemme durch Wasser aus dem Plöckensteiner See und durch 27 Bäche, die durch Schleusen abgesperrt und in den Kanal geleitet wurden. Dieses Wasser floss ursprünglich in die Moldau und dann in die Nordsee. Das Wasser floss nach dem Kanalbau in die große Mühl, dann in die Donau und ins Schwarze Meer. Durch diese ingenieurtechnische Meisterleistung konnte Holz jetzt bis zur großen Mühl geschwemmt werden. Vergangenen Samstag konnte man einen kleinen Teil dieses als „achtes Weltwunder“ bezeichneten Bauwerkes bei der Schrollenbachschleuse in Oberhaag wieder in Betrieb sehen.
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