Schmutz stärkt Kinder
BEZIRK. Wer von Bakterien und Viren hört, denkt oft automatisch an Gesundheitsgefährdung. Grundsätzlich stimmt das auch. Allerdings sollten Eltern bedenken, dass die vermeintliche Gefahr eine lebensnotwendige Rolle in der körperlichen Entwicklung des Menschen spielt. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Kinder vor Keimen, Bakterien, Staub und Schmutz geschützt werden müssen. „Übertriebene Sauberkeit schwächt das Immunsystem und macht Kinder anfälliger für Krankheiten", sagt Isabelle Hetzmannseder von der Kinderstation des Landes-Krankenhauses Rohrbach. "Studien belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen überzogener Hygiene und der Zunahme von Allergien gibt.“ Kinder, die in einer allzu sterilen häuslichen Umgebung aufwachsen, leiden häufig an Infektionen oder Allergien. "Der Grund dafür ist, dass an das Immunsystem im Säuglings- und Kleinkindalter zu wenige Anforderungen gestellt werden", sagt die Oberärztin. So habe es nicht genug Übung und könne den Krankheitserregern, die überall in der Umwelt vorkommen, nichts entgegensetzen. „Schon die Muttermilch enthält neben den wichtigen Nährstoffen erste Bakterienkulturen, die den Verdauungstrakt des Kindes auf das Leben vorbereiten.“
Sauger sterilisieren
Es ist zwar wichtig, in den ersten Lebensmonaten Fläschchen, Sauger und Schnuller zu sterilisieren, damit der empfindliche Organismus nicht unnötig belastet wird. Für die Bekleidung und das sonstige Umfeld reicht die normale Reinigung mit Haushaltsreinigern aus. „Natürlich sollte das Haus frei von Schimmelpilzen durch nasse Wände oder verdorbenen Nahrungsmitteln sein. Diese Sporen verursachen Probleme im kindlichen Immunsystem, Atemwegserkrankungen und Allergien können die Folge sein“, weiß Hetzmannseder. Neben der Küche ist Sauberkeit auch im Sanitärbereich sehr wichtig.
Sandkuchen ist nicht schlimm
Probiert ein Kind im Sandkasten ein Stück „Sandkuchen“, ist das allerdings nicht weiter schlimm. Im Sand enthaltene Bakterien greifen zwar das Immunsystem an, dieses weiß sich allerdings zu helfen – der Körper reagiert entsprechend. Das hat den Vorteil, dass sich das Immunsystem die Angreifstrategie der Erreger merkt und beim nächsten Angriff direkt reagieren kann. „Das Immunsystem eines Kindes ist zwar noch nicht voll ausgebildet, dafür aber hochaktiv. Es kann Erreger, die sich in natürlichem Dreck auf Feld und Wiese tummeln, abwehren. Gefährlich kann es werden, wenn der Ort, an dem das Kind spielt, mit Fäkalien verunreinigt ist. Diese können Würmer und andere Krankheiten übertragen“, erklärt die Medizinerin, „nachweislich ist das Allergierisiko für Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, um 50 Prozent geringer als für Stadtkinder.“
Fazit: "Sauberkeit ist wichtig, übertriebene Hygiene unnötig." Denn wer es mit der Reinlichkeit übertreibt, verliert den natürlichen Kontakt zu Keimen aus der Umwelt, unterfordert seine Abwehrkräfte und wird leichter krank.
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