Lehman Brothers im Landestheater
Aufstieg und Fall einer Dynastie
In der aktuellen Theaterproduktion „Lehman Brothers“ am Salzburger Landestheater wird die faszinierende und tragische Geschichte der berühmt-berüchtigten US-amerikanischen Investmentbank erzählt. Inszeniert von Claus Tröger entführt das Stück das Publikum auf eine Reise durch die ereignisreiche Historie des Familienunternehmens, das 2008 einen weltweiten Finanzcrash einläutete.
von Andreas Jäger
SALZBURG. Die epische Geschichte der Lehman Brothers hat den italienischen Autor Stefano Massini dazu veranlasst, sein Theaterstück um einen gleichnamigen Roman zu erweitern. Das Buch besticht durch seine leichtfüßige und lockere Erzählweise, die die 848 Seiten beinahe kurzweilig erscheinen lässt. Die Versform, in der die Geschichte verfasst ist, ermöglicht es den Leser:innen, die Bilder im eigenen Verstand frei zu entfalten.
Lob und Kritik
Wer die gesamte Geschichte erfahren möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt. Denn so manche Stelle, die durch Witz und Eleganz besonders in Erinnerung bleibt, vermisst man im Stück. Dies ist jedoch ein Kompliment für die großartige Arbeit, die in die Recherche und Inszenierung dieser Geschichte geflossen ist – drei Stunden reichen nicht aus, um die Exzellenz des Romans vollends einzufangen. Bühnenstück und Buch sind demnach unzertrennlich.
Allerdings hat auch die schriftliche Version ihre Schwächen. Das Buch besteht aus drei Teilen: Der erste erzählt vergleichsweise langatmig die Anfänge der Lehman Brothers, während der letzte Teil den Eindruck vermittelt, als würde förmlich durch die Geschichte gehetzt, um zu einem Abschluss zu gelangen. Einem Abschluss der Familiengeschichte, denn die Geschichte der Lehman Brothers mit ihrer Investmentbank, die 2008 unterging, wird lediglich in wenigen Zeilen des Epilogs erwähnt. Dadurch wird die wahre Ausgeburt der Gier, die dieses Imperium in die Knie zwang und vermutlich auch der Ausgangspunkt dieser künstlerischen Schaffung war, nur beiläufig behandelt.
Problematische Stereotypen
Darüber hinaus muss bemerkt werden, dass das Werk Potenzial hat, Vorurteile zu verstärken. Der Antisemitismusexperte Dave Rich hat hierzu in seinem Artikel vom 26. Februar 2023 für den Observer unter dem Titel „Antisemitic tropes are back on stage again“ geschrieben:
„Es ist übertrieben und erdrückend, weit über das hinaus, was notwendig ist, um die biografische Tatsache zu vermitteln, dass die Lehmans Juden waren. Es hinterlässt das Gefühl, dass dies nicht nur ein Stück über Banker ist, die Juden sind, sondern ein Stück über Juden, die Banker sind. Und was sagt es uns über diese Juden? Hauptsächlich, dass sie Geld lieben und alles tun werden, um mehr davon zu bekommen.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.