"Bürger fühlen sich ausgeschlossen"
Christina Ortner erhob für ihre Dissertation an der Uiversität Salzburg die Einstellung junger Erwachsener zur Europäischen Union.
SALZBURG (sts). Geht es um die EU, dann sind Österreichs junge Erwachsene von 20 bis 30 Jahren gespalten. "Es gibt eine kleine Gruppe, die sehr pro EU eingestellt ist. Das sind Menschen, die eine höhere Bildung haben, internationale Erfahrungen gemacht haben und politisch sehr interessiert sind: Sie tragen die EU-Idee aus Überzeugung mit und wünschen sich ein stärkeres Europa", sagt Christina Ortner.
Sie hat für ihre Dissertation zum Thema "Wie junge Erwachsene die EU sehen und was Medien dazu beitragen" 274 junge Erwachsene befragt und 30 Einzelinterviews geführt.
Das Ergebnis
Abgesehen von den gut informierten Pro EU eingestellten jungen Erwachsenen, die etwa ein Fünftel der von ihr Befragten ausmachen, herrscht eher Unzufriedenheit: Nicht mit der Häufigkeit der Berichterstattung in den Medien – denn die wird als ausreichend empfunden. Sondern vielmehr mit dem Inhalt, denn nicht alle können damit etwas anfangen. "Zu oberflächlich, zu viel notwendiges Vorwissen, das die jungen Erwachsenen oft nicht haben", fasst Ortner zusammen. Kritisiert wird auch, die als zu positiv oder zu negativ "gefärbt" empfundene Berichterstattung. "Hier fehlt das Vertrauen in die Medien."
Informationsinteresse gering
Insgesamt sei die Stimmung pro-EU, aber viele äußerten auch Kritik. Das Interesse oder die Bereitschaft, sich selbst zu informieren, sind viel geringer als die Zustimmung zur EU. "Die Menschen sind nicht bereit, Zeit oder Energie in die Beschaffung von EU-Informationen zu stecken, sie erwarten, dass sie das am Silbertablett serviert bekommen", erklärt die Wissenschafterin.
Jugendliche zweifeln an EU-Spitze
Viele junge Erwachsene bezweifeln, dass die politischen Eliten auf EU-Ebene tatsächlich die Interessen der Bürger vertreten, sie fühlen sich ausgeschlossen und können sich kein richtiges Bild machen – und haben daher das Gefühl, es finde keine politische Kontrolle statt. Die oft allzu positive Schönrederei heimischer Politiker wird als lästig empfunden, denn: Dass Euro und Wegfall der Grenzkontrollen positive Entwicklungen sind, sehen sogar die EU-Gegner. Insgesamt wünschen sich die jungen Erwachsenen, mehr Informationen schon bevor Entscheidungen auf EU-Ebene fallen. Hinzu kommt die Angst, auf die EU-Politik noch weniger Einfluss zu haben als das bei der Bundespolitik der Fall ist.
Conclusio
Unterm Strich schlussfolgert Ortner: Die EU müsse schon in der Schulausbildung viel stärker thematisiert werden, und das nicht nur in den Oberstufen der Gymnasien oder berufsbildenden höheren Schulen, wie es derzeit der Fall ist. Und die Politiker müssten in einen tatsächlichen politischen Dialog mit den jungen Menschen treten.
Zur Person:
Christina Ortner ist gebürtige Oberösterreicherin und lehrt und forscht an der Universität Salzburg, in der Studienrichtung Kommunikationswissenschaft. Ihre Schwerpunkte liegen auf der audiovisuellen und online Kommunikation, sie hat sich mit Themen wie Digital-TV oder Online-Risiken für Kinder und Jugendliche beschäftigt. Ihre Dissertation wurde von der Schweizer Humer-Stiftung und von der AK gefördert. Ihre Dissertation entstand in Zusammenarbeit mit dem Salzburg Centre of European Union Studies und wurde gefördert von der Humer-Stiftung und der AK Salzburg.
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