"Die Stadt schiebt ihre Verantwortung ab!"

Orsini-Rosenberg

Forstwirt Graf Johannes Orsini-Rosenberg ärgert sich über Umgang der städtischen Politik mit bedürftigen Menschen.

Er ist mit einer mit Hilfsgütern beladenen Pritsche in das vom Krieg zerstörte Ex-Jugoslawien gefahren, hat sich dort einen Turnsaal als Schlafzimmer nicht nur mit 39 anderen Menschen, sondern auch mit Kakerlaken geteilt und keine Minute davon bereut: Forstwirt Graf Johannes Orsini-Rosenberg.

SALZBURG (sos). Zu Beginn war es wohl weniger seine christliche Erziehung,als das Insistieren seiner Cousine Doraja Eberle, das Johannes Orsini-Rosenberg sich hinter das Steuer eines „Bauern helfen Bauern“-Lkw setzen ließ. „Es war kurz vor Weihnachten 1993 und ich hatte eigentlich gar keine Lust dazu“, erzählt Johannes Orsini-Rosenberg. Beim ersten Anruf habe er noch abgewunken, beim zweiten sei es schwieriger geworden. „Sie (Eberle, Anm.) hat gesagt, sie braucht nur mehr einen Fahrer und alle anderen habe sie schon gefragt – da habe ich nicht mehr nein sagen können. Obwohl ich ja heute glaube, dass sie nie jemand anderen gefragt hat“, erzählt er.

Im Konvoi nach Bosnien
Jedenfalls war der Graf mit dem inzwischen aufgelösten Finanzberatungs- und Vermögensverwaltungsbüro in Salzburg dann Teil eines Konvois, der sich nach Bosnien bewegte. „Die Mischung der Menschen war ein Schlager – vom Adeligen bis zum Tankstellenwart war alles dabei. Und ich sehe heute noch meine 70-jährige Tante vor mir, wie sie in ihrem Bärli-Pyjama im Schlafsack in einem zum 40-Mann-Schlafsaal umfunktionierten Turnsaal eines bosnischen Kinderheimes sitzt. Das war meine Einstiegsdroge.“ Seither war Orsini-Rosenberg unzählige Male bei den Menschen in Bosnien und Kroatien. „Ich habe in Kakerlaken-Burgen übernachtet – das ist eine gute Schule für einen verwöhnten Schloss-Körper.“

Wobei: So verwöhnt ist er gar nicht – vor allem nicht von seinem eigenen Schloss Stein in Dellach im Drautal. Denn das ist aus wassergefriertechnischen Gründen nur in den wärmeren Monaten bewohnbar – den Winter verbringen er und seine Familie im Forsthaus nebenan.

Für ihn habe sich durch die Fahrten nach Ex-Jugoslawien jedenfalls vieles relativiert, was bei uns selbstverständlich sei, „eine Badewanne, eine Bettdecke oder ein Nachtkastllicht zum Beispiel.“ Und vielleicht ging er nach diesen Erfahrungen auch deshalb mit anderen oder offeneren Augen durch Salzburg. Durch die Bekanntschaft mit einem Straßenzeitungsverkäufer kam er zur damals sehr lose organisierten „Wärmestube“, einer Einrichtung, die Obdachlose mit Essen versorgte. Nachdem er sich dort jahrelang als Obmann engagiert hatte, ist er nun im Vorstand des Vereins. Von der öffentlichen Hand (in dem Fall vom Land Salzburg) bekommt die Wärmestube das Gebäude samt Betriebskosten zur Verfügung gestellt – die Stadt Salzburg leistet keinen Beitrag dazu.

„Man muss sich nur umschauen!“
„Der Weg zur Nächstenliebe muss nicht weit weg führen, man muss sich nur umschauen und oft genug findet man auch in der eigenen Familie Menschen, die Hilfe benötigen“, erklärt Orsini-Rosenberg. „Hilfsprojekte haben ja auch nur dann einen Sinn, wenn man nicht nur Menschen kennt, die zupacken, sondern auch in der Lage sind, etwas finanziell dazu beizutragen. Und das kann meine Verwandtschaft im allgemeinen.“

Als Investmentberater hat Orsini-Rosenberg aufgehört. Ganz den Rücken kehren will der 60-Jährige der Mozartstadt aber noch nicht: „Wenn ich hier aus dem Fenster meines Büros schaue, sehe ich direkt zum Kapuzinerberg hinüber, von dort wurden ja die Obdachlosen vertrieben. Man hat das Gefühl, die Stadt stört sich am Anblick bedürftiger Menschen. Aber sie bietet diesen Menschen keine Alternativen an – Unterkünfte, wo auch ihre oft letzten Freunde, nämlich ihre Hunde, mitdürfen. Hier gibt es einen Bedarf und den ignoriert die Stadt Salzburg einfach“, ärgert sich Orsini-Rosenberg. Er will jetzt die Möglichkeiten für ein Vinzidorf, wie es etwa Graz hat, ausloten.

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