"Wir haben de facto eine Koalition aus Rot und Grün"

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Wir sind hier im Café Bazar, warum?
HARALD PREUNER: Das Bazar ist für mich neben dem Tomaselli eines der klassischen Salzburger Kaffeehäuser. Ich bin hier seit Schülerzeiten Stammgast. Ich bin dort auf der anderen Seite der Salzach in die Gewerbeschule gegangen, da war das Tomaselli mein erster und das Bazar mein zweiter Anlaufpunkt. Und vor dem Fortgehen haben wir uns auch hier getroffen. Als ich dann mein Fahrschulbüro in der Stadt hatte, war ich jede Mittagspause hier und habe abwechselnd Eierspeis' mit Würstl und mit Tomaten gegessen, die ganze Woche lang. Und es ist einfach der Blick auf die Altstadt, der mir hier so wahnsinnig gut gefällt.

Seit mehr als 100 Tagen ist die neue Stadtregierung im Amt – ist alles wie in der alten Regierung oder weht irgendwoher ein neuer Wind?
HARALD PREUNER: Nein, es hat sich nur insofern verändert, als wir uns früher bei vielen Besprechungen zusammengerauft haben. Vor allem aus dem Bauressort hört man relativ wenig.

Ist das eine Kritik an NEOS-Stadträtin Barbara Unterkofler, die ja das Bauressort von der ÖVP übernommen hat?
HARALD PREUNER: Nein, das betrifft eigentlich das ganze Kollegium, seit zwei oder drei Monaten hatten wir keine einzige Sitzung. Das geht mir ab, früher haben wir eben mehr diskutiert.

Und warum finden keine Besprechungen statt?
HARALD PREUNER: Ich nehme an, es sind Terminkollisionen. Bei Frau Unterkofler habe ich das Gefühl, sie ist noch ein bisschen mit ihrem Ressort beschäftigt. Dass zum Beispiel die notwendige neuerliche Jurysitzung für das Bad erst im Oktober stattfinden soll, ist ein bissl gar lang hin. Da hänge ich mit dem Kurhausbetrieb in der Luft, weil ich nicht weiß, ob uns das Bad nicht bald um die Ohren fliegen wird. Das kann ja eigentlich nicht so schwierig sein, ein paar Architekten und Politiker an einen Tisch zu holen.

Wenn Sie sagen, das Bad könnte uns um die Ohren fliegen, heißt das, es wird einstürzen?
HARALD PREUNER: Im Zuge der üblichen sommerlichen Sanierungsmaßnahmen haben wir natürlich den Zustand der Decke überprüft – es schaut nicht so schlecht aus, sodass wir es heuer noch weiterbetreiben können. Aber so einen Altbau weiter zu betreiben, das ist schon eine schwere Turnübung.

Ist beim Bad aus Ihrer Sicht jetzt wieder alles offen?
HARALD PREUNER: Nein, neben dem Siegerprojekt – das sich ja als nicht realisierbar und viel zu teuer entpuppt hat – gab es noch zwei weitere in der Endausscheidung und da ist aus meiner Sicht jedenfalls ein Vorschlag dabei, der sich wesentlich günstiger und mit ruhigem Gewissen umsetzen ließe.

Gibt es für Sie eine sichtbare NEOS-Handschrift in der Stadtpolitik?
HARALD PREUNER: Nein, da bemerke ich nichts. In der Kommunikation und Koordination war die Bauabteilung unter Claudia Schmidt (ÖVP, Anm.) wesentlich besser und enger abgestimmt als jetzt.

Sind Sie vielleicht ein bisschen nachtragend, weil die ÖVP den zweiten Regierungssitz an NEOS verloren hat?
HARALD PREUNER: Nein, überhaupt nicht. Wir haben ja schon im Oktober des Vorjahres gewusst, dass das eintreten könnte – wegen des negativen Bundestrends, unter dem wir leiden mussten. Und im Wahlkampf ist es uns leider nicht geglückt, die anderen Parteien bei den Themen, die die Salzburger interessieren – Verkehr, Bettler und Hochbauten – zu klaren Stellungnahmen zu zwingen.

Was hat die Stadt-ÖVP seit dem Wahldebakel getan, um für urbane Menschen attraktiver zu werden?
HARALD PREUNER: So ein Wahlergebnis kann man natürlich nicht einfach zur Kenntnis nehmen. Wir haben einen Programmprozess begonnen und in Stadtteilsitzungen mit den bündischen Mitgliedern durchgeführt. Im Herbst starten Arbeitskreise und einer davon wird sich mit "urbanem Leben" beschäftigen. Dort wollen wir neue Ideen, Ziele erarbeiten, wohin sich die Stadt in 20 bis 30 Jahren entwickeln soll. Ein Thema wird konkret der Verkehr sein. Das Problem wird die Stadt nicht alleine lösen können, sondern nur mit dem Umland. Da wird es um den dringend notwendigen Ausbau der S-Bahn Ost gehen und um den Musterkorridor Richtung Salzkammergut. Mit diesem Musterkorridor wollen wir beweisen, dass ein vernünftiger öffentlicher Verkehr Erfolg bringt und den Pendlern zeigen, dass es eine Alternative zum Auto gibt.

Apropos Pendler: Die Stadtregierung will die Kurzparkzonen ausweiten, um so das Zuparken in den äußeren Stadtteilen durch Pendler einzubremsen. Sind Sie dabei?
HARALD PREUNER: Jein. Ich bin nicht kategorisch gegen die Ausweitung der Kurzparkzonen und auf Druck der Anrainer müssen wir ja reagieren. Ein Persilschein für Stadtrat Johann Padutsch sollte das aber nicht sein, denn wenn wir damit das Pendler-Parkplatz-Problem nur in andere Stadtteile verlegen, sind wir sicher nicht dabei.

Ihre Ressorts – städtische Betriebe, Tourismus und Bezirksverwaltung – sind ein wenig undankbar, um Akzente zu setzen, oder geht das doch?
HARALD PREUNER: Die Betriebe muss ich so organisieren, dass sie funktionieren, im Tourismus sind wir ganz gut aufgestellt – das ist hauptsächlich der Verdienst der Tourismusbetriebe und der hochwertigen Gastronomie. Und das Funktionieren der Verwaltung gilt als selbstverständlich. Da fällt nur auf, wenn es einmal irgendwo nicht hinhaut. Eine neue Brücke einweihen zu können, ist also sicher spannender, als sich um die täglichen kleinen und größeren Ärgernisse zu kümmern. Ich wollte ja bei der Ressortaufteilung die 6er-Abteilung, die Bauabteilung, dazu nehmen, aber die hat mir der Herr Bürgermeister nicht gegeben.

Und wie wollen Sie dann bei den Wählern für die nächsten Wahlen punkten?
HARALD PREUNER (lacht): Das ist es ja, geben Sie mir einen Tipp! Ich bin halt wahnsinnig viel unterwegs, Sicherheit ist immer ein Thema und so schlecht kann es nicht laufen, sonst wäre ich nicht zwei Mal gegen einen amtierenden Bürgermeister in die Stichwahl gekommen.

Die Menschen haben oft das Gefühl, es geht nichts weiter in der Stadt – ist das so?
HARALD PREUNER: Wir haben in der Stadt de facto eine Koalition aus Rot und Grün – die beiden Fraktionen haben eine Mehrheit im Gemeinderat und dazu gibt es keine Alternative. Wenn wir wo mitstimmen, ist es recht, aber mehr auch nicht. Und wenn sich Rot und Grün nicht einig sind, dann steht die Partie. Und deswegen haben die Leute das Gefühl, es geht nichts weiter. Als wir vor zwei Jahren gegen die Bürgerliste die Innenstadtregelung aufgehoben haben, war das das erste Mal, dass die SPÖ gegen die Bürgerliste gestimmt hat. Und dann sorgt auch das schwammige Modell der direkten Demokratie für das Gefühl von Stillstand. Dass sich die Bevölkerung diesen Schmäh überhaupt vorgaukeln lässt – bei der Erweiterung der Mönchsberggarage, zu der ich im Übrigen stehe oder bei der Innenstadt-Verkehrsregelung ist diese direkte Demokratie dann eben doch wieder nicht möglich, das ist ja nur mehr zum Lachen. Zum Thema Verkehr müsste man in Wirklichkeit nicht nur die Stadt-Salzburger befragen, sondern auch jene im Umland.

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