Wir sollten Frauen gezielt ermutigen

Amelie Gross, Unternehmerin und Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft | Foto: JUnge Wirtschaft/Anna Rauchenberger
  • Amelie Gross, Unternehmerin und Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft
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Im Bundesvorstand der Jungen Wirtschaft sitzen mit Ihnen drei Frauen und ein Mann. Wie konnte es dazu kommen?
AMELIE GROSS:
Das ist Zufall. In den Landesorganisationen sitzen neun Männer, insofern ist es aber schon etwas Besonderes.

Was sind die größten Hürden für Frauen als Unternehmerinnen?

AMELIE GROSS: Das ist nach wie vor die Kinderbetreuung. Es hat sich zwar schon viel getan und wir sind mit 27,4 Prozent schon nahe am Barcelona-Ziel, wonach es für 33 Prozent der unter Dreijährigen einen Betreuungsplatz geben muss. Im urbanen Raum ist es etwas besser, aber im ländlichen Raum teilweise immer noch eine Katastrophe – dort sperren manche Kindergärten um 15 Uhr zu. Das spüren selbstständige Frauen natürlich – die mittlerweile 44 Prozent aller Neugründerinnen sind.

Wie Start-up-freundlich ist Österreich, wie sehr wird die "Unternehmerkultur" in der Schule vermittelt?

AMELIE GROSS: In Österreich ist die Selbstständigenquote vergleichsweise niedrig, entsprechend wenig ausgeprägt ist auch der Unternehmergeist. Im Zuge der Start-up-Euphorie wurde es in den letzten Jahren aber wieder populärer, ein Unternehmen zu gründen. Das sind natürlich nicht immer Start-ups, aber der positive Effekt ist ja trotzdem da.

Welche Begegnungen mit Unternehmerkultur haben Sie in der Schule und bei Ihrem Jus-Studium gemacht?
AMELIE GROSS: In meiner eigenen Schullaufbahn hat Wirtschaft nur einen winzigen Teil ausgemacht. Deshalb bin ich auch überzeugt, dass wir nicht nur in den Handelsakademien und BHS, sondern unbedingt auch in den AHS einen Wirtschafts- und Finanzunterricht benötigen.

Braucht es auch mehr Spaß am Job in den Köpfen?
AMELIE GROSS: Ja, unbedingt. Man hat ja das Gefühl, die Leute leben von einem Wochenende zum anderen und überlegen sich, wie sie möglichst früh in Pension gehen können. Unternehmerisches Denken wäre auch für Nicht-Unternehmer ein Gewinn. Deshalb wären Übungsfirmen auch in den AHS eine Wohltat.

Zurück zu den Frauen: Frauen sind, wenn es um die Top-Positionen in Unternehmen geht, immer noch in der Minderzahl. Wird sich das im Laufe der nächsten 100 Jahre "irgendwie schon geben" oder braucht es dazu gezielte Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Frauenquote?
AMELIE GROSS: Ein schwieriges Thema. Es ist Aufgabe unserer Gesellschaft, ein modernes Frauenbild zu vermitteln, das Frauen nicht nur als mütterlich und fürsorglich darstellt, sondern vor allem auch als beruflich erfolgreich. Wie sehr schon kleine Kinder von gängigen Stereotypen beeinflusst werden, zeigt ein persönliches Erlebnis: Meine damals dreijährige Nichte – deren Eltern beide erfolgreich berufstätig sind – kam zu Besuch in mein Büro und sagte dann, als sie auf meinem Schreibtischsessel sitzen durfte: "Ich bin ein Mann." Daran sieht man, dass es die ganze Gesellschaft braucht und nicht nur die jeweiligen Eltern.

Das beantwortet freilich die Frage nach der Frauenquote noch nicht.

AMELIE GROSS: Ich bin hier in der Bredouille. Ich verstehe, dass sich Unternehmen nicht hineinreden lassen wollen, ich verstehe aber auch, dass die Regierung eine Frauenquote in den Aufsichtsräten probieren möchte. Was es auf jeden Fall braucht, ist, dass wir Frauen ganz gezielt ermutigen, sich für Führungspositionen zu bewerben. Von Diversität auf allen Ebenen profitiert jedes Unternehmen.

Sie haben in einem früheren Interview gesagt, es bräuchte viel mehr Ganztagesschulangebote. Ist das nur für Frauen wichtig oder auch für Männer?

AMELIE GROSS: In erster Linie ist es wichtig für die Kinder, denn um sie geht es. Sie sollen individuell gefördert werden und nachmittags nicht sich selbst überlassen sein. Es ist also ein Thema für die gesamte Gesellschaft, nicht nur für Frauen.

Denken wir an die 50er-Jahre zurück, als die Frauen noch zu Hause waren. Damals haben wir keine Ganztagesschulen gebraucht.

AMELIE GROSS: Gott sei Dank hat sich seither viel verändert. Aber unabhängig davon, dass vielen Frauen ihr Job Spaß macht, braucht es heute einfach zwei Einkommen.

Sie führen selbst in dritter Generation ein Familienunternehmen, nämlich Inkasso Merkur mit Sitz in Salzburg. Mit welchen Herausforderungen sind Sie da konfrontiert?

AMELIE GROSS: Die Steuerbelastung und die ausufernde Bürokratie – das sind die größten Brocken. Vor allem die Bürokratie war für mich letztlich Motivation, mich in der Interessensvertretung zu engagieren.

Sie erreichen bei der Eintreibung offener Rechnungen eigenen Angaben zufolge eine 90-prozentige Erfolgsquote. Warum erreichen Sie etwas, das mit einer Rechnung nicht funktioniert?

AMELIE GROSS: Ein Großteil der säumigen Zahler spielt sich einfach, schaut, wie lange lässt sich die Zahlung noch aufschieben. Ein Brief vom Inkasso-Unternehmen macht da natürlich mehr Druck. Was viele dabei nicht bedenken, ist, wie sehr sie vor allem kleineren Unternehmen schaden, wenn sie die Rechnungen monatelang nicht bezahlen.

Was sind die gängigsten Ausreden fürs Nicht-Bezahlen?

AMELIE GROSS: Das ist sehr unterschiedlich und reicht von "Mein Nachbar stiehlt immer die Post, ich habe das Paket gar nicht erhalten" bis zu "Ich habe es eh bezahlt, finde aber den Beleg nicht mehr." Manchmal stecken auch traurige Geschichten dahinter, Schicksalsschläge, die dazu führen, dass Menschen vorübergehend zahlungsunfähig sind. Da braucht es vor allem am Telefon viel Fingerspitzengefühl.

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