Schärding
Dr. Ursula Hammel gibt Amt als Bezirksärztesprecherin ab

- 2013 hat Dr. Ursula Hammel begonnen, den Hausärztlichen Notdienst im Bezirk Schärding auf die Beine zu stellen. 2017 stellte sich sie schließlich für das Amt des Bezirksärztesprechers zur Verfügung. 2022 endet ihre Amtsperiode.
- Foto: Hammel
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Nach fünf Jahren als Bezirksärztesprecherin übergibt Allgemeinmedizinerin Ursula Hammel am 16. November 2002 ihr Amt an Dr. Bernhard Hohenberger.
SCHÄRDING. Was sie dazu bewog, worauf sie positiv zurückblickt und warum sie ihrem Nachfolger viel Humor wünscht, darüber spricht Hammel im Interview.
Wieso legen Sie ihr Amt als Bezirksärztesprecherin nieder?
Hammel: Ich habe 2013 begonnen, den Hausärztlichen Notdienst (HÄND) im Bezirk Schärding auf die Beine zu stellen. Das war eine sehr intensive Zeit, wo ich permanent mit allen Kollegen im Bezirk in Kontakt stand. Bezirksärztesprecher war damals Dr. Walter Schreiner. Die Bezirksärztesprecher werden alle fünf Jahre neu gewählt, und ich habe mich dann 2017 für das Amt zur Verfügung gestellt. Nachdem jetzt wieder fünf Jahre vergangen sind, war es Zeit, sich um eine Nachfolge umzusehen.
Haben Sie nicht überlegt, das Amt fortzuführen?
Ich hätte schon noch weiter machen können, aber ich sehe es als enorm wichtig, dass jüngere Kollegen nachrücken. Wir "Alten" müssen den Jungen Platz machen. Es geht ja schließlich um deren Zukunft.
Wie sieht Ihr persönliches Resümee aus?
Es war eine spannende Zeit.
Besonders positive Momente?
Der Start des HÄND 2014 hat uns Ärzten gezeigt, dass am meisten weitergeht, wenn man zusammenarbeitet. Am HÄND wurde so lange gefeilt und gefeilscht, bis wir bei der finalen Abstimmung eine 100-prozentige Zustimmung in der Kollegenschaft hatten und gemeinsam mit dem Roten Kreuz losstarten konnten.
Was waren die größten Herausforderungen der letzten Jahre?
Neben der Installation des HÄND die Flüchtlingswelle 2015 und natürlich als größte Herausforderung Corona. Bei der Flüchtlingswelle haben wir gemeinsam versucht, eine medizinische Basisversorgung zu organisieren – inklusive Bereitschaftsdienstplan freiwilliger Ärzte. Natürlich konnte keiner ahnen, wie viele Menschen es in Summe werden würden, die durch Schärding kamen – in einem teils miserablen Gesundheitszustand.
Und Corona?
Als die Corona-Pandemie begann, saßen wir Ärzte fassungslos vor dem Fernseher und sahen Bilder von Menschen im Raumfahrer-Outfit, die Patienten mit einer schrecklichen Viruserkrankung versorgten, wo noch keiner so recht wusste, was das nun werden wird – und selbst hatten wir nichts an Ausrüstung. Keine Masken, keine Schutzanzüge, nicht mal ausreichend Handschuhe. Ich habe mich damals umgehend drum bemüht, dass Ärzte, die selbst zur Risikogruppe gehörten aus den Dienstplänen genommen wurden, um direkten Patientenkontakt zu minimieren. Wir haben von überall her provisorische Schutzausrüstung organisiert: von der Lackierer-Maske bis zum selbst genähten Face-Shield. Als dann wieder Masken verfügbar waren, hab ich Großbestellungen organisiert und Masken an die Kollegen verteilt. Die Ansteckungsrate unter den Ärzten lag am Ende immerhin drei Mal so hoch, wie in der Durchschnittsbevölkerung, was in jedem Erkrankungsfall eine Ordinationsschließung für 14 Tage bedeutete. Als dann endlich die Impfung kam, hab ich organisiert, dass alle Ärzte des Bezirks ein rasches Impfangebot bekamen. In dieser Zeit war auch der Informationsaustausch mit der Bezirksbehörde, dem Amtsarzt und dem Roten Kreuz sehr intensiv, die Idee mit dem Drive-in-Testangebot hab zum Beispiel ich eingebracht.
Worauf hätten Sie gerne verzichtet?
Als Bezirksärztesprecher muss man leider auch für jede Unmutsäußerung den Rücken hinhalten – und das kann echt anstrengend sein. Das geht von Unzufriedenheiten bei der Dienstplaneinteilung bis zu Patientenbeschwerden, die man weiterleiten muss. Aber so ist das eben, das gehört dazu – und das geb ich jetzt auch sehr gerne weiter an meinen Nachfolger.
Gibt es etwas, das Sie, mit Ihrem heutigen Wissen, anders gemacht hätten?
Nein.
Sie haben sich auch schon vor Ihrer Tätigkeit als Bezirksärztesprecherin sehr um die Ärzteschaft im Bezirk Schärding angenommen. Was hat Sie in Ihrem Tun für die Kollegschaft immer motiviert?
Ich bin überzeugt davon, dass Kooperation uns Ärzte mehr weiterbringt als Konkurrenz. Das ist meine ständige Motivation. Um Kooperation muss man sich aber permanent bemühen, und mir ist das nicht zu blöd. Vielleicht ticke ich auch deswegen so, weil ich selber vier Söhne, drei Schwiegertöchter und zwei Enkelkinder habe. Wir vertragen uns alle gut – aber das wird einem nicht einfach so geschenkt, das erfordert ständige Aufmerksamkeit und Respekt.
Was sagen Ihre Kolleginnen und Kollegen zu Ihrem Rücktritt?
Ich hab sie nicht gefragt. Es ist ja auch kein Rücktritt, sondern das Ende einer Funktionsperiode. Es war jedenfalls etwas mühsam, einen Kollegen zu finden, der sich der Wahl stellt – aber es geht ja nicht alle fünf Jahre gleich um HÄND, Flüchtlingswelle und Corona.
Gibt es schon eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger?
Dr. Bernhard Hohenberger hat sich bereit erklärt, zum Bezirksärztesprecher zu kandidieren.
Welche Aufgaben und Herausforderungen warten auf Ihren Nachfolger?
Was auf ihn zukommt, ist die Pensionierungswelle der Ärzte: 12 Allgemeinmediziner im Bezirk sind mittlerweile über 60 Jahre alt. Es ist nicht realistisch, dass sie alle Nachfolger für ihre Ordinationen finden werden, wodurch der Zustrom in die verbleibenden Ordinationen stark ansteigen wird. Dies wird unweigerlich zu einer Reform des HÄND führen, denn die Verfügbarkeit des Hausarztes nach 23 Uhr wird sich nicht mehr aufrechterhalten lassen, wenn die Arbeit am nächsten Tag ausufert.
Was wünschen Sie ihm?
Ich wünsche Dr. Hohenberger jedenfalls viel Humor – das hilft immer.


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