Alte Bräuche im Innviertel
Was früher bei Hochzeiten, Tod und Co. so üblich war

Bei Todesfällen kam früher alles zum Stillstand: Die Uhren wurden angehalten und Spiegel verhängt. | Foto: Bichler
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Schwarze Brautkleider tragen, Uhrzeit zur Todesstunde anhalten oder Hausväter-Bücher zu Rate ziehen, war früher Brauch.

WERNSTEIN. Der Wernsteiner Eduard Wiesner kennt als Chronist und Verleger historischer Schriften viele alte Bräuche. Erst kürzlich hat er sein Wissen und seine reichhaltige Sammlung an alten Artfakten der Gemeinde Wernstein zur Verfügung gestellt – für die Brauchtumsausstellung "Wie's unser Brauch is und war". Die BezirksRundschau Schärding hat sich von Wiesner durch die Ausstellung führen und sich den einen oder anderen alten Brauch erklären lassen. 

Hausväter-Buch zur Aufklärung

Gleich das älteste Stück der Ausstellung ist Zeitzeuge des gesellschaftlichen Umdenkens: ein sogenanntes "Hausväter-Buch" aus dem Jahr 1719. Auf über 1.500 Seiten gibt es Informationen zu allen möglichen Bereichen des täglichen Lebens – auch was den menschlichen Körper betrifft. "Hausväter-Bücher waren ein Zeichen der Aufklärung. Die Bevölkerung sollte Bildung erfahren – jedoch in Abgrenzung zur Kirche. Die Bücher enthielten deshalb etwa Informationen über Brüste, Geschlechtsteile, aber auch über Medizin, wie Tiere gehäutet werden oder Rezepte", erklärt Wiesner. 
Abergläubisch zeigten sich die Menschen früher bei Naturphänomenen wie Gewittern. Deshalb stellten sie Wetterkerzen bei nahenden Unwettern auf, um Schäden und Blitzeinschläge abzuwenden. "Die Kerzen sollten Blitz und Donner fern halten, also vor Naturkatastrophen schützen", sagt Wiesner. Dafür wurden sie zu Mariä Lichtmess geweiht. Neben dem Schutz vor Unwettern sorgten die Wetterkerzen auch für "gutes Wetter" innerhalb der Familie, in der Schule, im Verein und der Arbeit.  

Leinen als Mitgift und Lehrbücher für Ehe

Viele heute nicht mehr gebräuchliche Rituale gab's noch bis in die 1940er Jahre bei Hochzeiten. So etwa trug die Braut bis zu diesem Zeitpunkt ein schwarzes Hochzeitskleid, das danach noch regelmäßig zu Kirchgängen und anderen feierlichen Anlässen angezogen wurden. Außerdem brachte die Frau als Mitgift häufig Leinen mit – und Mehlsäcke mit ihrem Mädchennamen und dem Hochzeitsjahr bedruckt. "Bis in die 1950er, 1960er Jahre hatten verheiratete Frauen auch schwarze, gebundene Kopftücher auf, die ins Haar gesteckt wurden", erklärt Wiesner. Und fürs frisch vermählte Paar gab's Lehrbücher für die Ehe.    
Eine besondere Rolle kam bis Mitte des 20. Jahrhunderts der "Godn", umgangssprachlich für Taufpatin, zu. Da viele Säuglinge noch im Kindsbett starben, fanden die Taufen meist sehr früh statt – bisweilen sogar am Tag der Geburt, wie Wiesner recherchiert hat. Da die Mutter deshalb oft nicht dabei sein konnte, übernahm ihre Rolle die "Godn". 

Bei Todesfall: Fenster öffnen

Gewandelt haben sich auch die Bräuche rund um den Tod. Bei Todesfällen kam bis in die 1960er Jahre hinein für einige Tage am Hof oder im Haus des Verstorbenen alles zum Stillstand. "Alle Spiegel im Haus wurden verhängt oder umgedreht, denn wenn eine Leiche sich spiegelt folgt ein weiterer Todesfall. Und die Uhren wurden angehalten", zählt Wiesner auf. Damit die Seele hinausfliegen konnte, öffnete man kurz nach Eintritt des Todes auch die Fenster. Danach wurden Augen und Mund geschlossen und das Gesicht bedeckt.
"Die Aufbahrung fand bis die ersten Aufbahrungshallen entstanden ja zu Hause statt", weiß Wiesner. Dabei brannten neben dem Toten bis er das Haus verließ Kerzen. Die Blumenstöcke wurden aus dem Sterbezimmer entfernt. Und die Möbel gerückt. Außerdem galt es sowohl Nachbarn als auch Tiere, Pflanzen und Gegenstände vom Todesfall in Kenntnis zu setzen. Bis zur Beerdigung wurden alle nicht unbedingt notwendigen Arbeiten unterlassen – das heißt kein Wäsche waschen, kein spinnen oder Brot backen.
Vom Haus weg ging's dann direkt zum Friedhof. "Dabei gab es früher das Ritual des dreimaligen Abstellens", erzählt der Wernsteiner Verleger und führt weiter aus: "Am Weg aus dem Haus wurde der Sarg drei Mal zu Boden gestellt. Damit verabschiedete sich der Tote von seinem Heimathaus." Dieses wurde danach gereinigt.

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