Haftanstalt Suben
Bewerbungstraining für junge Straftäter
Gemeinsam mit den jungen Inhaftierten erarbeiten die Jugendcoaches berufliche Perspektiven für das Leben nach der Haft.
SUBEN (juk). Eine Inhaftierung bedeutet einen Bruch in der Biographie eines jungen Menschen, der sich nicht nur als Lücke im Lebenslauf niederschlägt. Eine Haftstrafe prägt. Und die Erfahrungen wirken sich belastend auf die weitere Lebensplanung aus. „Wie sage ich im Bewerbungsgespräch, dass ich im Gefängnis war?“, ist dabei nur eine der Fragen, die viele Jugendliche beschäftigen. Die Justizanstalt Suben arbeitet für das Projekt "Bewerbungstraining für junge Inhaftierte" mit dem Jugendcoaching und mit Firmen zusammen. Gemeinsam mit Carmen Hois vom Sozialen Dienst der Justizanstalt und Anton Zweimüller, Beamter der Ausbildungsstelle Suben, wurden vier junge Männer ausgewählt und vorbereitet. Bewerbungsgespräche wurden gemeinsam geübt und Bewerbungsmappen erstellt. Am 18. November des Vorjahres trafen vier junge Herren und vier Vertreter von renommierten Firmen aus dem Bezirk – Josko, Schwarzmüller, Waizenauer und Seminarhotel Wesenufer – in einem Seminarraum des Seminarhotels Wesenufer aufeinander und übten Bewerbungsgespräche. Das Feedback der Personalverantwortlichen wurde mit einem Jugendcoach besprochen und beim nächsten Gespräch bereits angewendet.
Aussicht auf Lehrvertrag
Beim abschließenden Gespräch im Zuge eines gemeinsamen Mittagessens wurde Resümee gezogen. Die jungen Männer freuten sich über die Wertschätzung, die ihnen von den Firmen entgegengebracht wurde. Tatsächlich haben alle vier Kandidaten Zusagen für Schnupperpraktika bei den anwesenden Firmen erhalten. Wenn diese zu beidseitiger Zufriedenheit ablaufen, sind Abschlüsse von Lehrverhältnissen möglich. Auch die Firmen zeigen sich zufrieden. Junge Menschen geraten nicht ohne Grund auf die schiefe Bahn, meint Josko-Personalverantwortliche Martina Bauer und möchte bei der Reintegration unterstützen. Auch Doris Vitale, Geschäftsführerin des Bauunternehmens Waizenauer, ist sicher, dass manche junge Menschen eine zweite Chance brauchen. Um nach einer Haft wieder Fuß fassen zu können, sei das soziale Umfeld und eine Ausbildung, in der man viel mitnimmt, ihrer Meinung nach entscheidend. Nadine Scheibenreif, Ausbildungsverantwortliche des Nutzfahrzeugherstellers Schwarzmüller, erklärte sich sehr schnell bereit, das Projekt zu unterstützen. Die Firma Schwarzmüller hat auch ein Pilotprogramm, ein Trainingscenter, in dem ehemalige Inhaftierte einen Ausbildungsplatz finden können. In diesem Programm erlernen junge Menschen ein Handwerk, und gleichzeitig haben sie die Möglichkeit, sich mit Hilfestellung von Seiten der Firma neu auf die Füße zu stellen.
"Person zählt mehr als seine bisherige Geschichte"
Das Seminarhotel Wesenufer hat nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch seinen Fachausbildner und Sozialarbeiter Markus Pracher als Gesprächspartner für dieses Bewerbungstraining zur Verfügung gestellt. Nicht ausschließlich der absolute Fachkräftemangel in der Gastronomie sei der Grund, warum er sich gut vorstellen könne, ehemalig Inhaftierte als Lehrlinge aufzunehmen. Für Markus Pracher kommt es in erster Linie auf die Person an, nicht auf die bisherige Geschichte.
„Wenn ein Mensch sein Leben von Grund auf ändern will und dazu die gute Struktur eines sicheren Arbeitsplatzes und vielleicht auch etwas Rückhalt aus der Familie hat, dann kann ein Umdenken in der Person stattfinden“, so Markus Pracher.
Das Hotel Wesenufer bietet in seinem Haus acht verschiedene Ausbildungs-Maßnahmen von Pro Mente OÖ an – von Arbeitstraining bis zu Transitbeschäftigung.
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