100 Jahre Erinnerungen in Wien-Simmering
Maria Kincl erinnert sich an ihre Jugend in Tschechien, Simmering und den Greißler ums Eck.
SIMMERING. Als die Republik Österreich gegründet wurde, erblickte Maria Kincl das Licht der Welt. Aufgewachsen ist die Simmeringerin in Jägerndorf. "Dort war ich glücklich, aber als Sudetendeutsche wurden wir dann vertrieben – da war ich 27 Jahre alt", erinnert sich Kincl. "Das war die schlimmste Zeit für mich."
So kam sie nach Wien, wo ihre Schwester sie in der Kegelgasse 24 auf der Landstraße aufnahm. Sie fand schnell eine Arbeit als Haushälterin – und dabei lernte sie auch Josef kennen und lieben. "Er war ein braver, lieber Mann. Wir waren 65 Jahre miteinander verheiratete", erinnert sie sich heute noch liebevoll an den ehemaligen Polizisten: "Mein Josef fuhr damals noch im ersten Streifenwagen Wiens mit."
Arbeit beim Greißler
Eineinhalb Jahre nach dem Kennenlernen heirateten die beiden – und zogen nach Simmering. Erst wohnten sie in der Leberstraße und anschließend in der Grillgasse. "Da gab es am Eck einen Greißler. Bei dem habe ich dann sechs Tage in der Woche gearbeitet", blickt sie zurück. So wurde sie zu einem richtigen Grätzel-Original, das jeder kannte.
"Damals hat er zwei Millionen Schilling Umsatz im Jahr gemacht", ist sie heute noch stolz auf ihre Arbeit. Rund drei Jahrzehnte stand sie hinter der Budel, "aber zu meinem 61. Geburtstag hat er dann zugesperrt."
"Ich möchte nicht in der Stadt wohnen"
Noch heute wohnt die Simmeringerin in der Nähe ihres Ex-Greißlers. Besuch bekommt sie von ihrer Tochter, die heute schon 69 Jahre alt ist, und ihrer Freundin Julia, die ihr auch viel hilft.
Maria Kincl gefällt ihr Grätzel: "Ich möchte nicht in der Stadt wohnen", lobt sie das viele Grün im Elften. Gerne erinnert sie sich an ihre Urlaube in der Steiermark, als ihr Josef noch lebte. "Er ist leider mit 80 verstorben", so Kincl: "Ich kann gar nicht glauben, dass ich schon 100 bin. Ich hab so viel erlebt und lebe noch."
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