Landesgericht St. Pölten
LH Mikl-Leitner sagt im Waldhäusl-Prozess aus

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner macht einen gelassenen Eindruck vor ihrer Aussage.  | Foto: RegionalMedien NÖ
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Der Prozess gegen Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine Landesbedienstete ging in die nächste Runde. An diesem Prozesstag wurde Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als Zeugin einvernommen.

NÖ. Landesrat Gottfried Waldhäusl muss sich seit 02. Februar 2022 vor Gericht wegen der Verlegung von Jugendlichen in das Flüchtlingslager in Drasenhofen verantworten. Am 20. Juni 2022 stand die Zeugenaussage der Landeshauptfrau auf dem Programm.

„Keine Gespräche zwischen Mikl-Leitner & Waldhäusl“

Richterin Silvia Pöchacker begann die Einvernahme der Landeshauptfrau mit der Frage, wann sie Kenntnis von den Maßnahmen des Landesrates erlangt hat. Dazu konnte Johanna Mikl-Leitner keine genauen Angaben machen, da Landesrat Gottfried Waldhäusl allein zuständig für Asylbelange war und somit auch für die Betreuungseinrichtungen.

„Ich habe keine genauen Informationen zu den Planungen gehabt, da ich in das operative Geschehen nicht eingebunden war,“ gibt die Landeshauptfrau zu Protokoll.

Sie wurde laut eigenen Aussagen erst durch die Schilderungen der unabhängigen Kinder und Jugendanwältin Gabriela Petraschofksy tätig. Auf Grundlage dieser Empfehlungen, sprach Mikl-Leitner die Weisung aus, die Jugendlichen aus dem Flüchtlingslager Drasenhofen verlegen zu lassen. Auf die Nachfrage des Staatsanwaltes Michael Schön, ob politische Einflussnahme Grund für die Verlegung war, meinte Mikl-Leitner, dass einzig die Empfehlung der Jugendanwältin ausschlaggebend für die Entscheidung war.
Mit wenigen weiteren Nachfragen der anwesenden Anwälte wurde die Befragung zur Verwunderung der Landeshauptfrau nach etwa zwanzig Minuten wieder beendet.

Johanna Mikl-Leitner bei einem kurzen Interview vor dem Schwurgerichtssaal im St. Pöltner Landesgericht.  | Foto: RegionalMedien NÖ
  • Johanna Mikl-Leitner bei einem kurzen Interview vor dem Schwurgerichtssaal im St. Pöltner Landesgericht.
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Waldhäusl meldet sich

Nachdem die Landeshauptfrau den Saal verlassen hatte, nahm Landesrat Waldhäusl wieder vor dem Richter Platz, um ein Bild vorzuzeigen, das das alte Atomkraftwerk in Zwentendorf zeigte - deutlich darauf zu sehen war ein Stacheldrahtzaun. Dies, so führte der Landesrat aus, diente im Jahr 2002 153 Schülerinnen und Schülern einer Volksschule als Ersatzquartier für ihre Schule.

„Ich finde es scheinheilig von der Landeshauptfrau, die damals dafür zuständig war, Kinder ein Jahr lang dort unterzubringen ohne von der pädagogischen Beeinträchtigung zu sprechen, die Kinder dort erleiden können,“ so Waldhäusl.

Staatsanwalt Michael Schön und Anwalt Georg Zanger entkräften dieses Argument des Landesrates mit der Anmerkung, dass dieser Stacheldrahtzaun nicht für den Schutz der Kinder angebracht wurde, sondern schon davor zum Schutz des Atomkraftwerkes bestanden hat. Dazu wollte sich der Landesrat dann nicht mehr äußern.

Leitende Pädagogin im Zeugenstand

Nach einer kurzen Unterbrechung wurde die studierte Erziehungswissenschafterin Kitty Kiss in den Zeugenstand gerufen, die das Betreuungskonzept für Drasenhofen verfasst hat. Im Zentrum dieser Befragung stand zum einen die Unterbringung in Drasenhofen und zum anderen die Abholung der Jugendlichen.
Kiss sprach ausführlich über das Konzept, das sie für die Unterbringung geschrieben hat. Darin waren neben einem Tagesablauf auch Freizeitaktivitäten, Deutschkurse und der Besuch einer Schule vorgesehen, um die Jugendlichen so gut wie möglich in die Gemeinde zu integrieren.
Kiss führte dann weiter die Zustände des Hauses in Drasenhofen aus. Laut ihren Angaben gab es aufgrund des zeitlichen Drucks vieles, was unvollständig war, als die Jugendlichen einzogen. So waren etwa einige Zimmer und Freizeitaktivitäten innerhalb des Hauses unfertig.

„Pädagogisch gesehen ist es aber wertvoll, mit den Jugendlichen beispielsweise die Fitness-Geräte aufzubauen, um so ein Gemeinschaftsgefühl zu fördern,“ meint Kiss dazu.

So sah es vor Prozessbeginn vor dem Landesgericht in St. Pölten aus.  | Foto: RegionalMedien NÖ
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„Jugendliche konnten sich frei bewegen“

Zu dem Stacheldrahtzaun befragt, sagte die Zeugin aus, dass sie sich nicht viele Gedanken darüber gemacht hat und gab weiters an, dass das Sicherheitskonzept von anderer Stelle kam. Außerdem betonte sie, dass die Jugendlichen keineswegs eingesperrt waren und jederzeit das Haus verlassen konnten.

„Einzige Voraussetzung war ein Abmelden und Bescheidgeben, wann sie wieder da sein werden,“ erläuterte Kiss.

Hier hakte bei späterer Befragung der Staatsanwalt ein und wies auf das Protokoll hin, in dem es heißt, dass Jugendliche nur begleitet, das Haus verlassen dürfen. Die Pädagogin gab in der Folge an, das ganze Konzept, das der Arbeit in Drasenhofen zu Grunde gelegen ist, nicht kannte, was zu Verwunderung bei Staatsanwalt Michael Schön und Anwalt Clemens Lehner führte. Sie habe lediglich die Erstversion verfasst und sei über weitere Änderungen nicht informiert worden.
Die Verwunderung wurde noch größer, als die Zeugin aussagte, dass die Fenstergriffe im ersten Stock abmontiert wurden, um depressive Jugendliche vor suizidalen Handlungen zu schützen. Im Erdgeschoss wurden diese ebenfalls entfernt, um die Jugendlichen dazu zu zwingen, die Vordertür für das Verlassen zu benutzen.
Privatbeteiligtenvertreter Clemens Lahner strich hier den Widerspruch zu einer von Kiss getätigten Aussage am 19. April 2019 hervor. In einer Zeugenaussage vor dem Landesverwaltungsgerichts sagte Kiss aus, dass sie nicht wisse, auf welcher Grundlage die Fenstergriffe abmontiert wurden und sie sich auch mit niemandem darüber unterhalten habe.

Freiwillige Entscheidung der Jugendlichen?

Befragt zu der Abhol-Aktion der Jugendlichen aus Korneuburg, gab die Pädagogin an, dass sie beim Abholen dabei war und die meisten Jugendlichen zwar sehr verwundert und nicht begeistert waren, aber freiwillig mitgekommen sind. Einzig ein Jugendlicher wehrte sich vehement und drohte mit Suizid. Daraufhin wurde die Polizei verständigt und der Jugendliche letztendlich zum Mitfahren bewegt. Dies steht im Widerspruch zu der Aussage der Mitangeklagten Landesbediensteten, die aussagte, dass die Jugendlichen selbst entscheiden durften, ob sie mitfahren wollen. Dazu sagte Kiss, dass dies theoretisch möglich war,

„aber sie konnten auch in Korneuburg nicht mehr bleiben, dort ihr Platz weg war und keine finanzielle Unterstützung mehr gegeben war. Somit konnten sie sich zwar theoretisch weigern, konnten aber auch nicht dort bleiben, wo sie waren.“

Abschließend sagte Kitty Kiss, dass sie die eine Woche in Drasenhofen zwar sehr turbulent erlebt hat, aber gerne noch weitere Wochen gehabt hätte, damit sich die Situation vor Ort normalisieren kann.

Die nächsten Verhandlungstermine sind für den 01. Juli und den 23. August angesetzt.


Die Vorgeschichte zum Nachlesen

Tag 2 beim Prozess gegen Landesrat Waldhäusl
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Prozess gegen Landesrat Gottfried Waldhäusl fortgesetzt

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