Funde am Telfer Schlossbichl: Der verlorene Schuhnagel eines Legionärs

Ein kleiner, aber wichtiger Fund: Der Schuhnagel eines römischen Legionärs. | Foto: Dietrich
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  • Ein kleiner, aber wichtiger Fund: Der Schuhnagel eines römischen Legionärs.
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TELFS. Bei der von der Marktgemeinde in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt initiierten Ausgrabung kamen zahlreiche Knochenreste und Brandspuren zutage, die untrügliche Belege für einen frühgeschichtlichen Opferplatz sind. Dazu kommen zahlreiche Keramikbruchstücke. Metallfunde halten sich in Grenzen – hier haben illegale Sondengänger bereits vieles „abgeräumt“.

Neue Funde bestätigen eine Kultstätte

Es wurden aber doch einige Stücke geborgen, die gut ins Schema „Opfergabe“ passen: ein Bronzearmreif, Ringe, ein Sichelmesser, ein Lanzenschuh (das ist die eiserne Verschlusskappe am hinteren Ende einer Lanze), Bruchstücke eines Schildbuckels und anderes mehr. Äußerlich unscheinbar, aber dennoch sehr wichtig ist ein kleiner Nagel aus der Schuhsohle eines römischen Legionärs: Er zeigt, dass die Kultstätte nach der Eroberung des Alpenraumes durch die Römer im Jahr 15 v. Chr. weiterbestand.

Interessante bauliche Strukturen

Bemerkenswert sind auch die baulichen Strukturen, die die Archäologen gefunden haben. Am Fuß des Hügels im Westen bestand ein von Menschen geschaffenes „Wall-Graben-System“, das wohl als optische Abgrenzung der Kultstätte diente. Am Ostabhang stieß man auf eingestürztes Mauerwerk, Brandschichten und eine quadratische Steinsetzung, deren Funktion noch rätselhaft ist. "Dieser Befund lässt sich als Fundament interpretieren, weswegen wir an dieser Stelle ein Gebäude vermuten“, meint die Grabungsleiterin. Bemerkenswerterweise wurde auch Mörtel gefunden, was auch auf die römische Epoche hinweist.
Zu welchem Bauwerk die Steinlagen gehörten ist nicht klar, weil bei der Sondierungs-Grabung nur begrenzte Probeflächen untersucht werden konnten. Stand hier ein Haus, ein ummauerter Kultplatz oder vielleicht sogar ein Tempel? Das ließe sich nur durch weitere Grabungen klären.
Tamara Senfter: „Das Areal ist riesig und überall sind verdächtige Geländeformen erkennbar. Bei der einwöchigen Probegrabung konnten wir gerade drei Bodenschnitte gründlich untersuchen. Dass wir trotzdem überall schöne Ergebnisse haben, spricht für sich und für den besonderen Fundplatz. Einige Fragen wurden geklärt, aber natürlich sind auch viele offen geblieben. Zum Beispiel die, ob es einen zentralen Opferaltar gab und wo sich dieser befand."

Denkmalschutz: Raubgräberei eine Straftat

Ins Rollen gekommen sind die Forschungen am Telfer Schlossbichl bekanntlich durch außergewöhnliche Funde von Sondengängern, die illegal Schmuckstücke, Waffen, Werkzeuge und andere Opfergaben ausgegraben haben. Inzwischen steht das ganze Gelände unter Denkmalschutz. Das bedeutet, dass dort die Raubgräberei keine Verwaltungsübertretung mehr ist, sondern eine Straftat.

Weitere Opfergaben und ein Mauerfundament

Noch einmal bemerkenswerte Funde hat der letzte Grabungstag, der 15. Juni 2015, auf dem Schlossbichl bei Moritzen gebracht. Zum Abschluss besuchte Bgm. Christian Härting die Archäologen um sich ein Bild von den Ergebnissen der Forschungsarbeit zu machen.
Am letzten Tag konzentrierten sich die Aktivitäten der Archäologen auf den Grabungsschnitt am östlichen Abhang des vorgeschichtlichen Heiligtums, wo eingestürztes Mauerwerk gefunden worden ist. Hier konnten unter den Trümmern eindeutig Teile eines Gebäudefundaments identifiziert werden. Grundriss und Funktion sind allerdings noch unklar, weil im Rahmen der Sondierungsgrabung nur eine kleine Probefläche geöffnet werden konnte.

Schmiede am Schlossbichl?

Ganz in der Nähe kamen in größerer Zahl Eisenschlacken zutage. Sie beweisen, dass es am Schlossbichl vor rund 2000 Jahren eine Schmiede oder eine andere metallverarbeitende Werkstätte gegeben haben muss.

Interessante Funde ...
... gab es am letzten Tag auch noch am Fuß des Hügels im Westen. Dort haben die Ausgräber wie berichtet ein Wall-Graben-System nachgewiesen, das wohl zur Abgrenzung der Kultstätte diente. Nahe der Stelle, wo am ersten Tag ein bronzener Armreif aufgetaucht ist, wurden ein weiterer ganz ähnlicher Armreif und eine große, kunstvolle Gürtelschnalle entdeckt. Auch dabei handelte es sich mit großer Sicherheit um Opfergaben. Außerdem wurden hier größere Mengen verbrannter Knochenreste gefunden. Es könnte sein, dass sie von einer Begräbnisstätte stammen, die an das Heiligtum angeschlossen war.

Bürgermeister Christian Härting beeindruckt

„Es ist toll, dass hier plötzlich ein Fenster zu einem unbekannten Kapitel der Geschichte von Telfs aufgeht," erklärte der Telfer Bgm. Christian Härting erfreut: Angesichts der Erfolge kann er sich eine Fortsetzung der Ausgrabungen im nächsten Jahr vorstellen. Dafür müssten allerdings noch zusätzliche Geldgeber gefunden werden.

Vision einer archäologischen Erlebnislandschaft

Wie der Bürgermeister berichtete, steht längerfristig die Idee im Raum, in der Region eine archäologische Erlebnislandschaft zu schaffen. Das würde sich anbieten, da Telfs und mehrere Nachbargemeinden – wie etwa Pfaffenhofen und Oberhofen – reich an frühgeschichtlichen Funden sind.
Bgm. Härting: „Gäste und Einheimische könnten, mit entsprechenden Informationen ausgestattet, gezielt die archäologischen Plätze und Museen der Region besuchen. Man weiß ja, dass diese Art des aktiven Erlebnis- und Bildungsurlaubs immer wichtiger wird."

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